OGH 4Ob547/67

OGH4Ob547/6717.10.1967

SZ 40/130

Normen

AO §18
AO §53 (4)
AO §61
4. Einführungsverordnung zum Handelsgesetzbuch Art7 Nr. 12
HGB §124
HGB §161
AO §18
AO §53 (4)
AO §61
4. Einführungsverordnung zum Handelsgesetzbuch Art7 Nr. 12
HGB §124
HGB §161

 

Spruch:

Wenn in zwei verschiedenen Kommanditgesellschaften der Komplementär und die Kommanditisten dieselben sind und gegen beide Kommanditgesellschaften ein Ausgleichsverfahren durchgeführt worden ist, ist nicht Art. 7 Nr. 12 der 4. EVzHGB., sondern §§ 18 AO. anzuwenden.

Entscheidung vom 17. Oktober 1967, 4 Ob 547/67.

I. Instanz: Landesgericht Linz; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.

Text

Die beklagte Partei, "J. Textil KG. G. und Co.", hat den von der "Spinnerei u. Weberei J. G. u. Co." auf die Beklagte als Bezogene am 7. August 1965 ausgestellten Wechsel über die Wechselsumme von

23.195.15 DM, fällig am 12. Dezember 1965, angenommen. Der Wechsel wurde von der Ausstellerin an die klagende Partei indossiert.

Im vorliegenden Rechtsstreit begehrt die klagende Partei von der Beklagten unter Bezugnahme auf den Wechsel schließlich die Bezahlung von 99.338.62 S samt Stufenzinsen ab 13. Juli 1966. Der Geldkurs betrage gegenwärtig 650 S für 100 DM. Die Wechselsumme von 23.195.15 DM mache daher 150.768.48 S aus. Die Spinnerei u. Weberei J. G. u. Co. hafte der klagenden Partei für die Wechselvaluta als Ausstellerin des Wechsels. Über das Vermögen der beklagten Partei (Bezogener und Annehmer) und über das Vermögen der Ausstellerin seien Ausgleichsverfahren eröffnet worden. Mit Beschluß des Kreisgerichtes vom 2. Mai 1966 seien beide Ausgleiche bestätigt worden, wonach nicht bevorrechtete Gläubiger zur gänzlichen Befriedigung ihrer Forderungen eine Quote von 50%, zahlbar in acht gleichen Monatsraten, beginnend ab 20. Mai 1966 und dann jeweils am

20. jedes Monates, bei einem 10tägigen Respiro, zu erhalten hätten. Die Ausstellerin habe die fälligen Quoten bezahlt, die beklagte Partei sei in Verzug geraten. Trotz Mahnung und Fristsetzung habe die Beklagte jegliche Bezahlung abgelehnt. Es sei daher Wiederaufleben der Forderung nach § 53 (4) AO. eingetreten. Ziehe man die von der Ausstellerin bezahlten Beträge von insgesamt 56.538.18 S von der Wechselsumme von 150.768.48 S ab, ergebe sich ein Restbetrag von 94.230.30 S. Dazu kämen kapitalisierte Zinsen von 6% für die Zeit vom 13. Dezember 1965 bis 12. Juli 1966 in der Höhe von 5108.32 S, sodaß insgesamt 99.338.62 S unberichtigt seien. Infolge der Säumnis der Beklagten habe ein Bankkredit mit 9%iger Verzinsung in Anspruch genommen werden müssen. Es würden daher aus dem Titel des Schadenersatzes ab dem 13. Juli 1966 Stufenzinsen in der Höhe von 9% begehrt.

Die beklagte Partei beantragte Abweisung des Klagebegehrens. Durch den klagsgegenständlichen Wechsel habe vereinbarungsgemäß eine Schuld der Spinnerei u. Weberei J. G. u. Co. an die Klägerin bezahlt werden sollen. Die beklagte Partei habe ursprünglich mit eigenem Akzept bezahlt und es sei vereinbart worden, daß dieses Akzept mittels Bankaval prolongiert werden könne. Da jedoch ein Bankaval nicht zur Verfügung gestanden sei, habe die Klägerin einverständlich eine Rimesse der J. Textil KG. G. u. Co. angenommen, wobei es beiden Beteiligten klar gewesen sei, daß für dieses Akzept nur die Spinnerei u. Weberei J. hafte. Die Beklagte habe mit den Vertretern der Klägerin auch immer nur auf der Basis Verhandlungen gepflogen, daß im Falle einer Inanspruchnahme aus dem Wechsel nur die Spinnerei

