Normen
Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung §52f
Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung §84
Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung §52f
Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung §84
Spruch:
Die von den Gesellschaftern einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung vor Konkurseröffnung beschlossene Erhöhung des Stammkapitales kann der Masseverwalter vor Aufhebung des Konkurses nicht durchsetzen.
Entscheidung vom 7. Oktober 1964, 8 Ob 154/64. I. Instanz:
Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.
Text
In der außerordentlichen Generalversammlung vom 16. April 1958 beschlossen der Erstbeklagte sowie die Zweit- und Drittbeklagte als erbserklärte Erbinnen des am 5. Dezember 1957 verstorbenen Georg J. als Gesellschafter der im Handelsregister Wien protokollierten Firma N. Gesellschaft m. b. H. die Abänderung des Gesellschaftsvertrages durch Erhöhung des Stammkapitals von 50.000 S auf 200.000 S. Die Gesellschafter erklärten, die Stammkapitalserhöhung gleichteilig zu übernehmen, sodaß ihre Stammeinlagen je 100.000 S betragen sollten. Eine Eintragung dieser Kapitalserhöhung in das Handelsregister war nicht erfolgt. Am 27. Februar 1959 wurde über das Vermögen der Firma N. der Konkurs eröffnet, in dem Rechtsanwalt Dr. Eduard L. zum Masseverwalter bestellt wurde.
Dieser begehrt 1. die Beklagten schuldig zu erkennen, den aus dem Generalversammlungsbeschluß resultierenden Antrag auf Erhöhung des Stammkapitals der genannten Firma beglaubigt zu unterfertigen und ihm auszufolgen, sowie 2. den Erstbeklagten zur Zahlung von 18.750 S und die Zweit- und Drittbeklagte zur Zahlung von je 9375 S nach erfolgter Eintragung des Generalversammlungsbeschlusses zu verurteilen. Er bringt vor, daß er erst nach erfolgter Eintragung der beschlossenen Kapitalserhöhung in das Handelsregister 1/4 der Erhöhung des Stammkapitals von den Gesellschaftern einfordern könne; es sei ihm bisher nicht gelungen, die Beklagten zur Unterfertigung des Gesuches um Eintragung der beschlossenen Erhöhung zu veranlassen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es führte aus, daß dem österreichischen Recht eine dem § 79 des deutschen Ges. m. b. H.- Gesetzes ähnliche Bestimmung, nach der Registereintragungen konstitutiven Charakters durch Ordnungsstrafen erzwungen werden könnten, fehle. Es bestehe auch kein öffentliches Interesse an der Anmeldung von rechtsbegrundenden Tatsachen, so daß die Einbringung des Antrages auf Eintragung der Kapitalserhöhung nicht erzwungen werden könne.
Das Berufungsgericht gab der gegen diese Entscheidung vom Kläger eingebrachten Berufung nicht Folge. Es erübrige sich, darauf einzugehen, ob rechtsbegrundende Eintragungen vom Registergericht erzwungen werden könnten, da die Beteiligten gegenüber den zur Anmeldung Verpflichteten die Eintragung jedenfalls erzwingen könnten. Es sei jedoch die im Handelsregister noch nicht eingetragene Erhöhung des Stammkapitals durch die Eröffnung des Gesellschaftskonkurses hinfällig geworden. Wenn der Rechtsprechung (RGZ. 77 S. 152 ff.) auch darin nicht gefolgt werden könne, daß die Eintragung eines Kapitalserhöhungsbeschlusses grundsätzlich mit dem Zweck eines Konkurses (Erfassung, Verwertung und Verteilung der Konkursmasse) unvereinbar sei, so liege diese Unvereinbarkeit jedenfalls dann vor, wenn keine Beziehung der Kapitalserhöhung zum Konkurs bestehe. Es sei im vorliegenden Fall nicht einmal behauptet worden, daß die von den Gesellschaftern beschlossene Kapitalserhöhung im Hinblick auf die spätere Konkurseröffnung beschlossen worden sei. Es müsse daher angenommen werden, daß der Beschluß auf Kapitalserhöhung und die damit im Zusammenhang stehenden Erklärungen auf Übernahme der sich aus dem Beschluß ergebenden Zahlungsverpflichtungen einen außerhalb des Konkursbereiches liegenden Zweck verfolgt haben, der durch den Konkurs weggefallen sei.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Revision ist schon aus rechtlichen Erwägungen nicht gerechtfertigt.
Durch die Einleitung des Konkurses über die Gesellschaft wird diese auf Grund des Gesetzes (§ 84 Z. 4 GesmbHG.) aufgelöst. Die Konkurseröffnung bewirkt daher das Aufhören jeder Tätigkeit, die einem anderen Zweck als dem der Befriedigung der Gläubiger und der Verteilung eines allfälligen Überschusses an die Gesellschafter dient. Ist der über das Vermögen der Gesellschaft eröffnete Konkurs nach einem Zwangsausgleich aufgehoben worden, so kann die Gesellschaft zwar ihre Fortsetzung beschließen (SZ. XV 2); solange aber diese Aufhebung nicht erfolgt ist, kann sich die Gesellschaft im Verkehrsleben nicht mehr bestätigen. Der Masseverwalter kann daher nur noch solche Geschäfte betreiben, die der Liquidation dienen. Zu diesen Geschäften gehört aber nicht die Einbringung einer Klage, die der Durchsetzung einer von den Gesellschaftern - vor Konkurseröffnung - zwar beschlossenen, aber noch nicht durchgeführten Abänderung des Gesellschaftsvertrages durch Erhöhung des Stammkapitals dienen soll, also einer Vertragsänderung, die in der Regel darauf gerichtet ist, durch Vergrößerung des Stammkapitals die dem Erwerb dienende wirtschaftliche Grundlage der Gesellschaft zu erweitern. Dies strebt jedoch der Kläger mit seinem Klagebegehren an.
Aus diesen rechtlichen Erwägungen ergibt sich, daß die Fragen, ob die Gesellschaft im Zeitpunkt des Kapitalserhöhungsbeschlusses zahlungsunfähig war, bzw. wann die Gesellschafter von dieser Zahlungsunfähigkeit erfahren haben, rechtlich ebensowenig entscheidend sind wie die Frage, ob die Gesellschafter die Möglichkeit gehabt hätten, die beschlossene Änderung des Gesellschaftsvertrages (vor Konkurseröffnung) formell zu widerrufen und ob bzw. inwieweit (der von den Untergerichten überdies gar nicht festgestellte) formlose Widerruf des Kapitalserhöhungsbeschlusses mit der Konkurseröffnung und der Überschuldung der Gesellschaft in rechtlichem Zusammenhang steht.
Es liegt daher keiner der angeführten Revisionsgrunde vor, so daß der Revision keine Folge zu geben war.
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