OGH 8Ob161/67

OGH8Ob161/6727.6.1967

SZ 40/91

Normen

ABGB §833
JN §1
WEG §1 (2)
WEG §8 (3)
ABGB §833
JN §1
WEG §1 (2)
WEG §8 (3)

 

Spruch:

Der Außerstreitrichter ist zu einer rechtsgestaltenden Regelung hinsichtlich gemäß § 1 (2) WEG. im Wohnungseigentum stehender Liegenschaftsteile nicht zuständig.

Entscheidung vom 27. Juni 1967, 8 Ob 161/67.

I. Instanz: Bezirksgericht Döbling; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Die Antragstellerin ist ebenso wie die Antragsgegner Mit- und Wohnungseigentümerin des Hauses Wien 19., G.-Straße 99. Sie behauptet, auf Grund des zwischen den Miteigentümern abgeschlossenen Wohnungseigentumsvertrages stehe jedem Wohnungseigentümer, daher auch ihr, die Benützung eines Kellerabteils zu. Es fehle in diesem Vertrag allerdings eine nähere Bezeichnung des den Wohnungseigentümern jeweils gehörigen Kellerabteils. Der mit der Verwaltung der Liegenschaft betraute Gebäudeverwalter habe ohne Rücksicht auf die Eigentumsanteile willkürlich jedem der Wohnungseigentümer ein Kellerabteil zugewiesen. Die Antragstellerin begehrt die Zuweisung des derzeit in Benützung der 4. Antragsgegnerin Erika P. stehenden Kellerabteils Nr. 5. weil dieses größer als das von ihr benützte Abteil Nr. 3 sei und ihrem größeren Eigentumsanteil entspräche.

Das Erstgericht wies den Antrag ab. Es führte aus: Die Antragstellerin besitze zwar mit 1890/18220 der Liegenschaft den größten Eigentumsanteil, doch sei ihr aus den Bauplänen das Ausmaß des ihr zugewiesenen Kellerabteils bekannt gewesen. Es sei allerdings zwischen den Miteigentümern bezüglich der Kellerbenützung keine stillschweigende Vereinbarung zustande gekommen, weshalb eine Entscheidung im Außerstreitverfahren zulässig sei. Da die Antragstellerin aber ein besonderes Interesse an dem begehrten Kellerabteil nicht einmal behauptet habe, sei ihrem Antrag nicht stattzugeben gewesen.

Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, daß es der Antragstellerin das Kellerabteil Nr. 5 zuwies, jedoch nur Zug um Zug gegen Überlassung ihres Kellerabteils Nr. 3 an Erika P. Es ging von der Erwägung aus, die Nutzfläche der im Wohnungseigentum der Antragstellerin stehenden Räume betrage 97.91 m2, jene der Erika P. bloß 64.60 m2. Die Fläche des Kellers Nr. 3 habe ein Ausmaß von 4.75 m2, der Keller Nr. 5 ein solches von 6.69 m2. Es erscheine daher billig, der Antragstellerin den größeren Keller Nr. 5 zuzuweisen.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der 4. Antragsgegnerin Erika P. Folge, hob die Entscheidungen der ersten und zweiten Instanz und das vorangegangene Verfahren als nichtig auf und wies den Antrag der Antragstellerin auf Zuweisung des Kellerabteils Nr. 5 auf Stiege II des Hauses Wien 19., G.-Straße 99 zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

In den Ausführungen des Rechtsmittels wird mit Recht die Zulässigkeit des Außerstreitverfahrens bekämpft. Die Antragstellerin stützt nämlich ihren Anspruch ausdrücklich auf den Wohnungseigentumsvertrag und behauptet unwidersprochen, daß ihr auf Grund dieses Vertrages ein darin nicht näher bezeichnetes Kellerabteil zustehe. Mit Wohnungen (Geschäftsräumen) können gemäß § 1 (2) WEG. auch Kellerräume im Wohnungseigentum stehen. Im vorliegenden Fall handelt es sich demnach um Kellerabteile im Wohnungseigentum, nicht aber um Teile der Liegenschaft, die gemäß § 1 (3) WEG. der allgemeinen Benützung der Miteigentümer dienen. Nur für letztere Teile des Wohnobjektes haben hinsichtlich der Verwaltung die Vorschriften des 16. Hauptstückes des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (§ 8 (3) Satz 2 WEG.), sohin auch die Vorschriften über die Benützungsregelung durch den Außerstreitrichter (§ 835 ABGB.) Anwendung zu finden. Die Verwaltung einer im Wohnungseigentum stehenden Wohnung einschließlich Kellerabteil obliegt hingegen ausschließlich dem Wohnungseigentümer (§ 8 (3) Satz 1 WEG.). An dieser Verwaltung partizipieren nicht die übrigen Wohnungseigentümer; durch das ausschließliche Verfügungsrecht des Wohnungseigentums wurden nämlich den übrigen Miteigentümern die diesen sonst zustehenden Rechte der Mitbestimmung über die davon berührten Räume genommen (Klang- Komm.[2] III 1162 bei Anm. 7). Daher fällt die Möglichkeit der rechtsgestaltenden Regelung der Benützung hinsichtlich der im Wohnungseigentum stehenden Räume durch den Außerstreitrichter weg (Jensik, Miteigentum/Wohnungseigentum S 71).

Überdies bedeutet die Einräumung von Wohnungseigentum eine vertragsmäßige Regelung der den Miteigentümern aus der Gemeinschaft zustehenden Rechte (Klang a. a. O. S. 1167). Erst der Wohungseigentumsvertrag verschafft jedem Miteigentümer die ausschließliche Nutzung und alleinige Verfügung über einen räumlich bestimmten Teil eines Wohnobjektes. Streitigkeiten über Umfang und Abgrenzung der vertraglich ins Wohnungseigentum übertragenen Liegenschaftsteile, sohin betreffend die Vertragsauslegung und Vertragsergänzung, können nur auf dem Prozeßweg ausgetragen und nicht vom Außerstreitrichter durch eine rechtsgestaltende Entscheidung geregelt werden (MietSlg. 17.058 u. v. a.).

Da die Unzulässigkeit des Außerstreitverfahrens einen der Bestimmung des § 477 (1) Z. 6 ZPO. entsprechenden Nichtigkeitsgrund darstellt (vgl. SZ. XXII 107, Ott, Rechtsfürsorgeverfahren S. 216), waren sowohl das Verfahren als auch die Entscheidungen der Unterinstanzen als nichtig aufzuheben und war der Antrag auf Benützungsregelung als unzulässig zurückzuweisen.

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