Normen
GesmbH.-Gesetz §41 (2)
GesmbH.-Gesetz §41 (2)
Spruch:
Wird vor Schluß der Generalversammlung beantragt, das Gegenteil von dem zu tun, was früher beschlossen wurde, so gilt diese Erklärung als Widerspruch im Sinne des § 41 (2) GesmbH., der eine Anfechtung des früheren Beschlusses ermöglicht
Entscheidung vom 23. Februar 1966, 7 Ob 37/66
I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien
Text
Der Kläger stellt das Klagebegehren, daß der am 4. August 1964 von der Generalversammlung der Beklagten gefaßte Beschluß zum Punkt 5 der Tagesordnung, dem Geschäftsführer N. N. für das Geschäftsjahr 1963 die Entlastung zu erteilen, als nichtig erklärt werde und zwar gemäß § 41 (1) Z. 2 GesmbHG.
Die Beklagte wendete ein, der Kläger habe es unterlassen, gegen den Entlastungsbeschluß nach § 41 (2) GesmbHG. Widerspruch zu Protokoll zu geben.
Das Erstgericht schränkte die Verhandlung auf die Frage der formellen Zulässigkeit der Klage im Sinne des GesmbHG. ein und wies das Klagebegehren sodann ab. Es stellte folgenden Sachverhalt fest.
Am 4. August 1964 fand eine außerordentliche Generalversammlung statt; gemäß Punkt 5 der Tagesordnung wurde dem Geschäftsführer N. N. für das Jahr 1963 die Entlastung erteilt, wobei die Gesellschafterin A. mit 51/100 für den Antrag, der Kläger mit 49/100 gegen den Antrag stimmte. Mit demselben Stimmenverhältnis wurde auch zu Punkt 8 b der Tagesordnung der Antrag des Klägers, den Geschäftsführer N. N. wegen der Rückgabe der Stammeinlage zur Verantwortung zu ziehen und ihn gegebenenfalls zivilrechtlich zu klagen oder auch strafrechtlich zu verfolgen, abgelehnt. Weder der Kläger noch sein mitanwesender Rechtsvertreter gaben gegen diese Beschlüsse einen Widerspruch zu Protokoll. Den Abstimmungen ging eine erregte Debatte voraus. Nach der Abstimmung wurde weder vom Kläger noch von seinem Anwalt die Protokollierung eines Widerspruches oder sonstigen Protestes verlangt. Der Anwalt des Klägers äußerte sich im Zuge dieser Generalversammlung, daß der Kläger gerichtliche Schritte gegen den Geschäftsführer N. N. erwäge. Hiebei brachte er zum Ausdruck, daß sich der Kläger alle "eingebildeten" Rechte gegen den Geschäftsführer vorbehalten wolle.
Diesen Sachverhalt beurteilte das Erstgericht rechtlich dahin, daß der Kläger gemäß § 41 (2) GesmbHG. nicht zur Anfechtung berechtigt sei, weil er gegen den Beschluß keinen Widerspruch erhoben habe. Darin daß sein Anwalt erklärt habe, er behalte sich alle Rechte gegen den Geschäftsführer vor, könne kein Widerspruch erblickt werden.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 15.000 S übersteige.
Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und billigte auch dessen rechtliche Beurteilung. Gegenüber der Berufung führte es noch aus: Es könne auch in dem Antrag, den Geschäftsführer wegen Rückgabe der Stammeinlage zur Verantwortung zu ziehen, kein Widerspruch erblickt werden, weil dieser gestellt worden sei, bevor dem Geschäftsführer die Entlastung erteilt worden sei.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei Folge, hob die Urteile der Untergerichte auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Das Vorbringen der Revision, die Annahme des Berufungsgerichtes, daß das Verlangen, den Geschäftsführer wegen Rückgabe der Stammeinlage zur Verantwortung zu ziehen, vor dem Zustandekommen des angefochtenen Gesellschafterbeschlusses gestellt worden wäre, sei aktenwidrig, ist im Ergebnis richtig. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes wurde über diesen Punkt nach Entlastung des Geschäftsführers verhandelt. Aus S. 8 und 9 des notariellen Protokolls vom 4. August 1964 geht hervor, daß der Kläger, nachdem über den bekämpften Punkt 5 entschieden worden war, den bereits im Schreiben seines Anwaltes vom 12. Juni 1964 enthaltenen Antrag wiederholte, den Geschäftsführer N. N. wegen Rückgabe der Stammeinlage zur Verantwortung zu ziehen, ihn gegebenenfalls zivilrechtlich zu klagen und gegebenenfalls strafrechtlich zu verfolgen. Auch dieses Begehren wurde abgelehnt. Es stellt sich aber gleichzeitig als Widerspruch gegen den Beschluß Punkt 5 dar. Das Gesetz schreibt nirgends vor, daß das Wort "Widerspruch" gebraucht werden müsse. Vielmehr genügt jede Erklärung, aus der sich die Rechtsverwahrung der Person ergibt, die dann den Beschluß bekämpft. Eine Rechtsverwahrung gegen einen Beschluß, mit dem einem Geschäftsführer Entlastung erteilt wird, kann gar nicht deutlicher und schärfer ausgesprochen werden, als wenn man verlangt, den Geschäftsführer zur Verantwortung zu ziehen und ihn wegen seines Verhaltens zivil- und strafrechtlich zu verfolgen. Denn dies ist gerade das Gegenteil einer Entlastung. Daß damit ein besonderer Antrag zur Beschlußfassung gestellt wurde, schließt die Behandlung einer solchen Erklärung als Widerspruch nicht aus. Ein gewissenhafter Protokollführer müßte sie auch als Widerspruch werten (SZ. VI 334, SZ. VII 180, Skerlj S. 59 u. a.).
Richtig ist, daß der Widerspruch nach Fassung des bekämpften Beschlusses erfolgen muß. Hingegen verlangt das Gesetz nicht, daß er unmittelbar vor der Behandlung eines weiteren Punktes der Tagesordnung erklärt wird. Aus § 41 GesmbHG. ergibt sich nur, daß er vor Schluß in der Generalversammlung abgegeben sein muß, was hier zutrifft.
Aus dem Gesagten ergibt sich, daß Verfahren und Feststellungen mangelhaft geblieben sind, weil die Untergerichte in der irrigen Meinung, die Klage sei wegen Unterlassung eines Widerspruches unstatthaft, auf die Sache selbst nicht eingegangen sind.
Es war daher der Revision Folge zu geben und die Sache bei gleichzeitiger Aufhebung der untergerichtlichen Urteile an das Erstgericht zurückzuverweisen.
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