OGH 5Ob127/64

OGH5Ob127/648.10.1964

SZ 37/139

Normen

Tiroler Höfegesetz §17 Z4
Tiroler Höfegesetz §17 Z4

 

Spruch:

Für das Vorliegen von Ausschließungsgrunden ist nur der Zeitpunkt der Erbteilung maßgebend

Entscheidung vom 8. Oktober 1964, 5 Ob 127/64. I. Instanz:

Bezirksgericht Telfs; II. Instanz: Landesgericht Innsbruck.

Text

Zum Nachlaß des am 11. Dezember 1925 verstorbenen Johann K. gehörte u. a. der geschlossene Hof EZ. X. sowie die Liegenschaften EZ. K. und Z. Bei der Abhandlung dieses Nachlasses wurde die Auseinandersetzung zwischen den Erben im Sinne des § 16 (1) Tiroler HöfeG. vom 12. Juni 1900, LGBl. für Tirol Nr. 47, zunächst aufgeschoben und der Hof sowie der übrige Nachlaß den fünf Erben mit dem Vorbehalt eingeantwortet, daß der Anerbe, als welcher Otto K. in Betracht kam, jederzeit sein Anerbenrecht geltend machen könne. Ohne von diesem Recht Gebrauch gemacht zu haben, verstarb Otto K. am 28. September 1952. Auf Grund der von seinen gesetzlichen Erben, und zwar seiner Witwe sowie seinen beiden Kindern, der damals mj. Gertraud K. und des mj. Heinz K., abgegebene Erbserklärung wurde der Nachlaß des Otto K. zu einem Viertel Anteil der erbl. Witwe und zu je drei Achtel Anteilen den Kindern eingeantwortet. Außerdem erklärten die genannten Erben für den Nachlaß das Anerbenrecht des Otto K. geltend zu machen. Auf Grund dieser Erklärung kam es zwischen ihnen einerseits und den übrigen Erben des Johann K. andererseits im Vertrag vom 12. Oktober 1953 zu einer Einigung dahin, daß dem Anerben des geschlossenen Hofes, als welcher damals der mj. Heinz K. berufen erschien, die Geltendmachung seines Anerbenrechtes vorbehalten bleibe.

Bei der Verlaßabhandlung nach Otto K. wurde von der erbl. Witwe und dem für die beiden mj. Kinder bestellten Sachwalter die Einantwortung des Nachlasses nach Maßgabe der abgegebenen Erbserklärungen und mit der Beschränkung hinsichtlich des geschlossenen Hofes, daß der Anerbe sein Anerbenrecht jederzeit geltend machen könnte, beantragt. In diesem Sinne erfolgte am 10. November 1953 die Einantwortung des Nachlasses nach Otto K. an die erbl. Witwe und die beiden Kinder.

Mit Eingabe vom 21. August 1963 ONr. 81 erklärte der ordnungsgemäß vertretene mj. Heinz K. nunmehr von seinem Anerbenrecht Gebrauch zu machen und beantragte die Vornahme der Erbteilung und Zuweisung des Hofes, Schätzung der Liegenschaft und Bemessung des Übernahmswertes im Sinne des § 19 Tiroler HöfeG. sowie Festsetzung einer angemessenen Frist zur Berichtigung der Erbteilsforderungen der weichenden derzeitigen Miteigentümer.

Dagegen vertraten seine Mutter und seine Schwester den Standpunkt, daß der mj. Heinz K. von der Übernahme des Hofes ausgeschlossen sei, weil er niemals in der Landwirtschaft tätig gewesen und durch seinen Beruf als Koch verhindert sei, einen Bauernhof zu führen. Mangels entsprechender Kenntnisse sei er dazu auch gar nicht geeignet. Es werde daher der Antrag gestellt, festzustellen, daß hinsichtlich des mj. Heinz K. Ausschließungsgrunde nach § 17 Tiroler HöfeG. vorliegen.

Das Erstgericht wies diesen Antrag zurück und begrundete dies damit, daß Ausschließungsgrunde nur bis zur Einantwortung der Verlassenschaft zu berücksichtigen seien. Nach Feststellung des Anerben und Einverleibung seines Anerbenrechtes könne der Mangel seiner Qualifikation nicht mehr berücksichtigt werden.

Das Rekursgericht hob diesen Beschluß auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf, denn es sei unrichtig, daß Ausschließungsgrunde nach § 17 Tiroler HöfeG. nur bis zur Einantwortung des Nachlasses berücksichtigt werden könnten. Im Falle der vereinbarten Aufschiebung der Auseinandersetzung erfolge die Einantwortung nur mit der Beschränkung, daß der Anerbe jederzeit sein Anerbenrecht geltend machen könne, weshalb die Entscheidung, ob Ausschließungsgrunde vorliegen, erst zu treffen sei, wenn der Anerbe sein Anerbenrecht geltend mache.

Der Oberste Gerichtshof gab dem - gemäß Jud. 203 zulässigen - Revisionsrekurs des mj. Heinz K. nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Rechtsmeinung des Rekursgerichtes, daß Ausschließungsgrunde nach § 17 Tiroler HöfeG. bei der aufgeschobenen Erbteilung auch nach der Einantwortung geltend gemacht werden können, erscheint völlig zutreffend. Nach § 17 Tiroler HöfeG. kann bei mehreren zugleich eintretenden Erben die Person des Anerben auch durch Einigung unter den Beteiligten bestimmt werden. Nur bei Abgang einer solchen Einigung ist über die Berufung als Anerben nach den im Gesetz angeführten Grundsätzen zu entscheiden. Sofern im Grundbuch, wie es die Unterinstanzen annehmen, nach einer mit dem Vorbehalt des § 16

(1) Tiroler HöfeG. erfolgten Einantwortung die Person des Anerben bezeichnet sein sollte, wozu aber kein Anlaß besteht und was nach dem Buchstandsbericht im vorliegenden Fall auch nicht zuzutreffen scheint, ist damit die Frage, wer Anerbe wird, noch keineswegs endgültig gelöst. Vielmehr kann bis zur Erbteilung immer noch durch eine Vereinbarung oder eine richterliche Entscheidung eine andere Person zum Anerben bestimmt werden. Es kann daher nicht gesagt werden, daß zufolge der Grundbucheintragung der Anerbe in der Person des mj. Heinz K. feststehe. Vielmehr ist auf Grund seiner Erklärung, das Anerbenrecht geltend zu machen, und auf Grund des Antrages seiner Mutter und Schwester auf Feststellung, daß hinsichtlich seiner Person Ausschließungsgrunde vorliegen, nach Durchführung des im § 17 Tiroler HöfeG. vorgesehenen Verfahrens über das Vorhandensein von Ausschließungsgrunden zu entscheiden. Für die Richtigkeit dieser Auffassung spricht auch die Überlegung, daß die Ausschließungsgrunde schon ihrer Art nach durchwegs solche sind, daß nur ihr Vorhandensein im Zeitpunkt der beabsichtigten Hofübernahme wesentlich sein kann. Solange dieser Zeitpunkt nicht feststeht, ist aber eine Prüfung, ob Ausschließungsgrunde vorliegen, nicht einmal möglich. Der Aufhebungsbeschluß war daher notwendig und richtig.

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