OGH 5Ob234/62

OGH5Ob234/627.11.1962

SZ 35/110

Normen

ABGB §43
ABGB §43

 

Spruch:

Über die Voraussetzungen der Inanspruchnahme des Schutzes nach § 43

ABGB.

Entscheidung vom 7. November 1962, 5 Ob 234/62.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Das Erstgericht wies das Klagebegehren des Inhaltes ab, der Beklagte sei schuldig, die weitere Benützung der Worte "Sch.-Verlag" zur Bezeichnung seines Unternehmens zu unterlassen und sei schuldig, binnen 14 Tagen bei Exekution den Firmenwortlaut seines Unternehmens in einer Weise abzuändern, durch welche der gegen § 43 ABGB. verstoßende Mißbrauch des Namens Sch. vermieden wird.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers teilweise Folge und änderte das Ersturteil wie folgt ab:

"Der Beklagte ist schuldig, die Benützung der Bezeichnung seines Unternehmens mit nur den Worten "Sch.-Verlag" (gemeint ist, wie aus der Begründung hervorgeht, ohne den Zusatz, "Dr. Franz G.") bei Exekution zu unterlassen. Das Begehren, der Beklagte sei binnen 14 Tagen bei Exekution schuldig, den Firmenwortlaut seines Unternehmens in einer Weise abzuändern, durch welches der gegen § 43 ABGB. verstoßende Mißbrauch des Namens Sch. vermieden wird, wird abgewiesen."

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge, der Revision des Klägers hingegen Folge und änderte das angefochtene Urteil dahin ab, daß die Entscheidung zu lauten habe:

"Der Beklagte ist schuldig, die weitere Benützung der Worte "Sch.- Verlag" zur Bezeichnung seines Unternehmens zu unterlassen und binnen 14 Tagen bei Exekution den Firmenwortlaut seines Unternehmens dementsprechend abzuändern."

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes hängt allein von der rechtlichen Beurteilung ab. Alles, was in den beiden Revisionen unter den Revisionsgrunden des § 503 Z. 1 (§ 477 Z. 9), 2 und 3 ZPO., ausgeführt wird, ist für die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes ohne Bedeutung.

Bei der rechtlichen Beurteilung ist davon auszugehen, daß ein unbefugter Gebrauch eines Namens, der nach § 43 ABGB. von dem hiedurch beeinträchtigten Namensträger untersagt werden kann, jeder Gebrauch ist, wenn er nicht auf einem eigenen Recht auf den Namen beruht oder wenn er vom berechtigten Namensträger nicht gestattet wurde (Adler - Klang in Klang[2] I, S. 291; JBl. 1953, S. 518). Dabei macht es keinen Unterschied, ob der ganze Name oder ein einzelner wesentlicher Bestandteil gebraucht wird (Reichsgerichtskommentar Anm. 5 zu § 12 BGB., Staudinger - Riezler, Komm. zum BGB. Anm. 77 zu § 12 BGB.). Der Gebrauch eines Namens wird auch nicht nur dadurch gemacht, daß sich jemand einen fremden Namen für seine eigene Person beilegt, sondern die durch den Namen gekennzeichnete Persönlichkeit wird geschützt gegen unbefugte Behauptung von persönlichen Beziehungen des Namensträgers zu Sachen, sonstigen Gegenständen und dritten Personen (Soergel - Siebert[9] Anm. 4 zu § 12 BGB.). Einen Namen gebraucht, wer damit Person oder ihre Leistung, insbesondere die von ihr hergestellten Güter bezeichnet. Darunter fällt auch die Verwendung des Namens als Geschäftsbezeichnung (Staudinger - Riezler a. a. O.,Anm. 76 zu § 12, R. G. JW. 1939, S. 153).

Zur Inanspruchnahme des Schutzes des Namens nach § 43 ABGB. ist es aber auch notwendig, daß der Namensträger durch den unbefugten Gebrauch des Namens beeinträchtigt ist, d. h., es muß ihm ein Interesse am Nichtgebrauch seines Namens zugebilligt werden. Das Interesse, das eine Person am Nichtgebrauch eines ihr zustehenden Namens, gleichgültig, ob dieser ein häufig gebrauchter Name oder ein sogenanntes Namensunikum ist, durch einen anderen hat, läßt sich dahin bestimmen, daß die durch den Namen gebotene Kennzeichnung nicht in irreführender Weise die Beziehung auf eine andere Person gestattet, daß mithin der unbefugte Namensgebrauch nicht eine Verwechslung mit dem Namensberechtigten, die Annahme eines nicht vorhandenen Familienzusammenhanges, die Zurechnung fremder Vorgänge zugunsten oder zu Lasten des Namensberechtigten oder seiner Angehörigen entstehen läßt (Opet Archiv für die civilistische Praxis, 87. Band, S. 385, Oertmann BGB. Allgemeiner Teil[3] S. 52, SZ. XXIX 38). Auf dieser Linie bewegt sich die gesamte zu § 12 BGB., der dem § 43 ABGB. zum Vorbild diente, erschienene, deutsche Rechtslehre und Rechtsprechung. Demnach muß zwar nicht unbedingt eine Verwechslungsgefahr vorliegen (Palandt Kurzkommentar zu BGB. Anm. 4 zu § 12, Soergel - Siebert a. a. O., Anm. 108 zu 12 BGB., Oertmann a. a. O., S. 50), aber es ist erforderlich, daß der Anschein erweckt wird, als bestunden ideelle oder wirtschaftliche Beziehungen zwischen dem verletzten Namensträger und dem benannten Gegenstand oder der benannten Person (Soergel - Siebert Anm. 4 und 108 zu § 12 BGB., Staudinger - Riezler a. a. O. Anm. 81, Ficker, Das Recht des bürgerlichen Namens, S. 183, Warneyer BGB. S. 7, RG. vom 10. November 1926). Entscheidend ist immer die Wirkung auf andere, daß nämlich die bezeichnete Person oder die bezeichnete Leistung als die des Namensträgers angesehen wird (Staudinger - Riezler Anm. 76 zu § 12 BGB.).

