OGH 2Ob359/67

OGH2Ob359/6730.11.1967

SZ 40/159

Normen

Allgemeines Sozialversicherungsgesetz §333
Allgemeines Sozialversicherungsgesetz §333

 

Spruch:

Auf die Haftungsbeschränkung des § 333 ASVG. ist von Amts wegen nicht Bedacht zu nehmen.

Entscheidung vom 30. November 1967, 2 Ob 359/67.

I. Instanz Bezirksgericht Raabs a. d. Thaya; II. Instanz:

Kreisgericht Krems a. d. Donau.

Text

Am 24. September 1965 führte der Zweitbeklagte mit einem dem Erstbeklagten gehörenden LKW neun Tonnen Sand zum Anwesen des Vaters des Klägers. Der Sand sollte durch Herunterklappen der Seitenbordwand abgeladen werden. Der Zweitbeklagte schlug zunächst mit einem Hammer, den ihm auf sein Ersuchen der Kläger gebracht hatte, den linken vorderen Bordwandhaken auf, gab dann den Hammer dem Kläger, der auf Ersuchen des Zweitbeklagten damit den hinteren Haken aufschlug. Durch die herunterklappende Bordwand wurde der Kläger trotz einer Warnung durch den Zweitbeklagten im Gesicht verletzt.

In dem wegen dieses Unfalles durchgeführten Strafverfahren wurde der Zweitbeklagte gemäß § 259 Z. 3 StPO. freigesprochen.

Der Kläger errechnete den ihm durch den Unfall entstandenen Schaden (Verdienstentgang, Urlaubsentschädigung, Schmerzengeld) mit 12.330.40 S und begehrte mit dem ausdrücklichen Beifügen, ein Eigenverschulden nicht anzuerkennen, von beiden Beklagten die Zahlung von 2/3 dieses Betrages. Später stellte er noch den Zwischenantrag, festzustellen, daß ihm die Beklagten für aus dem Unfall vom 24. September 1965 erwachsende Schäden zur ungeteilten Hand im Ausmaß von 2/3 Ersatz schulden.

Die Beklagten bestritten nach Grund und Höhe, wendeten Alleinverschulden des Klägers ein und beantragten, die Klage ab- und den Zwischenfeststellungsantrag zurückzuweisen.

Das Erstgericht beschränkte das Verfahren auf den Grund des Anspruches. Es erkannte mit Zwischenurteil (richtig auch Teilurteil) zu Recht, daß der der Klage zugrunde liegende Anspruch dem Grund nach zu 1/3 zu Recht bestehe, und stellte den Beklagten gegenüber fest, daß sie dem Kläger für aus dem gegenständlichen Unfall erwachsenden Schaden zur ungeteilten Hand im Ausmaß von 1/3 Ersatz schulden.

Beide Parteien erhoben Berufung. Die Beklagten wollten weiterhin die vollständige Klagsabweisung erreichen, der Kläger, daß seiner Klage im vollen Umfang stattgegeben werde.

Das Berufungsgericht verwarf die Berufung des Klägers, soweit dieser Nichtigkeit geltend machte, gab der Berufung der Beklagten dahin Folge, daß es die Klage abwies, und verwies die Berufung des Klägers - im übrigen - auf diese Entscheidung.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers Folge, hob das angefochtene Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Das Berufungsurteil beruht auf der Erwägung, daß der Unfall des Klägers einen Arbeitsunfall darstelle. Der Kläger habe nicht behauptet, daß der Zweitbeklagte den Unfall vorsätzlich herbeigeführt habe. Auf Grund der Vorschrift des § 333 ASVG. sei daher die Geltendmachung eines Anspruches auf Verdienstentgang und Schmerzengeld rechtlich unmöglich. Dabei ging das Berufungsgericht vom unbestrittenen beiderseitigen Parteivorbringen aus, wonach der Zweitbeklagte in Ausübung seines Berufes den Sand abladen wollte und der Kläger, ohne in einem Arbeitsverhältnis beim Erstbeklagten zu stehen, sich bei den Entladearbeiten betätigte.

Die Revision bekämpft die Beurteilung als Arbeitsunfall. Auf ihre dagegen vorgebrachten Argumente braucht jedoch ebensowenig eingegangen zu werden wie auf die Einzelheiten der Gründe des Berufungsgerichtes, dies deshalb, weil die Beklagten in erster Instanz nichts vorgebracht haben, was in die Richtung einer Haftungsbeschränkung gemäß § 333 ASVG. weisen würde. Eine solche Beschränkung ist aber ohne eine Einrede in dieser Richtung von Amts wegen ebensowenig zu berücksichtigen wie beispielsweise ein Mitverschulden des Beschädigten. Die materiellrechtliche Bestimmung des § 333 ASVG. gibt dem Dienstgeber und den ihm Gleichgestellten die Möglichkeiten zu behaupten und zu beweisen, daß ein behaupteter Schadenersatzanspruch wegen Vorliegens des vom Gesetz normierten Ausnahmefalles überhaupt nicht entstanden sei. Ob der auf Schadenersatz Belangte von seinem Recht, den Haftungsausschluß geltend zu machen, Gebrauch machen will oder nicht, hängt jedoch allein von ihm ab (vgl. Ehrenzweig, System[2], I/1 § 141; Pollak, Zivilprozeßrecht[2] S. 411).

Das Fehlen der erforderlichen Einrede der Beklagten konnte der Oberste Gerichtshof im Rahmen der vom Kläger in dritter Instanz allein erhobenen Rechtsrüge nicht wahrnehmen.

Dies hat zur Folge, daß das Berufungsverfahren mangelhaft geblieben ist. Denn das Berufungsgericht hat zwar entgegen dem Standpunkt des Beklagten auch ihm ein Mitverschulden angelastet, sich jedoch mit der vom Kläger in diesem Belang erhobenen Mängel- und Beweisrüge nicht auseinandergesetzt. Dies muß zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Rückverweisung der Sache an die zweite Instanz führen, wobei die Notwendigkeit einer Fortsetzung der mündlichen Berufungsverhandlung ihrem Ermessen überlassen bleibt.

Um Weiterungen zu vermeiden, wird bezüglich des vom Kläger schon in erster Instanz zusätzlich geltend gemachten Rechtsgrundes des Anerkenntnisses bemerkt, daß der Oberste Gerichtshof diesfalls die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes billigt, wonach auf der Grundlage der in diesem Berufung als unbedenklich übernommenen Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes ein konstitutives Anerkenntnis nicht vorliegt.

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