OGH 8Ob365/65

OGH8Ob365/6518.1.1966

SZ 39/7

Normen

ABGB §933
ABGB §933

 

Spruch:

Bei Garantie einer nicht sofort feststellbaren Eigenschaft einer beweglichen Sache für einen bestimmten Zeitraum beginnt die sechsmonatige Gewährleistungsfrist im Zeitpunkt der sicheren Erkennbarkeit des Mangels

Entscheidung vom 18. Jänner 1966, 8 Ob 365/65

I. Instanz: Landes- als Handelsgericht Linz; II. Instanz:

Oberlandesgericht Linz

Text

Zur Eindeckung eines Werkstättenneubaues verwendeten die Kläger eine Dachfolie, die sie von der Beklagten bezogen. Sie begehren von der Beklagten den Rückersatz des bezahlten Preises von zusammen 24.015.38 S zuzüglich der Kosten der infolge Mangelhaftigkeit der Dachfolie notwendig gewordenen neuerlichen Eindeckung des Daches von 6880.50 S. Als Rechtsgrunde machen sie Gewährleistung und Schadenersatz geltend.

Der Erstrichter wies die Klage ab. Er stellte u. a. fest: Der Reisevertreter K. habe dem von den Klägern beschäftigten Baumeister auf die Frage, ob die Dachfolie so lange halte wie ein Preßkiesdach, dem Sinne nach erklärt, es wäre traurig, wenn die Dachfolie nicht so lange halten würde. Auf die weitere Frage des Baumeisters, ob dafür garantiert werden könne, habe K. erwidert, das sei möglich. Dem Erstkläger habe K. geraten, er solle sich die bei der VÖEST in Linz schon zehn Jahre in Gebrauch stehende gleichartige Dachfolie ansehen. Auf die Frage des Erstklägers, wie es mit einer Garantie sei, habe K. geantwortet, daß er eine Garantie haben könne. K. habe ein Muster der Dachfolie zurückgelassen und den Rat gegeben, die Folie einer Prüfung unterziehen zu lassen. Der Erstkläger habe das Muster auch tatsächlich durch einen ihm bekannten Elektromeister verschiedenen Proben unterwerfen lassen, die zufriedenstellend ausgefallen seien. Daraufhin sei die Bestellung vorgenommen worden. Eine schriftliche Garantie sei nicht verlangt worden. Die Dachfolie sei am 28. Juli 1960 geliefert und in der Zeit vom 4. bis 11. August 1960 verlegt worden. Noch im Sommer 1960 habe der Dachdeckermeister festgestellt, daß die Dachfolie an den Enden eingeschrumpft sei. Daraufhin seien vom Dachdeckermeister an den Rändern 32 cm breite Dachfolienstreifen aufgeklebt worden. Im nächsten Winter sei die Dachfolie an den Rändern wiederum um 10 cm eingegangen. Außerdem sei die Dachfolie gerissen, sodaß Wasser durchgesickert sei. Der Erstrichter war der Ansicht, die Frist für die Geltendmachung der Gewährleistung, die im vorliegenden Fall sechs Monate betrage, sei nicht eingehalten worden. Eine Garantie für eine bestimmte Zeit liege nicht vor. Die Äußerungen K.'s könnten nur als Anbot einer Garantie verstanden werden, die von den Klägern nicht verlangt worden sei. Was den Rechtsgrund des Schadenersatzes anlange, sei ein Verschulden der Beklagten oder des Handelsvertreters K. nicht erwiesen.

Das Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Urteil.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Kläger nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Möglichkeit der Anfechtung eines Urteiles der zweiten Instanz wegen unrichtiger Beweiswürdigung ist im § 503 ZPO. nicht vorgesehen. Die Ausführungen der Kläger, die Erklärungen des Handelsvertreters K. seien dahin zu verstehen, daß für mindestens fünf Jahre Garantie übernommen werde, stellen allerdings im wesentlichen nicht eine Bekämpfung der Beweiswürdigung, sondern der rechtlichen Beurteilung dar. Denn, ob die Erklärungen K.'s als Zusicherung einer Garantie oder, wie die Vorinstanzen angenommen haben, bloß als Anbot einer Garantie zu werten sind, ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung. Geht es doch dabei darum, wie die Äußerungen K.'s nach Treu und Glauben im redlichen Verkehr zu verstehen waren. Die Erklärungen K.'s können nun zwar nach Treu und Glauben nur dahin verstanden werden, daß die Dachfolie zumindest so lange halten werde wie ein Preßkiesdach, worin die Zusicherung einer bestimmten Eigenschaft der Dachfolie hinsichtlich Haltbarkeit zu erblicken ist. Damit ist aber für die Kläger im Ergebnis nichts gewonnen. Denn in der Zusicherung dieser nicht sofort feststellbaren Eigenschaft lag nur die Hinausschiebung des gesetzlichen Fristenbeginnes auf den Zeitpunkt, der das Erkennen des Mangels mit Sicherheit gestattete (vgl. Klang-Komm.[2] zu § 933 ABGB. 557 bei Anm. 71). Eine Vereinbarung des Inhaltes, daß ein allfälliger Mangel ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt seines Hervorkommens und seiner Erkennbarkeit innerhalb einer Frist von mindestens fünf Jahren geltend gemacht werden könne, kann aus den festgestellten Äußerungen bei Vertragsabschluß keinesfalls abgeleitet werden. Den Vorinstanzen ist nun darin beizupflichten, daß es sich hier um die Gewährleistung für eine bewegliche Sache handelt. Daß die Dachfolie, die als solche eine bewegliche Sache ist, zum Eindecken des Daches verwendet wurde, vermag daran nichts zu ändern, zumal die Beklagte nicht etwa die Eindeckung des Daches durchgeführt, sondern nur die Dachfolie geliefert hat, die in der Folge von Leuten der Kläger zum Eindecken des Daches verwendet wurde. Da der Mangel nach den Feststellungen der Vorinstanzen spätestens im Winter 1961/62 hervorgekommen ist und auch erkannt wurde, hat in diesem Zeitpunkt die sechsmonatige Gewährleistungsfrist zu laufen begonnen. Sie war demnach im Zeitpunkt der Klagseinbringung am 12. Juni 1963 bereits abgelaufen.

Auf die Frage, ob K. bzw. die Beklagte ein Verschulden trifft, kommen die Kläger in der Revision nicht mehr zurück. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen ist auch die Rechtsansicht der Vorinstanzen, daß ein Verschulden K.'s oder der Beklagten nicht nachgewiesen sei, unbedenklich.

Ein Eingehen auf die Frage, ob die Voraussetzungen für die Anfechtung des Vertrages wegen Irrtums im Sinn des § 871 ABGB. gegeben sind, erübrigte sich, weil eine Anfechtung des Vertrages auf Grund der angeführten Gesetzesstelle nicht vorliegt.

Der Revision war daher der Erfolg zu versagen.

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