Normen
Güter- und Seilwege-Grundsatzgesetz 1951 §6
JN §1
Güter- und Seilwege-Grundsatzgesetz 1951 §6
JN §1
Spruch:
Zur Entscheidung über die im § 6 des Güter- und Seilwege-Grundsatzgesetzes 1951, BGBl. Nr. 103, bezeichneten Entschädigungsansprüche sind die ordentlichen Gerichte berufen, wenn diese Ansprüche aus privatrechtlichen Vereinbarungen abgeleitet werden.
Entscheidung vom 6. Dezember 1961, 5 Ob 360/61.
I. Instanz: Bezirksgericht Kötschach; II. Instanz: Landesgericht Klagenfurt.
Text
In der Klage wird vorgebracht, die Agrarbezirksbehörde V. habe der beklagten Partei auf Grundstücken des Klägers ein landwirtschaftliches Bringungsrecht als Grunddienstbarkeit eingeräumt und dem Kläger einen Entschädigungsbetrag von zusammen 9000 S zuerkannt. Die Entscheidung über die Entschädigung für die durch den Wegbau verursachten Schäden am Waldbestand und für die Zuwachsverluste sei der Ermittlung durch einen Forstsachverständigen der zuständigen Bezirksforstinspektion vorbehalten worden. Der Kläger habe gegen den Bescheid bezüglich der Entschädigungsfrage die Berufung erhoben. In der Berufungsverhandlung am 1. Juni 1956 in K. sei es zu einem Vergleich gekommen. Der Kläger habe die Berufung zurückgezogen, und die beklagte Partei habe sich zur Leistung einer Pauschalabfindung für die Überlassung des für die Anlage des Güterweges erforderlichen Gründes und Bodens im Betrag von 19.000 S verpflichtet. Weiter sei vereinbart worden, die Forstschäden, die durch die Sprengarbeiten und durch die Bauarbeiten in der Waldparzelle entstunden, würden vom Forstsachverständigen der Landwirtschaftskammer geschätzt und dem Kläger gesondert vergütet. Am 19. Mai 1958 habe der Amtssachverständige der Agrarbezirksbehörde V. die Forstschäden auf 5000 S geschätzt, und diesen Betrag habe der Kläger am 7. November 1960 erhalten. Er sei jedoch mit diesem Gutachten nicht zufrieden gewesen, und die Verhandlungen seien fortgesetzt worden. Am 9. November 1960 sei vereinbart worden, der Kläger solle zur Ermittlung des Forstschadens einen privaten Schätzmann bestellen, dessen Gutachten von beiden Teilen anerkannt werde. Die Sachverständigengebühr sei zur Hälfte zu tragen. Der Kläger habe im Sinne dieser Vereinbarung Dipl.-Ing. Josef E. mit der Ermittlung des Forstschadens beauftragt, und dieser habe ihn mit 11.800 S festgestellt. Der Kläger verlangt von der beklagten Partei die Zahlung dieses Betrages zuzüglich der halben Sachverständigengebühr von 250 S, zusammen 12.050 S, abzüglich der erhaltenen Zahlung von 5000 S, sohin des Restbetrages von 7050 S samt 4% Zinsen seit dein 31. Jänner 1961.
Das Erstgericht erkannte mit Versäumungsurteil gemäß dem Klagebegehren. Der Wiedereinsetzungsantrag der beklagten Partei wurde rechtskräftig abgewiesen.
Infolge der Berufung der beklagten Partei hob das Berufungsgericht das Versäumungsurteil und das vorangegangene Verfahren als nichtig auf und wies die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges mit Berufung auf die Bestimmungen der §§ 6 und 16 des Güter- und Seilwege-Grundsatzgesetzes 1951, BGBl. Nr. 103, zurück.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs des Klägers Folge und hob den Beschluß des Berufungsgerichtes auf.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
§ 6 des zitierten Grundsatzgesetzes gibt dem Eigentümer des zu belastenden Gutes im Falle der Einräumung eines landwirtschaftlichen Bringungsrechtes als Grunddienstbarkeit den Anspruch auf eine angemessene Entschädigung für die mit der Einräumung des Bringungsrechtes verbundene Wertminderung des Gutes. § 16 des Gesetzes bestimmt, daß die Agrarbehörden auch über die im § 6 des Gesetzes bezeichneten Entschädigungsansprüche zu erkennen haben. Unter Wertminderung oder Entschädigungsansprüchen sind alle mit der Einräumung des Bringungsrechtes verbundenen Vermögensnachteile des Eigentümers zu verstecken, also auch die vom Kläger behaupteten Schäden am Waldbestande. Der Kläger macht gegen die Ansicht des Berufungsgerichtes, für den Anspruch sei der Rechtsweg nicht zulässig, geltend, das Übereinkommen vom 1. Juni 1956 und die Vereinbarung vom 9. November 1960 stellten einen Vergleich im Sinne des § 1380 ABGB. dar; dadurch sei es zu einer Änderung des Rechtsgrundes gekommen, so daß das ordentliche Gericht über die daraus abgeleiteten Ansprüche zu entscheiden habe.
Der Kläger macht mit seiner Klage keinen Anspruch auf Grund des § 6 des erwähnten Grundsatzgesetzes geltend, für den der ordentliche Rechtsweg ausgeschlossen wäre, sondern stützt seinen Anspruch auf den Ausspruch des Schätzmannes in Verbindung mit den vorangegangenen Vereinbarungen, also auf privatrechtliche Rechtstitel, so daß über die daraus abgeleiteten Ansprüche die ordentlichen Gerichte zu entscheiden haben. Ob eine Novation (§§ 1376, 1377, 1380 ABGB.) vorliegt, ob die Vereinbarung der Bestellung eines Schiedsmannes in der vom Kläger behaupteten Art wirksam getroffen werden kann (vgl. ZBl. 1923 Nr. 42) oder ein unzulässiger Beweisvertrag (Klang 1. Aufl. II/2 S, 979; GlUNF. 3221, 6631) abgeschlossen wurde, sind Fragen des materiellen Rechtes, über die nur die Gerichte und nicht die Verwaltungsbehörden entscheiden können.
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