OGH 8Ob354/64

OGH8Ob354/6415.12.1964

SZ 37/181

Normen

ABGB §364 (2)
JN §1
WRG 1959 §32
WRG 1959 §138
ABGB §364 (2)
JN §1
WRG 1959 §32
WRG 1959 §138

 

Spruch:

Gerichtliche Zuständigkeit für den Anspruch auf Unterlassung der Verunreinigung des Grundwassers durch Abwässer.

Entscheidung vom 15. Dezember 1964, 8 Ob 354/64. I. Instanz:

Bezirksgericht Hollabrunn; II. Instanz: Kreisgericht Korneuburg.

Text

Die Klägerin erhob gegen die Beklagten mit der Behauptung, daß das Wasser ihres Hausbrunnens durch Abwässer aus einer Jauchengrube und Düngerstätte auf dem benachbarten Grundstück der Beklagten verunreinigt und zum Gebrauche unverwendbar geworden sei, die Klage auf Unterlassung der Einwirkung durch die Abwässer und auf Ersatz des entstandenen Schadens. Die Beklagten wendeten Unzulässigkeit des Rechtsweges ein, weil zu Schutzmaßnahmen bezüglich einer Wasserversorgungsanlage die Verwaltungsbehörde zuständig sei.

Das Erstgericht wies die erhobene Einrede zurück.

Das Rekursgericht änderte den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß dieser zu lauten habe: "Das Verfahren wird, soweit es das Begehren, die beklagten Parteien seien zur ungeteilten Hand schuldig, jede von ihrem Grundstück Nr. 1008/1 der KG. G. ausgehende Einwirkung durch Abwässer auf das Grundstück der Klägerin Nr. 1007/1 der KG. G. zu unterlassen, zum Gegenstand hat, für nichtig erklärt und die Klage in diesem Umfange zurückgewiesen. Im übrigen wird die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückgewiesen." Das Rekursgericht begrundete seine Entscheidung wie folgt: Soweit das Klagebegehren die Leistung von Schadenersatz zum Gegenstand habe, könne nicht zweifelhaft sein, daß zur Entscheidung über dieses Begehren, welches offenkundig auf § 364 ABGB., allenfalls auf die §§ 1293 ff. ABGB. gestützt werde, das Gericht zuständig sei. Bezüglich des weiteren Begehrens auf Unterlassung der schädlichen Einwirkung sei maßgebend für das Einschreiten der Wasserrechtsbehörde, daß es sich um eine Angelegenheit des Wasserrechtes handle. Zur Handhabung der Vorschriften des Wasserrechtsgesetzes 1959 sei grundsätzlich die Wasserrechtsbehörde zuständig, wenn von im Gesetz genannten, hier aber nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen werde. § 138 Wasserrechtsgesetz 1959 bestimme, daß, unabhängig von Bestrafung und Schadenersatz, derjenige, der die Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1959 übertreten habe, wenn das öffentliche Interesse oder der Betroffene es verlange, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten sei, u. a. die durch eine Gewässerverunreinigung verursachten Mißstände auf seine Kosten zu beheben. Da die Klägerin ausschließlich behaupte, in ihrem Recht auf Bezug des Grundwassers aus ihrem Grundstück durch Verunreinigung geschädigt zu sein, erscheine damit eindeutig die Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörde gegeben.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Klägerin Folge und stellte die erstgerichtliche Entscheidung im vollen Umfang wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Nach § 32 (1) WRG. 1959 sind Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit (§ 30 (2) WRG. 1959) beeinträchtigen, nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig. Wohl könnte die Klägerin die ihr nach § 138 WRG. 1959 zustehenden Rechte vor der Wasserrechtsbehörde geltend machen, insbesondere verlangen, daß die Beklagten als diejenigen, die die Bestimmungen des WRG. 1959 übertreten hätten, dazu verhalten würden, die durch die Gewässerverunreinigung verursachten Mißstände zu beheben. Der Klägerin steht aber, unabhängig von diesem vor der Verwaltungsbehörde zu erhebenden Anspruch, auch der aus ihrem Eigentum fließende Abwehranspruch nach § 364 (2) ABGB. zu. Diesen Anspruch macht die Klägerin mit der vorliegenden Klage geltend, wie sich schon aus der Formulierung ihres Klagebegehrens, das auf Unterlassung jeder vom Grundstück der Beklagten ausgehende Einwirkung durch Abwässer auf ihr benachbartes Grundstück gerichtet ist, ergibt. Auf die Nachbarschaft wird in der Klagserzählung ausdrücklich hingewiesen. Für den auf § 364 (2) ABGB. gestützten privatrechtlichen Abwehranspruch ist aber die Zuständigkeit der Gerichte gegeben, weil der Anspruch auf Unterlassung über die der Klägerin nach dem Wasserrechtsgesetz zustehenden Möglichkeiten hinausgeht (vgl. hiezu EvBl. 1964, Nr. 227 und die Ausführungen von Krzizek in seinem Kommentar zum WRG., 1962, S. 388, ferner die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 24. Juni 1949, N. F. 1801).

Es war daher die Entscheidung des Erstgerichtes über die Zurückweisung der Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges in vollem Umfang wieder herzustellen.

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