OGH 3Ob23/65

OGH3Ob23/6531.3.1965

SZ 38/49

Normen

ABGB §905 (2)
ABGB §905 (2)

 

Spruch:

Der Gläubiger hat Anspruch auf Erhalt des Ganzen geschuldeten Betrages. Es ist bei Überweisung durch Postanweisung allgemein bekannt und muß einem Geschäftsmann bekannt sein, daß eine Zustellgebühr berechnet wird; diese muß bei der Überweisung berücksichtigt werden

Entscheidung vom 31. März 1965, 3 Ob 23/65

I. Instanz: Bezirksgericht Salzburg; II. Instanz: Landesgericht Salzburg

Text

Der Kläger ist auf Grund eines gerichtlichen Vergleiches verpflichtet, dem Beklagten den Betrag von 6750 S in monatlichen Raten von 1000 S beginnend ab 1. Oktober 1963 mit einem achttägigen Respiro zu bezahlen. Wenn der Beklagte mit einer Rate im Verzug ist, tritt Terminverlust ein. Der Kläger hat mit Postanweisung am 7. Oktober 1963 und am 8. November 1963 je 1000 S an den Beklagtenvertreter zur Überweisung gebracht. Vom Beklagtenvertreter war auf Grund des § 26 des Postgesetzes eine Zustellgebühr von je 3 S zu entrichten, sodaß in beiden Fällen nur 997 S eingegangen sind. Wegen nicht rechtzeitiger Zahlung machte der Beklagte Terminverlust geltend und beantragte Fahrnisexekution. Der Kläger beantragt, den Anspruch des Beklagten aus dem Vergleich für erloschen zu erklären; er behauptet, die festgelegten Ratenzahlungen pünktlich geleistet zu haben, sodaß Terminverlust nicht eingetreten sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Kläger habe es unterlassen, bei Überweisung der Beträge auch die Zustellgebühren mit zu berechnen und zu überweisen. Er habe nach § 905 (2) ABGB. die Schuldbeträge auf seine Kosten zu übermachen. Er sei verpflichtet gewesen, dafür zu sorgen, daß der Beklagte den vollen Ratenbetrag erhalte und habe nicht die Zustellgebühr in Abzug bringen dürfen. Der Terminverlust sei daher eingetreten.

Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil dahin ab, daß es die Exekution für unzulässig erklärte. Es trat der Ansicht des Erstgerichtes, daß Terminverlust eingetreten sei, weil nur je 997 S dem Beklagten ausgefolgt wurden, nicht bei. Der maßgebliche Erfüllungstatbestand liege in der Überweisung. Die Zustellgebühr werde erst bei Einlangen des Betrages beim Gläubiger fällig, zu welchem Zeitpunkt bereits erfüllt gewesen sei, weil für die Erfüllung der Tag der Aufgabe des Geldes entscheide. Die Zustellgebühren seien durch die Übersendung entstehende Kosten, welche der Gläubiger vom Schuldner ersetzt verlangen könne. Dazu bedürfe es auch nicht der Erwirkung eines neuerlichen Titels, sondern nur weiterer Ratenzahlung bis zur Berichtigung dieser Kosten. Treu und Glauben des redlichen Verkehrs erfordern, daß der Gläubiger dem Schuldner diese Kosten bekanntgibt. Die Übersendungskosten erhöhen die Schuld, müssen aber nicht im Voraus berichtigt werden und ändern an sich nichts an der Höhe der vereinbarten Raten.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten Folge und stellte das erstgerichtliche Urteil wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Oberste Gerichtshof vermag der Ansicht des Berufungsgerichtes, daß der Kläger seine Ratenschuld durch Überweisung des Betrages von 1000 S mittels Postanweisung erfüllt habe, nicht beizutreten. Der Gläubiger hat Anspruch auf Erhalt des ganzen geschuldeten Betrages. Es ist bei Überweisung durch Postanweisung allgemein bekannt und mußte auch dem Kläger bekannt sein, daß eine Zustellgebühr berechnet wird. Da es die Pflicht des Schuldners nach § 905 (2) ABGB. ist, die Zahlung auf seine Kosten zu übermachen, war es Sache des Klägers, die Zustellgebühr, deren Höhe er bei Einzahlung beim Postamt in Erfahrung bringen konnte, bei der Überweisung zu berücksichtigen, so daß dem Gläubiger die geschuldete Leistung ungeschmälert zukam. Wenn das Berufungsgericht meint, daß die Übersendungskosten die Schuld erhöhen, aber nicht im voraus berichtigt werden müssen und nichts an der Höhe der vereinbarten Raten ändern, so widerspricht es sich selbst, weil diese Meinung nur dann richtig sein könnte, wenn nicht dem eingezahlten Betrag, sondern dem ausbezahlten Betrag schuldtilgende Wirkung zukäme. Ansonsten wäre für die Kosten kein Exekutionstitel vorhanden. Den gleichen Standpunkt hat der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung MietSlg. 5800 unter Berufung auf § 905 (2) ABGB. zum Ausdruck gebracht. Daß es dort um Mietzinszahlungen ging und nicht um Ratenzahlungen, macht keinen Unterschied. In beiden Fällen hat der Gläubiger das Recht auf den vollen geschuldeten Betrag. Da es sich bei dem Vergleich um die Bewilligung von Zahlungsfristen für einen bereits geschuldeten Betrag handelte, genügt auch ein geringfügiger Verzug zur Geltendmachung des Terminverlustes. Das Klagebegehren war daher abzuweisen.

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