Spruch:
Der gemäß § 796 ABGB. gebührende Unterhalt ist - abgesehen vom Tode des anderen Gattenteiles - durch die voraussichtliche Dauer von dessen Leistungsfähigkeit oder gar durch dessen voraussichtliche Lebensdauer nicht zeitlich beschränkt.
Entscheidung vom 9. Jänner 1968, 8 Ob 346/67.
I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt Wien; II. Instanz:
Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Die Klägerin ist die Witwe des am 7. September 1964 verstorbenen Robert W. und begehrte von der beklagten Verlassenschaft nach ihrem Gatten einen monatlichen Unterhalt von 2000 S.
Das Erstgericht hat das Klagebegehren abgewiesen, da die Klägerin aus ihrem Vermögen, ihrem Einkommen und aus einer ihr zumutbaren Erwerbstätigkeit so viel gewinnen könne, daß ihr standesgemäßer Unterhalt gedeckt sei.
Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil ab und verurteilte die Beklagte, der Klägerin ab 1. Jänner 1967 einen monatlichen Unterhalt 1400 S zu bezahlen, wies jedoch das Mehrbegehren auf Zahlung eines monatlichen Unterhaltes von 2000 S ab 26. April 1965 bis 31. Dezember 1966 und eines weiteren Unterhaltsbetrages von 600 S ab 1. Jänner 1967 ab. Im Gegensatz zum Erstgericht beurteilte das Berufungsgericht die Vermögens- und Einkommenslage so, daß der Klägerin der zugesprochene Betrag auf ihren standesgemäßen Unterhalt fehle.
Der Oberste Gerichtshof gab der gegen den stattgebenden Teil des zweitinstanzlichen Urteiles gerichteten Revision der beklagten Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Die beklagte Partei macht in ihrer Revision geltend, es wäre zu erheben und festzustellen gewesen, wie lange überhaupt der Erblasser, der zur Zeit seines Todes bereits im 70. Lebensjahr gestanden sei, für den Unterhalt der Klägerin aufzukommen in der Lage gewesen wäre. Damit kann die Revision nicht durchdringen. Der Unterhaltsanspruch des Ehegatten nach § 796 ABGB. ist nur dadurch beschränkt, daß der mangelnde anständige Unterhalt nicht durch den gesetzlichen Erbteil des überlebenden Ehegatten oder durch eine für den Fall des Überlebens bedungene oder letztwillig zugewendete Versorgung gedeckt ist und daß der überlebende Ehegatte nicht zu einer zweiten Ehe geschritten ist. Eine andere Beschränkung ist im Gesetze nicht festgelegt, insbesondere nicht die voraussichtliche Dauer der Leistungsfähigkeit oder gar Lebensdauer des verstorbenen Ehegatten, dessen Tod ja gerade die Voraussetzung für das Entstehen des Unterhaltsanspruches des überlebenden Ehegatten gemäß § 796 ABGB. ist. Daß der Nachlaß nicht ausreiche, um den vom Berufungsgericht festgesetzten Unterhaltsanspruch zu befriedigen, ist nicht behauptet worden, auch nach dem festgestellten Aktivstand und mit Rücksicht darauf, daß der Unterhaltsanspruch sogar den Pflichtteilsberechtigten und Legataren vorgeht (SZ. XXV 265), auch nicht anzunehmen.
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