u. Weberei J. herangezogen werden könnte. Die Klägerin habe sich dementsprechend verpflichtet, die Forderung aus dem Papier nur gegen die Spinnerei u. Weberei J. zu stellen. Aus diesem Gründe habe sie ihre Forderung auch nur im Ausgleich über das Vermögen der Spinnerei

u. Weberei J., nicht aber auch im Ausgleich über das Vermögen der Beklagten angemeldet. Gemäß der Erfüllungsverpflichtung aus dem Ausgleich werde die 50%ige Quote in Raten von der Spinnerei u. Weberei J. bezahlt. Die beiden Ausgleichsverfahren über das Vermögen der Spinnerei u. Weberei J und der J. Textil KG. seien gemeinsam behandelt worden, weil die beiden Firmen ein einheitliches Wirtschaftsunternehmen darstellten. Diese Wirtschaftseinheit gehe allein schon daraus hervor, daß Erwin G. der einzige Komplementär beider Firmen sei, auch die übrigen Gesellschafter der beiden Gesellschaften dieselben und auch die Beteiligungsverhältnisse in beiden Gesellschaften die gleichen seien. Es könne daher die Forderung nur einmal geltend gemacht werden, nämlich gegen den Aussteller, die Spinnerei u. Weberei J. G. u. Co. Auf keinen fall könne die Klägerin, deren Forderung zur Hälfte befriedigt werde, nunmehr das Ganze von der Beklagten begehren. Im Höchstfalle könnte die klagende Partei von der Beklagten verlangen, da 50% der Forderungen bereits beglichen seien; da sich aber die Beklagte selber ebenfalls im Ausgleich befinde, könnte von den 50% wiederum nur die Hälfte, sohin 25% der Gesamtforderung, von der Beklagten begehrt werden. Da die Klägerin es unterlassen habe, die Forderung anzumelden, könne bei dieser strittigen Forderung niemals vor Rechtskraft ihrer Feststellung ein Terminverlust eintreten. Weil die Spinnerei u. Weberei J. und die J. Textil KG. zufolge der Identität der Gesellschafter und der gleichen Beteiligungsverhältnisse eine Gesamthandschaft darstellten, sei der gegenständliche Wechsel in Wahrheit von ein und derselben Person ausgestellt und daher ungültig.

Mit dem Ersturteil wurde dem Klagebegehren mit einem Betrag von 98.684.51 S samt 6% Stufenzinsen ab 13. Juli 1966 stattgegeben. Das Mehrbegehren auf Zahlung des weiteren Kapitalsbetrages von 654.11 S und das Zinsenmehrbegehren wurden abgewiesen. Im Umfang dieser Abweisung des Klagebegehrens ist Rechtskraft eingetreten.

Das Erstgericht stellte fest:

Die Klägerin stand schon seit Jahren mit der Spinnerei u. Weberei J. G. u. Co. in Geschäftsverbindung, wobei diese ihre Geschäftsschulden fallweise mit Wechseln abdeckte. Im März 1965 kaufte die Spinnerei

u. Weberei J. G. u. Co. bei der Klägerin 55 Ballen Baumwoll-Absaugung zum Gesamtpreis von 23.195.15 DM. Dieser Kaufpreis war vereinbarungsgemäß mittels eines für die Klägerin spesenfreien Dreimonateakzeptes de dato Faktura zu berichtigen. Das Akzept war einmal unter der Bedingung verlängerbar, daß das Prolongationsakzept mit dem Aval einer Bank versehen ist. Die von der Spinnerei u. Weberei J. bestellte und an sie ausgelieferte Ware wurde mit Faktura vom 21. April 1965 in Rechnung gestellt. Von der Käuferin wurde ein von der Klägerin mit dem Fälligkeitsdatum 10. August 1965 ausgestellter Wechsel über 23.195.15 DM angenommen und der Klägerin übermittelt.

