OGH 6Ob17/62

OGH6Ob17/6218.1.1962

SZ 35/8

Normen

ABGB §1191
ABGB §1191

 

Spruch:

Hat ein Gesellschafter durch das schädigende Verhalten eines anderen Gesellschafters den Ausfall eines ihm sonst zugekommenen Gewinnes erlitten, ist er berechtigt, die Leistung des Ersatzes an sich selbst zu verlangen.

Entscheidung vom 18. Jänner 1962, 6 Ob 17/62.

I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Der Kläger begehrt vom Beklagten aus dem Titel des Schadenersatzes die Zahlung eines Betrages von 58.800 S.

Das Erstgericht erkannte mit Zwischenurteil zu Recht, daß der Klagsanspruch dem Gründe nach zu Recht bestehe. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei Folge, hob die Urteile der Vorinstanzen auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung und Verhandlung an das Erstgericht zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Nach den Feststellungen der Untergerichte hatte der Beklagte zum Ankauf von zunächst 5000 Stück Puderdosen zum Zwecke der Weiterveräußerung in der Schweiz 90.000 S gegen einen ihm vom Kläger garantierten Gewinn von 27.000 S zur Verfügung zu stellen. Jeder der Vertragsteile hatte dem Lieferanten eine Anzahlung von 5000 S zu leisten. Für den Absatz in der Schweiz hatte der Kläger zu sorgen. Die Vertragsteile haben also ihre Mühe und ihre Sachen zu einem gemeinschaftlichen Nutzen vereinigt (§ 1175 ABGB.). Daß der Beklagte am Verlust nicht beteiligt sein sollte, ihm vielmehr ein bestimmter Mindestgewinn garantiert war, spricht nicht gegen eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes und etwa für ein partiarisches Darlehen. Denn der Beklagte hatte ja nicht als Geldgeber des Klägers im Hintergrund zu bleiben, sondern sich selbst durch die Leistung einer Anzahlung dem Lieferanten der Ware gegenüber persönlich zu verpflichten. Da jedoch der Beklagte die zugesagte Anzahlung nicht leistete, verweigerte die Lieferfirma die Lieferung und der Kläger mußte sich zur einverständlichen Stornierung des Geschäftes gegen Verfall der von ihm geleisteten Anzahlung von 5000 S verstehen. Darüber hinaus sind ihm durch die zum Zwecke der Veräußerung der Ware notwendige Reise in die Schweiz Auslagen erwachsen. Hat der Kläger tatsächlich, wie er behauptet, durch das schädigende Verhalten des Beklagten einen Gewinnausfall erlitten, der sonst nicht eingetreten wäre, ist er berechtigt, die Leistung des Ersatzes an sich selbst zu verlangen (Wahle in Klang[2] V S. 617 bei § 1191 ABGB. unter 1). Der Kläger gibt in der Klage eine detaillierte Schadensberechnung.

Daß das vertragswidrige Verhalten des Mitgesellschafters des Klägers einen Schaden herbeiführen konnte, bedarf keiner weiteren Erörterung. Daß die Möglichkeit des Schadenseintrittes durch dieses Verhalten gegeben ist (Kausalität), ist - geht man von den Feststellungen der Untergerichte aus - klar. Aber das genügt nicht, die Schadenersatzforderung mit der Begründung zu bejahen, daß ja jedenfalls die Anzahlung des Klägers verfallen sei und dem Kläger Reiseauslagen entstanden seien. Denn die Reiseauslagen waren nach der getroffenen Vereinbarung, die eine Verlustbeteiligung des Beklagten ausschloß, ja diesem einen Gewinn von 27.000 S garantierte, vom Beklagten ebensowenig zu tragen, wie er zum Ersatz der vom Kläger geleisteten Anzahlung von 5000 S verpflichtet ist. Nach der vom Kläger vorgenommenen konkreten Schadensberechnung kann der Beklagte, der durch sein schadenstiftendes Verhalten den Gesellschaftszweck - d. i. den gemeinsamen Abschluß und die Ausführung des Exportgeschäftes - vereitelt hat, nur zur Leistung des ausgefallenen, dem Kläger ansonsten bei Absatz der 5000 Stück Puderdosen in der Schweiz zugekommenen Gewinnes verhalten werden. Anders ausgedrückt, der Schaden des Klägers kann nicht größer sein als der Gewinn, den der Kläger bei Ausführung des Geschäftes erzielt hätte. Es ist daher vom in der Schweiz im Falle der Geschäftsausführung erzielten Kaufpreis der für die Ware zu zahlende Kaufpreis - dazu gehören auch die bereits geleisteten Anzahlungen - und sodann sämtliche Spesen - wie Reisekosten, Zollgebühren, Frachtkosten usw. - in Abzug zu bringen. Erst das, was dann verbleibt, ist der Gewinn, von dem als dem Beklagten garantiert ein Betrag von 27.000 S abzurechnen ist. Was sodann erübrigt, ist der auf den Kläger entfallende Gewinn, der als durch das Verhalten des Beklagten vereitelt, dem Kläger zu ersetzen wäre.

Da also noch nicht feststeht, ob dem Kläger überhaupt ein Betrag aus dem Titel des Schadenersatzes gebührt, ist die Sache auch dem Gründe nach nicht spruchreif, und es waren deshalb die Urteile der Untergerichte aufzuheben.

Abschließend sei noch bemerkt: Es ist richtig, daß ohne Feststellung des Mitverschuldens eine Entscheidung dem Gründe nach nicht zulässig ist (vgl. SZ. XXI 70), aber dies nur dann, wenn ein solches Mitverschulden in erster Instanz eingewendet wurde, was hier nicht zutrifft. Bei Fällung seiner neuerlichen Entscheidung wird das Erstgericht zu überlegen haben, ob die Fällung eines Zwischenurteils zweckmäßig - prozeßökonomisch - ist.

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