OGH 4Ob111/63

OGH4Ob111/6312.11.1963

SZ 36/141

Normen

ZPO §532 (1)
ZPO §538 (1)
ZPO §532 (1)
ZPO §538 (1)

 

Spruch:

Eine Nichtigkeitsklage, für die der Oberste Gerichtshof zuständig ist, ist dort unmittelbar einzubringen.

In arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten obliegt die Prüfung nach § 538 (1) ZPO. beim Obersten Gerichtshof einem aus fünf Berufsrichtern zusammengesetzten Senat.

Entscheidung vom 12. November 1963, 4 Ob 111/63.

Text

Christian M. hat beim Arbeitsgericht Völkermarkt gegen seinen Dienstgeber, den Bezirksfürsorgeverband V. eine Klage auf Einstufung in Entlohnungsschema I, Entlohnungsgruppe c, Entlohnungsstufe 3, des VertragsbedienstetenG. 1948 und auf Zahlung von Differenzbeträgen eingebracht. Das Arbeitsgericht hat der Verhandlung als Beisitzer aus dem Kreis der Beschäftigten Josef L. beigezogen. Es hat mit Zwischenurteil vom 5. Juni 1962 erkannt, daß ein Teil des Klagebegehrens dem Gründe nach zu Recht besteht, mit Teilurteil vom gleichen Tage aber das restliche Klagebegehren abgewiesen. Diese Teilabweisung hat der Kläger in Rechtskraft erwachsen lassen.

Das Landesgericht Klagenfurt als Berufungsgericht in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten hat mit Urteil vom 31. Oktober 1962 auch das restliche Klagebegehren infolge Berufung der beklagten Partei abgewiesen. Der Oberste Gerichtshof hat mit Urteil vom 26. Februar 1963 das Berufungsurteil bestätigt.

Der Kläger ficht in seiner am 30. Juli 1963 beim Arbeitsgericht Völkermarkt eingebrachten Nichtigkeitsklage die erwähnten drei Urteile als nichtig an, weil Josef L. Beirat des Bezirksfürsorgeverbandes V. sei und deshalb gemäß § 20 Z. 4 JN. von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen gewesen sei. Von diesem Ausschließungsgrund habe er erst am 2. Juli 1963 erfahren. Da die zweite und dritte Instanz die Feststellungen des Arbeitsgerichtes übernommen hätten, seien auch die Urteile dieser beiden Instanzen nichtig. Das Arbeitsgericht Völkermarkt hat nach einer Zwischenerledigung die Nichtigkeitsklage am 7. Oktober 1963 dem Obersten Gerichtshof als dem nach § 532 ZPO. zuständigen Gericht abgetreten, wo die Klage am 14. Oktober 1963 einlangte.

Der Oberste Gerichtshof wies die Nichtigkeitsklage als zur Bestimmung einer Tagsatzung für die mündliche Streitverhandlung ungeeignet zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Nach § 532 (1) ZPO. ist für die Nichtigkeitsklage das Gericht zuständig, von welchem das durch die Klage angefochtene Urteil gefällt wurde, wenn aber in der Klage mehrere in demselben Rechtsstreit von Gerichten verschiedener Instanzen gefällte Urteile angefochten werden, das höchste unter diesen Gerichten ausschließlich zuständig. Für die vorliegende Nichtigkeitsklage ist demnach der Oberste Gerichtshof zuständig, was der Kläger auch schon in der Klage erkannt hat.

Der Oberste Gerichtshof hat daher gemäß § 538 (1) ZPO. in nicht öffentlicher Sitzung zu prüfen, ob die Nichtigkeitsklage auf einen der gesetzlichen Anfechtungsgrunde des § 529 ZPO. gestützt ist und in der gesetzlichen Frist erhoben wurde. Diese Prüfung obliegt nicht einem nach § 26 ArbGerG. zusammengesetzten besonderen Senat, weil es sich nicht um die Entscheidung über eine Revision handelt (so auch Stagel, österr. Juristenztg. 1952, S. 547, anderer Meinung anscheinend Stanzl, arbeitsgerichtliches Verfahren, S. 146).

Die Prüfung nach § 538 ZPO. ergibt, daß die Nichtigkeitsklage, auch wenn man die Angaben in der Klage als richtig zugrunde legt, verspätet eingebracht wurde. Der Kläger behauptet, vom Ausschließungsgrund am 2. Juli 1963 erfahren zu haben. Die Nichtigkeitsklage ist bei dem für die Entscheidung über die Klage zuständigen Obersten Gerichtshof aber erst am 14. Oktober 1963 eingelangt, also nach Ablauf der einmonatigen Frist des § 534 (1) und (2) Z. 1 ZPO. Die Nichtigkeitsklage wäre nämlich bei dem für die Entscheidung zuständigen Gericht, also beim Obersten Gerichtshof und nicht beim Erstgericht, Arbeitsgericht Völkermarkt, einzubringen gewesen (vgl. Judikat 58 neu = SZ. XXVI 150, S. 416, unter Berufung auf § 535 ZPO.). Wurde die Klage aber nicht bei dem zuständigen Gericht eingebracht, so kann auf die Tage des Postenlaufes (§ 89 GOG.) nicht Bedacht genommen werden (Fasching, Kommentar zu den Zivilprozeßgesetzen II, S. 672, Pollak, Zivilprozeßrecht, S. 423). Anderenfalls würde die den Postweg wählende Partei vor der die Klage selbst überreichenden Partei begünstigt werden.

Die Klage war daher gemäß § 538 (1) ZPO. als zur Bestimmung einer Tagsatzung für die mündliche Verhandlung ungeeignet, durch Beschluß zurückzuweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte