OGH 6Ob32/64

OGH6Ob32/6412.2.1964

SZ 37/26

Normen

Jagdgesetz für Kärnten §32
ZPO §563 (1)
ZPO §564 (2)
Jagdgesetz für Kärnten §32
ZPO §563 (1)
ZPO §564 (2)

 

Spruch:

Verspätet zugestellte Kündigungen sind, wenn die Verspätung eingewendet wird, unwirksam. Postverzögerungen gehen zu Lasten des Aufkundigenden.

Streitigkeiten aus Jagdpachtverträgen sind, soweit die Jagdgesetze nichts anderes bestimmen, Bestandstreitigkeiten.

Entscheidung vom 12. Februar 1964, 6 Ob 32/64. I. Instanz:

Bezirksgericht Feldkirch; II. Instanz: Landesgericht Klagenfurt.

Text

Fritz Q., der am 16. August 1962 verstorbene Gatte der Beklagten, war Pächter der Gemeindejagd der klagenden Gemeinde. Im Jahre 1961 wurde der Pachtvertrag für die Zeit vom 1. April 1961 bis 31. März 1971 verlängert und diese Verlängerung von der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt genehmigt. In der Sitzung des Jagdverwaltungsbeirates der klagenden Partei vom 25. September 1962 wurde beschlossen, das Pachtverhältnis gemäß § 32 des Kärntner Jagdgesetzes aufzukundigen. Der die außergerichtliche Kündigung enthaltende Rückscheinbrief langte zwar am 28. September 1962 beim Postamt Klagenfurt ein, wurde aber der Beklagten erst am 2. Oktober 1962 zugestellt.

Zufolge der von der Beklagten eingebrachten Einwendungen hob das Erstgericht die Kündigung aus folgenden Gründen auf:

Am Freitag, den 28. September 1962, habe der erst zwei Tage vorher aufgenommene Postzusteller Manfred S. den an diesem Tage im Postamt Klagenfurt eingelangten Rückscheinbrief nicht zugestellt, da er die Beklagte nicht daheim angetroffen habe. Das gleiche dürfte sich am nächsten Tag zugetragen haben. Der am Montag, den 1. Oktober 1962, in diesem Rayon zustellende Hermann H. habe schon von früher gewußt, daß die Beklagte, falls sie in der Wohnung nicht anzutreffen ist, in ihrem Geschäftslokal in der 10. Oktober-Straße zu erreichen sei. Er habe daher den Brief dem für diese Straße zuständigen Zusteller Johann T. übergeben und dieser habe den Brief der Beklagten am 2. Oktober 1962 zugestellt.

Die Beklagte habe an ihrer Wohnungstür einen Zettel befestigt gehabt, auf welchem sie um Zustellung unter ihrer Geschäftsadresse gebeten habe, es sei aber nicht feststellbar, ob die Postzusteller ihn gelesen hatten.

Weil der Bürgermeister der klagenden Gemeinde der Beklagten bald nach dem Tode ihres Gatten die Aufkündigung der Jagdpacht angekundigt und die Beklagte auch am Sonntag, den 30. September 1962, im Gasthaus W. von der erfolgten Aufkündigung erfahren habe, hätte sie dem Gemeinderat Andreas I. mitgeteilt, daß ihr noch keine schriftliche Aufkündigung zugekommen sei.

Das Schreiben der klagenden Partei vom 27. September 1962 enthalte die Bezeichnung des Bestandgegenstandes, sowie den Zeitpunkt der Beendigung des Bestandverhältnisses und entspreche daher insofern den Bestimmungen der §§ 565 (1) und 562 (1 ZPO) . Hingegen fehle die nach Lehre und Rechtsprechung erforderliche Rechtsbelehrung, daß innerhalb bestimmter Frist Einwendungen erhoben werden können, widrigens die Aufkündigung in Rechtskraft erwachse. Die Kündigung sei daher schon aus diesem Gründe aufzuheben.

Außerdem könne gemäß § 32 des Kärntner Jagdgesetzes der Pachtvertrag beim Tode des Pächters nur mit halbjähriger Kündigungsfrist zum Ende des Pachtjahres aufgekundigt werden. Da vorliegendenfalls das Pachtjahr am 31. März 1963 geendet habe, hätte die Aufkündigung spätestens am 30. September 1962 zugestellt werden müssen. Die verspätete Zustellung am 2. Oktober 1962 gehe zu Lasten der klagenden Partei, da die Kündigung eine empfangsbedürftige Willenserklärung sei. Keinesfalls treffe die Beklagte ein Verschulden, da sie ohnedies einen entsprechenden Anschlag an ihrer Wohnungstür angebracht habe.

Die mündliche Mitteilung im Gasthaus W. am 30. September 1962, daß der Beklagten aufgekundigt wurde, stelle keinesfalls eine Kündigung dar.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 10.000 S übersteigt.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

In rechtlicher Beziehung war zunächst zu prüfen, ob über die vorliegende Aufkündigung überhaupt im Verfahren nach §§ 560 ff.

ZPO. zu erkennen war. Diese Frage ist zu bejahen.

Unbestrittenermaßen unterfällt das strittige Jagdpachtverhältnis dem im Landesgesetzblatt für Kärnten 1961 Nr. 54 wiederverlautbarten Kärntner Jagdgesetz 1961. Nach dessen § 1 (2) ist das Jagdrecht Ausfluß des Gründeigentums; es kann von diesem nicht getrennt und als selbständiges Recht nicht begrundet werden. Damit ist es eine nach § 298 ABGB. für unbeweglich erklärte Sache. Streitigkeiten aus einem hierüber geschlossenen Pachtvertrag sind daher, soweit das Gesetz nicht etwas anderes bestimmt, Bestandstreitigkeiten im Sinne der §§ 83 JN. und 560 ZPO. (SZ. X 272, MietSlg. 9219).

In der Sache selbst wendet sich die Revisionswerberin gegen die Ansicht der Vorinstanzen, daß die verspätete Zustellung der Aufkündigung zu ihren Lasten gehe. Diese Rechtsansicht ist jedoch vollkommen zutreffend. Nach § 32 leg. cit. können Jagdpachtverträge im Falle des Todes des Pächters von dessen Erben oder von den Verpächtern mit halbjähriger Frist für das Ende des Pachtjahres gekundigt werden. Die klagende Partei hat demgemäß auch mit Brief vom 27. September 1962 unter Bezugnahme auf diese Gesetzesstelle der Beklagten das Pachtverhältnis zum 31. März 1963 aufgekundigt.

Gemäß § 563 (1) Satz 2 ZPO. sind Aufkündigungen, die schon verspätet angebracht werden, von Amts wegen durch Beschluß zurückzuweisen. Dieser Fall liegt hier nicht vor. Vielmehr wurde die Kündigung zwar rechtzeitig angebracht, aber nicht rechtzeitig zugestellt. Für diesen Fall bestimmen Satz 1 der zit. Gesetzesstelle und § 564 (2) ZPO., daß die Kündigung nur dann wirksam ist, wenn keine Einwendungen erhoben werden; werden jedoch solche erhoben und wird die verspätete Zustellung darin geltend gemacht, so ist die Aufkündigung unwirksam (Neumann Komm.[4] II S. 1459 Anm. 2, Sperl Lehrbuch S. 317 und 563, GlUNF. 2000). Die rechtzeitige Zustellung ist nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes eine objektive Voraussetzung der Wirksamkeit der Kündigung. Ob im Falle verspäteter Zustellung die Post oder den Aufgekundigten ein Verschulden trifft, ist im Kündigungsstreit nicht zu untersuchen. Den Revisionsausführungen, daß im Falle eines Verschuldens der Post die Kündigung trotz verspäteter Zustellung wirksam sein müsse, sofern sie nur rechtzeitig angebracht wurde, kann demnach nicht beigepflichtet werden. Es ist Sache des aufkundigenden Bestandgebers, die Kündigung so zeitgerecht anzubringen, daß sie auch im Falle des Auftretens unerwarteter Hindernisse rechtzeitig zugestellt werden kann. Wird erst in den letzten Tagen der Frist aufgekundigt, so ist damit das Risiko einer verspäteten Zustellung verbunden. Die vom Berufungsgericht erwähnte Zustellung durch Boten stellt nur eine von verschiedenen Möglichkeiten dar. Es braucht nicht untersucht zu werden, ob sie der klagenden Partei nach ihrem Personalstand zu Gebote steht, da ja bei zeitgerechter Einbringung die Zustellung durch die Post in der Regel zum Erfolg führen wird. Es muß der klagenden Partei überlassen werden, ob sie in Einzelfällen, etwa bei Zeitnot, um sicherzugehen, eine andere Zustellungsart wählt.

Da die Revision schon aus diesem Gründe nicht gerechtfertigt ist, braucht auf die Frage, ob auch das Fehlen einer Rechtsbelehrung in der außergerichtlichen Aufkündigung zu deren Aufhebung führen mußte, nicht eingegangen zu werden.

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