OGH 6Ob202/66

OGH6Ob202/667.7.1966

SZ 39/124

Normen

EheG §48
EheG §49
EheG §48
EheG §49

 

Spruch:

Keine Verweigerung der Fortpflanzung, wenn der Ehe ein Kind entstammt. Die Verweigerung weiterer Kinder kann Scheidungsgrund nach § 49 EheG. bilden

Entscheidung vom 7. Juli 1966, 6 Ob 202/66

I. Instanz: Landesgericht Salzburg; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz

Text

Die Streitteile schlossen am 2. Juni 1952 die Ehe. Dieser entstammt der am 27. Mai 1956 geborene Sohn Roland. Der Kläger brachte am 12. November 1964 die auf die §§ 48 und 49 EheG. gestützte Scheidungsklage ein und verließ im gleichen Monat die häusliche Gemeinschaft.

Das Erstgericht wies das Scheidungsbegehren mit folgender Begründung ab:

Eine Scheidung der Ehe nach § 48 EheG. sei schon deshalb ausgeschlossen, weil ihr ein Kind entsprossen sei. Überdies stehe auf Grund der Aussage der Beklagten fest, daß sie sich weitere Kinder gewünscht, dies aber davon abhängig gemacht habe, daß sie ihren Beruf als Lehrerin aufgeben und nur mehr im Haushalt tätig sein dürfe. Der Kläger habe jedoch verlangt, daß sie weiter ihren Beruf ausübe. Da es für die Beklagte sehr schwierig gewesen wäre, als berufstätige Lehrerin den Haushalt zu führen und mehrere Kinder zu betreuen, könne ihre Weigerung, weitere Kinder zu gebären, keinen Scheidungsgrund nach § 48 EheG. begrunden.

Das als Scheidungsgrund nach § 49 EheG. geltend gemachte lieblose Verhalten der Beklagten sei nur durch ein fortgesetzt ehewidriges Verhalten des Klägers ausgelöst worden, weshalb dessen auf § 49 EheG. gestütztes Scheidungsbegehren nach dem zweiten Satz dieser Gesetzesstelle sittlich nicht gerechtfertigt sei.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Bei der rechtlichen Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes folgt der Oberste Gerichtshof der Ansicht Schwinds in Klang[2] I/1 760, daß der Scheidungsgrund des § 48 EheG. (Verweigerung der Fortpflanzung) im Gegensatz zu der in der Zeit des Nationalsozialismus vertretenen Meinung (vgl. Volkmar - Antoni, S. 178) schon dann zu verneinen ist, wenn der Ehe auch nur ein gesundes Kind entsprossen ist. Die Weigerung, weitere Kinder zu empfangen, kann allerdings einen Scheidungsgrund nach § 49 EheG. bilden.

Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, kann darin, daß die Beklagte, wie feststeht, das Empfangen weiterer Kinder davon abhängig machte, daß sie ihren Beruf aufgeben und sich dem Haushalt und der Familie widmen dürfe, was der Kläger ablehnte, auch keine schwere Eheverfehlung im Sinne des § 49 EheG. gesehen werden.

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