Normen
HGB §138
HGB §142 (1)
4. Einführungsverordnung zum Handelsgesetzbuch Art7 Nr. 15 (1)
HGB §138
HGB §142 (1)
4. Einführungsverordnung zum Handelsgesetzbuch Art7 Nr. 15 (1)
Spruch:
Ist bei einer aus zwei Gesellschaftern bestehenden offenen Handelsgesellschaft ein Gesellschafter gestorben, tritt auf Grund einer Fortsetzungsklausel des Gesellschaftsvertrages der Rechtsübergang auf den verbleibenden Gesellschafter kraft Anwachsungsrechtes ein
Entscheidung vom 8. November 1966, 8 Ob 261/66
I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien
Text
Der Kläger Hans A. behauptet, daß im Zeitpunkt der Abänderung des Gesellschaftsvertrages durch den Vertrag vom 6. Oktober 1930 Adolf A. und Konrad A. und er Gesellschafter der offenen Handelsgesellschaft Johann A. & Söhne gewesen seien; Konrad A. sei in der Folge ausgeschieden und als Gesellschafter im Handelsregister gelöscht worden. Adolf A. sei am 30. Juni 1946 gestorben, sein Nachlaß sei seinen Söhnen, den Beklagten, als Erben eingeantwortet worden. Da die Beklagten von ihrem ihnen im Gesellschaftsvertrag eingeräumten Eintrittsrecht innerhalb der dafür im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Frist keinen Gebrauch gemacht hätten, sei ihm als dem überlebenden Gesellschafter der Geschäftsanteil des Adolf A. zugewachsen und stehe ihm nach den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages das Recht zu, das Unternehmen ohne Liquidation zu übernehmen. Der Kläger stellt sohin den Urteilsantrag, ihn für berechtigt zu erklären, das Unternehmen der Firma Johann A. & Söhne ohne Liquidation mit Aktiven und Passiven zu übernehmen. Die Beklagten gestanden zu, daß sie von ihrem Eintrittsrecht keinen Gebrauch gemacht hätten, behaupteten aber, daß dies die Auflösung der Gesellschaft und daher deren Liquidation zur Folge habe. Sie begehren daher die Abweisung des Klagebegehrens. Im Zuge dieses Rechtsstreites behauptete der Kläger, daß der mit der vorliegenden Klage geltend gemachte Anspruch gefährdet sei, weil er zwecks Aufnahme eines Bankkredites allein nicht imstande sei, die nach dem Stande des Handelsregisters notwendige Firmenbezeichnung abzugeben.
Er beantragte daher die Erlassung der einstweiligen Verfügung, es werde bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreites ein einstweiliger Vertreter mit gleicher Vertretungs- und Zeichnungsbefugnis bestellt, wie sie der Kläger besitze, und werde dessen Eintragung im Handelsregister des Kreisgerichtes Krems mit der Beschränkung verfugt, daß dieser nur gemeinsam mit Hans A. zur Vertretung und Zeichnung der Firma Johann A. & Söhne befugt sei.
Das Erstgericht bewilligte die begehrte einstweilige Verfügung gegen Erlag einer Sicherheit von 100.000 S.
Das Rekursgericht wies den Antrag des Klägers auf Erlassung der einstweiligen Verfügung ab.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Klägers nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Es ist richtig, daß im Schrifttum (vgl. Baumbach - Duden, Kommentar zum HGB., 1964, bei § 138, Bemerkung 2 B) und in der Rechtsprechung (vgl. HS. 1400; DJZ. 1957 S. 308) die Rechtsansicht vertreten wird, daß eine Fortsetzungsklausel (§ 138 HGB.) als ein vertragliches Übernahmsrecht für den verbliebenen Gesellschafter anzusehen ist, wenn eine mehrgliedrige Handelsgesellschaft im Laufe der Zeit zu einer zweigliedrigen geworden ist. In solchen Fällen tritt aber der Rechtsübergang nicht durch einen rechtsgestaltenden Richterspruch, wie bei Ausübung des Übernahmsrechtes gemäß § 142 (1) HGB., sondern kraft Anwachsungsrechtes (Art. 7 Nr. 15 (1) der 4.
handelsrechtlichen Einführungsverordnung) ein (HS. 1400). Da die Beklagten diesen Rechtsübergang bestreiten, dessen Feststellung aber zur Bereinigung des Handelsregisters notwendig ist, besteht ein rechtliches Interesse des Klägers an der Feststellung des erwähnten Rechtsüberganges. Für eine Rechtsgestaltungsklage ist in diesem Fall kein Raum. Aber auch, wenn die Ansicht vertreten würde, daß nach dem Wortlaut des Urteilsantrages das Gericht die Möglichkeit hätte, ein Feststellungsurteil zu fällen, ist damit für den Kläger als gefährdete Partei nichts gewonnen, weil einstweilige Verfügungen zur Sicherung von Feststellungsansprüchen nicht erlassen werden können.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)