Geht man von diesen Grundsätzen aus, dann ergibt sich für den konkreten Fall folgendes:

Der Gebrauch des Wortes "Sch." in der Bezeichnung des Unternehmens des Beklagten ist ein unbefugter, weil es sich hier um einen Namen handelt, dessen Gebrauch kraft eigenen Rechtes dem Beklagten nicht zusteht und der ihm auch vom berechtigten Namensträger nicht gestattet wurde.

Es muß dem Kläger aber auch das Interesse am Nichtgebrauch seines Namens zugebilligt werden.

Daß der Kläger, der sich in der Klage Sch. nennt, in Wirklichkeit Sch.-B. heißt, ändert an seinem Recht, sich gegen den Mißbrauch des Namens "Sch." zu wenden, nichts, weil, wie erwähnt, es keinen Unterschied macht, ob der ganze Name oder ein einzelner wesentlicher Bestandteil gebraucht wird und die Familie Sch.-B. nur einen Zweig des Geschlechtes der Sch. darstellt.

Es mag dem Beklagten eingeräumt werden, daß bei demjenigen, der den Verlag des Beklagten in der Sch.-Gasse besucht, wohl nicht der Eindruck entstehen muß, es bestunden ideelle oder wirtschaftliche Beziehungen zwischen dem Kläger und dem Sch.-Verlag. Denn an der Lage des Verlages des Beklagten in der Sch.-Gasse kann der Besucher erkennen, daß der Verlag nach dieser Gasse benannt ist. Aber für die Frage nach der Wirkung des Gebrauches des Namens auf andere kommt es bei einem Verlage nicht nur - und auch gar nicht in erster Linie - darauf an, welcher Eindruck bei den Personen entsteht, die den Verlag persönlich besuchen, sondern es ist vor allem entscheidend, welcher Eindruck bei den Empfängern der Erzeugnisse des Verlages entstehen kann, weil ja das Wesen des Verlagsgeschäftes nach seiner Bestimmung darin besteht, daß seine Erzeugnisse in alle Welt versandt werden. Es ist daher grundsätzlich verfehlt, zum Vergleich Fälle der Verwendung von Namen für die Bezeichnung von Garagen, Gaststätten, Kaffeehaus- und Kinobetrieben heranzuziehen, die nach der Straße benannt sind, in welcher sich das Unternehmen befindet. Die Leser der Erzeugnisse eines Verlages wissen in der Regel gar nicht, wo sich der Verlag befindet, weil die Adresse des Verlages entweder gar nicht oder nur an einer unauffälligen Stelle des Buches aufscheint. Es kommt hier daher entscheidend darauf an, ob durch den Gebrauch des Wortes "Sch." in der Verlagsbezeichnung des Verlages des Beklagten bei den Lesern der Anschein erweckt wird, als bestunden ideelle oder wirtschaftliche Beziehungen zwischen der Familie des Klägers und dem Verlag. Diese Frage muß bejaht werden. Gewiß ist der Name "Sch." kein Namensunikum; eine Anfrage des Erstgerichtes beim Zentralmeldungsamt in Wien hat ergeben, daß außer dem Kläger und dessen Familienangehörigen noch einige andere Personen dieses Namens in Wien gemeldet sind. Aber der Name des ehemals hochadeligen Geschlechtes Sch. ist so sehr bekannt, daß es naheliegt, daß jeder Leser zunächst an dieses Grafengeschlecht denkt. Es mag sein, daß es auch Leute gibt, die noch nie etwas von dem Geschlecht der Grafen Sch. gehört haben und die daher an das Vorhandensein der erwähnten Beziehungen nicht denken. Aber es kommt nicht darauf an, welcher Eindruck durch den Gebrauch eines Namens entstehen muß, sondern welcher Eindruck bei einem nicht unbedeutenden Teil des Publikums entstehen kann. Daß das Wort "Sch." allenfalls auch als Phantasiename aufgefaßt werden könnte, darauf kommt es entscheidend nicht mehr an. Denn in der Verwendung eines Wortes, das zugleich von einem anderen als Name geführt wird, als Phantasie- oder Kennzeichnungswort liegt nur dann keine Antastung des Namensrechtes, wenn die Verwendung als Phantasie- oder Kennzeichnungswort üblich ist oder das Wort nachweislich so verwendet wurde (Oertmann a. a. O., S. 51). Davon kann hier keine Rede sein.

Wird aber davon ausgegangen, daß demnach die Verwendung des Wortes "Sch." in der Verlagsbezeichnung des Verlages des Beklagten unzulässig ist und die Interessen des Klägers verletzt, dann würde an diesem Verstoß gegen die Bestimmung des § 43 ABGB. auch dadurch nichts geändert, daß der Beklagte der Verlagsbezeichnung die Worte "Dr. Franz G." beifügt. Auch dann kann noch immer bei den Lesern der Erzeugnisse des Verlages des Beklagten der Eindruck des Bestandes von ideellen oder wirtschaftlichen Beziehungen des Verlages zur Familie Sch. erweckt werden, etwa daß der Beklagte der Nachfolger eines ehemals der Familie Sch. gehörigen Verlages ist oder daß ein Gesellschaftsverhältnis zwischen dem Beklagten und einem Namensträger Sch. besteht.

Aus diesen Gründen war in Abänderung des angefochtenen Urteils der Klage stattzugeben, wobei lediglich dem Urteilsspruch eine präzisere Fassung zu geben war.

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