OGH 6Ob47/62

OGH6Ob47/627.2.1962

SZ 35/21

Normen

Flurverfassungsgrundsatzgesetz 1951. (BGBl) 1951. Nr. 103, §34
Flurverfassungs-Landesgesetz - Burgenland §34
JN §1
Flurverfassungsgrundsatzgesetz 1951. (BGBl) 1951. Nr. 103, §34
Flurverfassungs-Landesgesetz - Burgenland §34
JN §1

 

Spruch:

Erst durch einen formellen Bescheid der Agrarbehörde über die Einleitung eines Teilungsverfahrens entsteht die Zuständigkeit der Agrarbehörde für sonst den Gerichten vorbehaltene Verfahren.

Entscheidung vom 7. Februar 1962, 6 Ob 47/62.

I. Instanz: Landesgericht Eisenstadt; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Übergabe von Anteilen an einer Agrargemeinschaft, die der Beklagten bücherlich zugeschrieben sind, nach den Klagsbehauptungen jedoch der Klägerin zustehen. Hilfsweise begehrt sie die Übergabe des im Zuge der Naturalteilung der Beklagten zukommenden Grundstückes. In der Klage brachte sie u.

a. vor, daß die Agraranteile bzw. die agrargemeinschaftlichen Grundstücke in der Natur bereits geteilt seien, das Verfahren vor der zuständigen Agrarbehörde jedoch noch nicht beendet sei.

Die Beklagte erhob bei der ersten Tagsatzung die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges, weil nach dem Burgenländischen Flurverfassungs-Landesgesetz vom 27. Juni 1950, LGBl. f. d. Burgenland Nr. 4/1951 (FLG. 1950), die Zuständigkeit über Eigentumsstreitigkeiten an Agraranteilen der Agrarbehörde zukomme.

Das Erstgericht sprach die Nichtigkeit des Verfahrens ab Klagszustellung aus und wies die Klage zurück. Es verwies auf § 34

(3) des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes 1951, BGBl. Nr. 103 (FGG. 1951), wonach, von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmefällen abgesehen, die Agrarbehörde von der Einleitung bis zum Schluß des Verfahrens für die Verhandlung und Entscheidung über alle rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse zuständig sei, die im Zuge der Teilung in die agrarische Operation einbezogen werden müssen.

Infolge Rekurses der Klägerin ändert das Rekursgericht den erstgerichtlichen Beschluß im Sinne der Abweisung der erhobenen Einrede ab und trug dem Erstgericht auf, das Verfahren fortzusetzen. Nach § 34 (1) FGG. 1951 sei die Eindeutung eines Zusammenlegungs-, Teilungs- oder Regulierungsverfahrens durch formellen Bescheid auszusprechen. Ein solcher sei jedoch gegenständlich noch nicht ergangen; der Umstand allein, daß ein Teilungsverfahren bei der Agrarbehörde anhängig gemacht worden sei, reiche nicht aus, um die Unzulässigkeit des Rechtsweges zu begrunden.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der beklagten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Beklagte rügt, daß sich das Rekursgericht zur Begründung seiner Ansicht, es wäre zunächst festzustellen gewesen, ob ein Einleitungsbescheid ergangen sei, zu Unrecht auf die Bestimmung des § 34 (1) FGG. 1951 berufen habe, weil das FLG. 1950 eine der genannten Bestimmung gleiche Vorschrift nicht enthalte. Die Beklagte versucht, unter Hinweis auf die §§ 58, 60, 73 und 84 FLG. 1950 darzutun, daß nach burgenländischem Landesrecht schon ein Parteienantrag an die Agrarbehörde genüge, um die gerichtliche Zuständigkeit auszuschließen. Richtig ist nun, daß § 7 FLG. 1950 nur die Einleitung des Zusammenlegungsverfahrens durch Bescheid ausdrücklich anordnet. Daß aber auch ungeachtet des Fehlens einer diesbezüglichen ausdrücklichen Anordnung des Gesetzes nicht nur das Zusammenlegungsverfahren durch Bescheid der Agrarbehörde einzuleiten ist, ergibt sich schon aus § 8 FLG. 1950 (Verbindung der Zusammenlegung mit einer Teilung oder Regelung), dessen Abs. 2 die bescheidmäßige Einleitung des Verfahrens regelt, insbesondere aber aus § 90 FLG. 1950, wonach der Eintritt der Rechtskraft des Bescheides über die Einleitung eines Zusammenlegungs-, Teilungs- oder Regelungsverfahrens ... in der Ortsgemeinde kundzumachen und den namentlich angeführten Behörden mitzuteilen ist. Den Bestimmungen des FLG. 1950 kann sohin eine abweichende Regelung von der Grundsatzbestimmung des § 34 (1) FGG. 1951, wonach auch im Teilungsverfahren die Einleitung sowie der Abschluß des Verfahrens durch Bescheid auszusprechen ist, nicht entnommen werden. Daß es sich hier um einen formellen Bescheid handeln muß, ergibt sich schon aus der im Abs. 3 des § 34 FGG. 1951 von der Einleitung bis zum Abschluß des Verfahrens statuierten Zuständigkeit der Agrarbehörde für die Verhandlung und Entscheidung über alle tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die zum Zwecke der Teilung in die agrarische Operation einbezogen werden müssen. Da mit Einleitung des Verfahrens die Zuständigkeit der Behörden ausgeschlossen ist, in deren Wirkungsbereich die Angelegenheiten sonst gehören würden, so auch die gerichtliche Zuständigkeit, bedarf es schon aus diesem Gründe der Erlassung eines formellen Einleitungsbescheides. Daß aber ein solcher formeller Bescheid seitens der Agrarbehörde bisher nicht erlassen wurde, kann dem beiliegenden Akte des Amtes der Burgenländischen Landesregierung eindeutig entnommen werden, dessen Inhalt erkennen läßt, daß auf Grund des Antrages auf Aufteilung der agrargemeinschaftlichen Grundstücke erst vorbereitende Schritte eingeleitet wurden. Da sohin ein Teilungsverfahren bisher nicht eingeleitet wurde, steht die Bestimmung des § 34 (3) FGG. 1951 der Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes zur Entscheidung über die vorliegende Klage nicht entgegen. Eine außerhalb eines Teilungsverfahrens von der Agrarbehörde gemäß § 35 FGG. 1951 zu treffende Entscheidung könnte aber nur die Feststellung der Teilgenossen und ihrer Anteilsrechte somit eine Vorfrage des geltend gemachten Leistungsanspruches zum Gegenstand haben, so daß auch unter Bedachtnahme auf die letztzitierte Gesetzesstelle der Zulässigkeit des Rechtsweges kein Hindernis entgegensteht.

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