OGH 5Ob318/66

OGH5Ob318/663.11.1966

SZ 39/186

Normen

ABGB §1293
ABGB §1299
ABGB §1293
ABGB §1299

 

Spruch:

Ist ein pflichtwidriges Verhalten des beklagten Rechtsanwaltes infolge Unterlassung einer ihm aufgetragenen Exekutionsführung festgestellt, dann ist es Sache des Beklagten, die mangelnde Kausalität seines Verhaltens für die Nichteinbringung der betreffenden Forderung nachzuweisen und sich dadurch zu entlasten

Entscheidung vom 3. November 1966, 5 Ob 318/66

I. Instanz: Landesgericht Feldkirch; II. Instanz: Oberlandesgericht Innsbruck

Text

Der Kläger hat den beklagten Rechtsanwalt als seinen Rechtsvertreter beauftragt, seine Forderung von 24.000 S samt 11% Zinsen seit 25. März 1963 gegen Ing. U. einzutreiben. Der Beklagte hat darauf gegen Ing. U. die Klage erhoben und am 30. Jänner 1964 ein Versäumungsurteil erreicht, das rechtskräftig geworden ist. In der Folge hat es aber der Beklagte unterlassen, zur Hereinbringung dieser Forderung gegen Ing. U. Exekution zu führen, obwohl er vom Kläger wiederholt darum ersucht worden war. Ing. U. ist am 17. November 1964 verstorben. Das Landesgericht hat am 25. Jänner 1965 über das Vermögen der Verlassenschaft nach Ing. U. das Konkursverfahren eröffnet. Dieses Verfahren ist noch anhängig und die Forderung des Klägers haftet noch zur Gänze unberichtigt aus.

Der Kläger begehrt vom Beklagten aus dem Gründe der Schadenersatzpflicht die Bezahlung des Betrages von 24.000 S und von 294 S samt Zinsen. Letzterer Betrag sei dem Kläger durch Bezahlung der Gerichtsgebühren anläßlich der Fällung des Versäumungsurteiles entstanden. Der Beklagte habe es schuldhaft unterlassen, auf Grund des Versäumungsurteils Exekution zu führen. Er müsse daher den Schaden ersetzen.

Der Beklagte wandte ein, Ing. U. habe ihn darauf hingewiesen, daß er zahlungsunfähig und genötigt sei, den Ausgleich oder Konkurs anzumelden, falls gegen ihn Exekution geführt werde. Den Konkursakten über die Verlassenschaft nach Ing. U. sei zu entnehmen, daß dieser schon längst so überschuldet gewesen sei, daß es mit Sicherheit zum Konkurs gekommen wäre, wenn der Kläger seine Forderung betrieben hätte. Eine Exekutionsführung des Klägers wäre unzulässig gewesen, weil sie zu einer Bevorzugung des Klägers vor anderen Gläubigern geführt hätte. Außerdem stehe noch nicht fest, daß der Kläger durch die Konkurseröffnung eine Einbuße an seiner Forderung erleiden werde, weil die Konkursmasse noch nicht verteilt worden sei.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt, das Berufungsgericht bestätigte.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Mit der Rechtsrüge greift der Beklagte neuerlich die vom Berufungsgericht verneinte Frage der Zahlungsunfähigkeit des Ing. U. auf und meint, der Kläger habe deshalb keinen Anspruch gehabt, auf Grund seines Versäumungsurteils Zahlung zu verlangen, weil Ing. U. ohnehin bereits zahlungsunfähig gewesen sei; die Tatsache der Gewährung des Bankkredites in der Höhe von 380.000 S beweise noch nicht, daß Ing. U. zahlungsfähig gewesen sei, zumal nicht feststehe, wozu dieser Kredit verwendet worden sei.

Dem ist entgegenzuhalten, daß nach den Feststellungen der Untergerichte Ing. U. nicht nur den genannten Bankkredit erhalten hat, sondern die Firma A. noch auf Grund eines Versäumungsurteils vom 4. August und die Gebietskrankenkasse auf Grund eines Rückstandsausweises vom 24. September 1964 befriedigt worden sind und im November 1964 die Möglichkeit bestand, auf Pfandobjekte (PKW Mercedes, zwei Miststreuer) zu greifen, um daraus Befriedigung zu erlangen. Daß Ing. U. schon in den ersten Monaten des Jahres 1964 zahlungsunfähig gewesen wäre, kann sohin mit Recht nicht angenommen werden.

Der Hinweis des Beklagten, der Kläger hätte nachweisen müssen, daß er mit einer Exekution durchgedrungen wäre, geht deshalb fehl, weil ein pflichtwidriges Verhalten des Beklagten infolge Unterlassung der Exekutionsführung festgestellt ist und es Sache des Beklagten gewesen wäre, die Ursächlichkeit seines Verhaltens an der Nichteinbringung der Forderung des Klägers zu widerlegen und sich dadurch zu entlasten (JBl. 1960 S. 188, EvBl. 1957 Nr. 171). Dieser Entlastungsbeweis ist dem Beklagten nicht gelungen.

Der Beklagte kann aber auch mit dem weiteren Einwand, es stunde noch nicht fest, welchen Schaden der Kläger erlitten habe, weil dies erst nach Beendigung des Konkursverfahrens geklärt werden könne, nicht durchdringen. Der Umstand, daß der Kläger seine Forderung im Konkurs über die Verlassenschaft nach Ing. U. angemeldet hat, ist für die Frage des durch Verschulden des Beklagten entstandenen Schadens ohne Belang. Es steht dem Beklagten frei, nach Zahlung des Klagsbetrages diese im Sinne des § 1358 bzw. § 1422 ABGB. an ihn übergegangene Forderung im Konkurs geltend zu machen oder im Falle einer Teilbefriedigung des Klägers aus der Konkursmasse diesen Betrag vom Kläger zurückzufordern. Da die Schadenersatzforderung mit dem schädigenden Ereignis sofort fällig geworden ist, muß der Kläger nicht so lange zuwarten, bis feststeht, in welcher Höhe er aus der Konkursmasse Deckung erhalten werde (EvBl. 1960 Nr. 254).

Es greift also die Rechtsrüge nicht durch, sodaß der unbegrundeten Revision ein Erfolg zu versagen war.

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