Mit Schreiben vom 5. Juli 1965 teilte die Spinnerei u. Weberei J. G.

u. Co. der Klägerin mit, daß sie wegen Betriebsferien das Bankaval für den Prolongationswechsel nicht erbringen könne. Sie ersuchte, dafür die "beiliegende Kundenrimesse" ihres Textilgroßhandels (es handelt sich hiebei um den gegenständlichen Wechsel) als Prolongationspapier zu nehmen. Die Klägerin lehnte zunächst die Entgegennahme dieses Wechsels wegen des fehlenden Bankavals ab. Es folgten dann mehrere Telefongespräche und Fernschreiben zwischen der Klägerin und ihrer Versicherungsanstalt einerseits und zwischen der Klägerin und der Spinnerei u. Weberei J. andererseits. Schließlich erklärte sich die Versicherung mit Rücksicht darauf, daß das Prolongationspapier neben der Ausstellerunterschrift auch noch eine zweite Unterschrift, nämlich die der beklagten Partei als Annehmer, aufwies, damit einverstanden, die gegenständliche Kundenrimesse trotz der fehlenden Bankbürgschaft als Prolongationswechsel anzuerkennen. Schon zuvor hatte der kaufmännische Direktor der Klägerin fernmündlich darauf hingewiesen, daß ein Wechsel mit der Akzeptantenunterschrift der Spinnerei u. Weberei J. allein ohne eine zweite Unterschrift auf dem Wechsel zur Prolongation nicht genüge. So wurde schließlich der Klägerin ein von der Spinnerei u. Weberei

J. ausgestellter, auf die J. Textil KG. gezogener, von dieser akzeptierter Wechsel über 23.195.15 DM, fällig zum 12. Dezember 1965, übergeben.

Einziger Komplementär sowohl der Spinnerei u. Weberei J., wie auch der J. Textil KG. ist Erwin G. Sein Geschäftsanteil beträgt bei beiden Gesellschaften 61%. Kommanditisten beider Gesellschaften sind mit je 21% Beteiligung Gerhard G. und mit je 18% Beteiligung Helmut G. Die J. Textil KG. ist in den Räumen der Spinnerei u. Weberei J. untergebracht. Die Beklagte verfügt über kein eigenes Anlagevermögen, sondern nur über ein Warenlager. Beide Gesellschaften bilanzieren selbständig.

Die Klägerin arbeitet mit Bankkredit, wofür sie einschließlich Nebengebühren 9% jährlich an Zinsen zu bezahlen hat. Der Kredit, der bis zu einer Höhe von 2.000.000 DM in Anspruch genommen wird, ist bisher nie unter 25.000 DM gesunken.

Sowohl über das Vermögen der Spinnerei u. Weberei J., wie auch über das Vermögen der beklagten Partei wurde mit Beschluß des Kreisgerichtes vom 15. November 1965 das Ausgleichsverfahren eröffnet. Nach dem Inhalt des bestätigten Ausgleiches haben beide Firmen den nicht bevorrechteten Gläubigern, eine Quote von 50% in acht gleichen Monatsraten, beginnend ab 20. Mai 1966, die weiteren Raten jeweils bis zum 20. der folgenden Monate mit 10 tägigem Respiro zu bezahlen. Während die Spinnerei u. Weberei J. ihre Ausgleichsraten laufend bezahlte, hat die Beklagte bisher keine einzige Ausgleichsrate erbracht. Die Klägerin hat daher mit rekommandiertem Schreiben vom 16. Juni 1966 die Beklagte aufgefordert, die am 20. Mai 1966 fällig gewordene Ausgleichsrate von 9604.52 S bis 30. Juni 1966 zu bezahlen, was nicht geschehen ist. Die Klägerin hat die gegenständliche Forderung im Ausgleich der beklagten Partei nicht angemeldet.

