Normen
Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche, BGBl. Nr. 200/1961 ArtIV (1) lita
ZPO §84
ZPO §85
Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche, BGBl. Nr. 200/1961 ArtIV (1) lita
ZPO §84
ZPO §85
Spruch:
Daß dem Exekutionsantrag die Urschrift oder die beglaubigte Abschrift der Schiedsgerichtsvereinbarung nicht angeschlossen war, rechtfertigt nicht die Abweisung des Exekutionsantrages; es liegt ein Formgebrechen vor (§§ 84f ZPO., Art. IV (1) lit. a des Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958, BGBl. Nr. 200/1961; hier niederländischer Titel
Entscheidung vom 17. November 1965, 3 Ob 128/65
I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:
Oberlandesgericht Wien
Text
Auf Grund des Urteils des Schiedsgerichtes in Rotterdam vom 4. Dezember 1963, des Berufungsurteils des Appelationsschiedsgerichtes in Rotterdam vom 25. August 1964, einer Rechtskraft- und Vollstreckbarkeitsbestätigung und einer Bestätigung über Lagergebühren beantragte die betreibende Partei gegen die Verpflichtete die Bewilligung der Fahrnisexekution zur Hereinbringung einer Forderung von 8292.42 US-Dollar s. A. und von Lagerkosten.
Der Erstrichter bewilligte die Exekution zur Hereinbringung des Betrages von 8292.42 US-Dollar samt Zinsen und Kosten, wies jedoch den Exekutionsantrag hinsichtlich der Lagergebühren ab, da für diese Forderung kein ziffernmäßig bestimmter Titel vorliege.
Infolge Rekurses der verpflichteten Partei änderte das Rekursgericht den erstgerichtlichen Beschluß, der in seinem abweisenden Teil als unbekämpft unberührt blieb, in seinem stattgebenden Teil im Sinne der Abweisung des Exekutionsantrages ab. Es führte aus, daß für die Zulässigkeit der Exekution auf Grund des ausländischen Exekutionstitels die Bestimmungen des Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (BGBl. Nr. 200/1961) kurz UNO-Übereinkommen maßgebend sei, dem sowohl Österreich als auch die Bundesrepublik Deutschland beigetreten seien. Dadurch sei zwischen den Vertragsstaaten das Genfer Abkommen vom 26. September 1927, betreffend die Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (BGBl. Nr. 343/1930) in dem Zeitpunkt und in dem Ausmaß außer Kraft getreten, in dem dieses Übereinkommen für sie verbindlich wurde. Die Republik Österreich und die Bundesrepublik Deutschland haben von dem Vorbehaltsrecht des Art. I (3) des Übereinkommens Gebrauch gemacht, so daß von ihnen nur Schiedssprüche als vollstreckbar anerkannt werden, die im Hoheitsgebiet eines der Vertragsstaaten ergangen sind. Die Niederlande seien dem UNO-Übereinkommen nicht beigetreten; es könne daher ein in ihrem Territorium ergangener Schiedsspruch nicht in Österreich vollstreckt werden.
Der Oberste Gerichtshof verwies die Sache an das Erstgericht zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Die Begründung des Rekursgerichtes, die Niederlande seien dem Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958 (BGBl. Nr. 200/1961) nicht beigetreten, ist zwar unrichtig. Wie sich aus der - allerdings erst nach Entscheidung des Rekursgerichtes erlassenen - Kundmachung des Bundeskanzleramtes vom 19. August 1965 (BGBl. Nr. 266/1965) ergibt, sind die Niederlande dem UNO-Übereinkommen beigetreten, wobei die Ratifikations- bzw. Beitrittsurkunde am 24. April 1964 bei dem Generalsekretär der Vereinten Nationen im Sinne des Art. IX (2) des zitierten Übereinkommens hinterlegt wurde. Nach Art. XII (2) des Übereinkommens ist dieses Übereinkommen hinsichtlich der Niederlande am 90. Tag ab 24. April 1965 in Kraft getreten. Die Niederlande gehörten im Zeitpunkt des Exekutionsantrages (1. Juni 1965) daher bereits zu den Vertragsstaaten des UNO-Übereinkommens. Es kann sohin grundsätzlich - trotz des von Österreich ausbedungenen Vorbehalts im Sinne des Art. I (3) des Übereinkommens - auf Grund der im Hoheitsgebiet der Niederlande ergangenen Schiedssprüche bei Zutreffen der weiteren im Übereinkommen festgelegten Voraussetzungen in Österreich Exekution geführt werden.
Nach Art. IV (1) des Übereinkommens ist es jedoch zur Anerkennung und Vollstreckung erforderlich, daß die Partei, welche die Anerkennung und Vollstreckung anstrebt, die gehörig beglaubigte Urschrift (oder eine Abschrift) des Schiedsspruches und die Urschrift oder eine beglaubigte Abschrift der Schiedsgerichtsvereinbarung im Sinne des Art. II des Übereinkommens vorlegt. Nach dieser Bestimmung bedarf es zur Gültigkeit des Schiedsvertrages einer schriftlichen Vereinbarung, durch die sich die Parteien verpflichten, alle oder einzelne Streitigkeiten, die zwischen ihnen aus einem bestimmten Rechtsverhältnis, sei es verträglicher, sei es nicht vertraglicher Art, bereits entstanden sind oder etwa künftig entstehen, einem schiedsgerichtlichen Verfahren zu unterwerfen, sofern der Gegenstand des Streites auf schiedsrichterlichem Wege geregelt werden kann.
Die betreibende Partei hat ihrem Exekutionsantrag wohl die beglaubigte Urschrift des Schiedsspruches, nicht aber die Urschrift oder die beglaubigte Abschrift der Schiedsgerichtsvereinbarung angeschlossen. Dieses Unterlassen rechtfertigt jedoch nicht die Abweisung des Exekutionsantrages; es liegt ein Formgebrechen vor, das durch einen Auftrag zur Verbesserung gemäß §§ 84, 85 ZPO., § 78 EO. behoben werden kann (SZ. XXXV 119; JBl. 1958 S. 629; JBl. 1965 S. 265).
Aus diesem Grund war dem Revisionsrekurs im Sinne der Aufhebung der untergerichtlichen Entscheidungen stattzugeben und die Sache an das Erstgericht zurückzuverweisen, das dem betreibenden Gläubiger den angeführten Verbesserungsauftrag zu erteilen haben wird.
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