In rechtlicher Beziehung führte das Erstgericht aus, die Einwendung der Beklagten, die klagende Partei habe sich verpflichtet, die Forderung aus dem Wechsel nur gegen die Spinnerei u. Weberei J. geltend zu machen, sei durch die Beweisergebnisse widerlegt. Auch der weitere Einwand, der Wechsel sei wegen Personengleichheit des Ausstellers und des Bezogenen ungültig, erweise sich als nicht stichhältig. Selbst wenn es sich bei der beklagten Partei und der Wechselausstellerin um ein und dasselbe Unternehmen handeln würde, könnte dies die Gültigkeit des Wechsels im Hinblick auf die Bestimmung des Art. 3 WG. nicht berühren. Im übrigen aber handle es sich bei der Spinnerei u. Weberei J. und der J. Textil KG. um voneinander verschiedene Gesellschaften. Auch die Behauptung der Beklagten, die gegenständliche Forderung könne nur einmal geltend gemacht werden, sei im Hinblick auf § 18 AO. unrichtig. Wenn einem Gläubiger mehrere Personen für dieselbe Forderung zur ungeteilten Hand hafteten, müsse er im Ausgleich jedes zur ungeteilten Hand haftenden Mitschuldners die Quote vom Nennwert der Forderung erhalten. Daß die Klägerin ihre Forderung im Ausgleich gegen die Beklagte nicht angemeldet habe, sei belanglos. Der Ausgleichsgläubiger, der nicht angemeldet habe, verliere deshalb nicht seine materiellrechtlichen Ansprüche. Die Wiederauflebensbestimmungen des § 53 (4) AO. hätten auch für nicht angemeldete Forderungen Geltung. Da die Beklagte die qualifizierte Mahnung der Klägerin erhalten habe und ihr die gesetzlich vorgesehene Nachfrist eingeräumt worden sei, sei das Wiederaufleben der ganzen Forderung der Klägerin gegenüber der Beklagten eingetreten.

Bei Errechnung des zugesprochenen Betrages ging das Erstgericht vom Kurs des Verfallstages aus, wonach am 13. Dezember 1965 für 100 DM 647.18 S zu bezahlen waren. Der Wechselsumme von 23.195.15 DM entsprächen daher 150.114.37 S. Dazu kämen kapitalisiert die gesetzlichen Wechselzinsen ab Fälligkeitstag (13. Dezember 1965) bis 13. Juli 1966, welche von der Klägerin mit 5108.32 S (richtig wären es 5145.88 S) errechnet wurden, sodaß sich das Kapital zunächst auf 155.222.69 S erhöhe. Hievon seien die von der Spinnerei u. Weberei J. geleisteten Teilzahlungen von insgesamt 56.538.18 S abzuziehen, woraus sich der zugesprochene Betrag von 98.684.51 S samt den gesetzlichen Wechselzinsen ab 13. Juli 1966 ergebe. Der Anspruch der Klägerin auf die Wechselzinsen sei durch den Ausgleich nicht berührt worden, weil die Bestimmung des § 27 Z. 1 AO. im Hinblick auf das Wiederaufleben der Forderung nicht anwendbar sei. Die über die gesetzlichen 6%igen Wechselzinsen hinausgehenden, aus dem Titel des Schadenersatzes begehrten Verzugszinsen wurden vom Erstgericht abgewiesen, weil mit der Wechselklage nur wechselmäßige Ansprüche geltend gemacht werden könnten.

Die von der beklagten Partei gegen das Ersturteil erhobene Berufung blieb ohne Erfolg.

Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und billigte dessen rechtliche Beurteilung. Es könne im Hinblick auf Art. 3 WG. dahingestellt bleiben, ob die Beklagte und die Spinnerei u. Weberei J. G. & Co. - beide Kommanditgesellschaften - etwa deshalb, weil bei beiden Gesellschaften dieselben Personen als Komplementäre und Kommanditisten mit jeweils gleichen Anteilen beteiligt seien - dieselbe Rechtspersönlichkeit darstellten. Denn im Falle des trassiert-eigenen Wechsels entstehe die Wechselverpflichtung, wenn der Wechsel vom Aussteller indossiert werde, was hier geschehen sei. Desgleichen habe das Erstgericht zutreffend auf § 18 AO. verwiesen. Außerhalb eines Ausgleichs- oder Konkursverfahrens habe das Gesamtschuldverhältnis zur Folge, daß der Gläubiger zwar von jedem Schuldner das Ganze verlangen könne, daß aber die Zahlung des Mitschuldners alle anderen Mitschuldner befreie und daß der Gläubiger dann, wenn einer der Mitschuldner eine Teilzahlnng geleistet habe, von den übrigen Mitschuldnern nur den Rest verlangen könne. Im Konkurs oder Ausgleich eines oder aller Mitschuldner habe diese allgemeine Regel zur Folge, daß der Gläubiger, wenn ein Mitschuldner eine Teilzahlung geleistet hat, nur mehr den Rest verlangen könne und von diesem nur die Quote erhielte. Der Sicherstellungszweck des Gesamtschuldverhältnisses würde dadurch aber nicht erreicht. Daher bestimme § 18 AO. eine Ausnahme von dieser Regel. Der Gläubiger könne den ganzen, zur Zeit der Eröffnung des Ausgleiches noch ausständigen Betrag ohne Abrechnung von Teilzahlungen, die nach diesem Zeitpunkt geleistet wurden, in jedem Verfahren fordern. Er müsse im Ausgleich jedes Mitschuldners die volle Quote vom Nennwert der Forderung bis zur vollen Befriedigung erhalten. Hiebei sei es belanglos, ob sich der Gläubiger am Ausgleichsverfahren beteiligte, denn den Wirkungen des Ausgleiches unterlägen alle Ausgleichsgläubiger. Die Wiederauflebensbestimmung des § 53 (4) AO. gelte auch für die im Ausgleich nicht angemeldeten Forderungen. Daß die Voraussetzungen für das Wiederaufleben nach § 53 (4) AO. (Verzug infolge Nichtzahlung der fälligen ersten Rate trotz qualifizierter Mahnung unter Setzung einer mindestens achttägigen Nachfrist) an sich gegeben seien, sei unbestritten. Der Verzug bewirkte das Wiederaufleben der Ausgleichsforderung der Klägerin gegenüber der Beklagten in ihrer ursprünglichen Form, soweit sie nicht durch die inzwischen von der Spinnerei u. Weberei J. geleisteten Zahlungen getilgt worden sei.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Rechtsrüge befaßt sich ausschließlich damit, Aussteller des Wechsels und Bezogener (sowie Akzeptant) seien "ein und dieselbe Rechtspersönlichkeit, nämlich die des Komplementärs Erwin G". Es werde daher von demselben Gesellschafter, dem Komplementär Erwin G., zweimal der Ausgleichsbetrag begehrt, obwohl G. auf Grund des Ausgleichsverfahrens nur zu einer einmaligen Leistung verpflichtet werden könne. Bei den beiden Kommanditgesellschaften handle es sich nicht um Kapitalgesellschaften, sondern um Personalgesellschaften, es hafteten daher die Komplementäre mit ihrem gesamten Vermögen. Es sei gleichgültig, ob am Wechsel als Aussteller die Spinnerei u. Weberei J. G. u. Co. und als Akzeptant und Bezogener die J. Textil KG. G. u. Co. aufscheine, da es sich ja um eine und dieselbe Person handle. Es treten auch nicht eine Mehrheit von Schuldnern auf, sondern in Wahrheit nur ein Schuldner, nämlich der persönlich haftende Gesellschafter Erwin G. Aus dem Wechseltext ergebe sich daher, wenn man von der Frage der Gültigkeit eines trassiert-eigenen Wechsels ausgehe, daß dieser Wechsel ungültig sei. Darüberhinaus könne im Hinblick auf die Personengleichheit die gegenständliche Forderung nur einmal geltend gemacht werden, weil ja der persönlich haftende Gesellschafter seine Verpflichtung aus dem Ausgleich erfüllt habe. Im gegenständlichen Fall gebe es auch keinen Mitschuldner. Es könne daher auch kein Wiederaufleben nach § 53 (4) AO. eingetreten sein, da der persönlich haftende Gesellschafter rechtzeitig Zahlung geleistet habe.

Es steht fest, daß der Wechsel von der Spinnerei u. Weberei J. G. u. Co. ausgestellt und auf die beklagte Partei gezogen wurde, die auch akzeptierte.

Die beklagte Partei vertritt die Meinung, sie und die Spinnerei u. Weberei. J. G. u. Co. seien identisch und nicht verschiedene Rechtssubjekte, weil in beiden Kommanditgesellschaften sowohl der Komplementär als auch die Kommanditisten dieselben seien und die Gesellschafter die eigentlichen Träger der Rechte und Verbindlichkeiten der Gesellschaften seien. Wie sich aus § 161 HGB. ergibt, ist der Zweck einer Kommanditgesellschaft auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet. Alle Rechte und Pflichten, die sich auf diesen Betrieb beziehen, bilden nach Art. 7, Nr. 9 der 4. EVzHGB. das Gesellschaftsvermögen und damit eine besondere Einheit, deren Subjekt die Gesamtheit der Gesellschafter ist. Es ist ohne weiteres möglich, daß dieselben Gesellschafter eine zweite Kommanditgesellschaft eingehen. Damit entsteht ein zweites Gesellschaftsvermögen. Beide Gesellschaften haben unabhängig voneinander gemäß den §§ 124, 161 (2 HGB) . die Befugnis, unter ihrer Firma Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen. Trotz der unbeschränkten Haftung der Komplementäre einer Kommanditgesellschaft für die Gesellschaftsschulden (§§ 128, 161 (2 HGB) .), ist das Privatvermögen der Komplementäre doch vom Gesellschaftsvermögen beider Kommanditgesellschaften getrennt. Noch viel mehr gilt dies im Verhältnis zwischen den Gesellschaftsvermögen der beiden Kommanditgesellschaften untereinander. Jede der beiden Kommanditgesellschaften ist selbständige Trägerin von Rechten und Verbindlichkeiten und tritt im Rechtsverkehr wie eine juristische Person auf (vgl. SZ. XXVIII 209, SZ. XXIV 107, Bettelheim in Staub - Pisko, Kommentar zum AHGB.[3] I/1, S. 386 f.).

Wenn über die Vermögen der Kommanditgesellschaft und über das Vermögen des Komplementärs das Ausgleichsverfahren eröffnet wird, genießt der Komplementär gemäß § 61 AO. und Art. 7, Nr. 12 der 4. EVzHGB. allerdings den Vorteil, daß die Gesellschaftsgläubiger im Ausgleichsverfahren gegen den Komplementär nur wegen des im Ausgleichsverfahren gegen die Gesellschaft erlittenen Ausfalles Befriedigung suchen können. Mit Rücksicht darauf jedoch, daß eine zweite, wenn auch von denselben Gesellschaftern gegrundete Kommanditgesellschaft, gegenüber der ersten Kommanditgesellschaft eine viel weitergehende Selbständigkeit aufweist als der persönlich haftende Gesellschafter im Verhältnis zur einen oder zur anderen Kommanditgesellschaft, kann diese zweite Gesellschaft nicht die oben angeführten Vorteile für sich in Anspruch nehmen, da sie ein vom Gesellschaftsvermögen der ersten Kommanditgesellschaft völlig verschiedenes Gesellschaftsvermögen darstellt und daher als getrennte Schuldnerin angesehen werden muß. Auf sie ist die Bestimmung des § 18 AO. anzuwenden, wonach im Ausgleich jedes Schuldners, der sich im Ausgleichsverfahren befindet, der ganze Betrag der zur Zeit der Eröffnung des Ausgleichsverfahrens noch ausständigen Forderung geltend gemacht werden kann.

Daß die Klägerin ihre Forderung im Ausgleichsverfahren der Beklagten nicht angemeldet hat, ist gemäß § 53 (1) letzter Halbsatz AO. belanglos. Der Ausgleichsgläubiger, der seine Forderungen im Ausgleichsverfahren nicht angemeldet hat, verliert deshalb nicht seine materiellrechtlichen Ansprüche (Bartsch - Pollak II,.S 434 ff.).

Die Wiederauflebensbestimmung des § 53 (4) AO. gilt auch für nicht angemeldete Forderungen (Bartsch - Pollak, II, S. 441 oben). Nach dieser Gesetzesstelle werden durch den Verzug in der Erfüllung des Ausgleichs der im Ausgleich gewährte Nachlaß und die sonstigen Begünstigungen für alle Gläubiger hinfällig, denen gegenüber der Schuldner in Verzug geraten ist. Der Fall des § 55f (2) AO., der sich auf strittige Forderungen bezieht und eine Feststellung ihrer mutmaßlichen Höhe durch den Ausgleichskommisär voraussetzt, trifft auf den vorliegenden Rechtsstreit nicht zu (Bartsch - Pollak II, S. 506). Verzug in der Erfüllung des Ausgleiches ist erst dann anzunehmen, wem der Schuldner seine fälligen Verbindlichkeiten trotz einer vom Gläubiger unter Einräumung einer mindestens achttägigen Nachfrist an ihn gerichteten schriftlichen Mahnung nicht beglichen hat. Da im vorliegenden Falle der Beklagten die qualifizierte Mahnung der Klägerin zugegangen ist und ihr die gesetzlich vorgeschriebene Nachfrist eingeräumt wurde, ist Wiederaufleben der ganzen Forderung der Klägerin gegenüber der Beklagten eingetreten.

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