Spruch:
Die Lebensgefährtin behält den Anspruch auf Entlohnung für Dienste, die sie nur in Erwartung eines späteren Entgeltes vorläufig unentgeltlich geleistet hat, auch dann, wenn die Lebensgemeinschaft aus ihrem Verschulden aufgehoben wird. Höhe der Entlohnung.
Entscheidung vom 7. November 1961, 4 Ob 125/61.
I. Instanz: Arbeitsgericht Wien; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Die Klägerin hat vom Beklagten die Zahlung von 54.098 S 50 g als angemessenes Entgelt für erbrachte Dienstleistungen verlangt. Sie hat vorgebracht, daß sie sich auf Grund einer Zeitungsannonce beim Beklagten gemeldet und nach Rücksprache mit diesem ihre Wohnung aufgegeben habe, um beim Beklagten einen Hauswartposten antreten zu können. Der Beklagte habe die Klägerin durch Vertrag vom 2. April 1950 nicht nur zu Hauswartsarbeiten, sondern auch zu Dienstleistungen in seiner Wohnung und zu Gartenarbeiten verpflichtet. Hiebei sei ausdrücklich vereinbart worden, daß die über den Mietwert hinausgehenden Arbeiten separat vergütet würden. Der Beklagte habe ihr jedoch kein Entgelt geleistet, sondern nach Beginn der Arbeiten erklärt, er werde die Klägerin und ihre beiden Kinder letztwillig bedenken. Tatsächlich habe er damals in einem Testament die Klägerin allein und in einem späteren Testament vom 1. November 1955 die Klägerin zur Hälfte und ihre beiden Kinder je zu einem Viertel letztwillig zu Erben seines Vermögens eingesetzt. Nunmehr habe der Beklagte mit Notariatsakt die Hälfte seines Vermögens an andere Personen verschenkt und das Hausbesorgerdienstverhältnis zur Auflösung gebracht. Die Klägerin begehrt daher für ihre in der Zeit vom 1. April 1950 bis 30. Oktober 1958 geleisteten Dienste im Haushalt des Beklagten ein Entgelt nach dem jeweiligen Mindestlohntarif plus Urlaubszuschuß und Weihnachtsremuneration sowie die Ernährungszulage für 1957 bis 1958, insgesamt den Betrag von 54.098 S 50 g.
Der Beklagte hat eingewendet, daß die Klägerin mit ihren beiden Kindern bei ihm gewohnt habe und bis Dezember 1956 seine Lebensgefährtin gewesen sei. Er habe fallweise auf ihr Verlangen für die gemeinsame Haushaltsführung Geld hergegeben. Die Errichtung des von der Klägerin behaupteten Testamentes werde nicht bestritten, doch sei das letzte Testament außer Kraft gesetzt worden, weil die Klägerin Beziehungen zu einem Gendarmen habe. Sie habe überdies jahrelang als Ortsvertreterin einer Versicherungsanstalt gearbeitet.
Mit Urteil vom 24. September 1959 hat das Erstgericht der Klägerin den Betrag von 44.860 S s. A. zugesprochen, das Begehren auf Zahlung weiterer 9238 S 50 g s. A. abgewiesen. Dieses Urteil erwuchs in seinem abweisenden Teil in Rechtskraft. Infolge Berufung des Beklagten wurde dieses Urteil jedoch in seinem stattgebenden Teil wegen Feststellungsmängeln aufgehoben und die Rechtssache an das Erstgericht zur Ergänzung des Verfahrens und zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.
Nach Verfahrensergänzung hat das Erstgericht mit Urteil vom 14. September 1960 der Klägerin wieder den Betrag von 44.860 S s. A. zuerkannt, das Mehrbegehren hingegen abermals abgewiesen.
Infolge neuerlicher Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht mit seinem Beschluß bzw. Urteil vom 13. Februar 1961 das Urteil des Erstgerichtes, soweit es sich auf die Abweisung des Mehrbegehrens bezog, als nichtig aufgehoben, im übrigen aber der Berufung teilweise Folge gegeben und der Klägerin nur den Betrag von 41.709 S 33 g s. A. zugesprochen, das weitere Mehrbegehren von 3116 S 67 g (richtig 3150 S 67 g) s. A. aber abgewiesen. Der Ausspruch über die teilweise Nichtigkeit des Ersturteils erfolgte, weil die Abweisung des Mehrbegehrens hinsichtlich eines Betrages von 9238 S 50 g schon wegen Nichtanfechtung des ersten Urteils vom 24. September 1959 in Rechtskraft erwachsen war.
Die Untergerichte haben festgestellt, daß zwischen den Streitteilen am 2. April 1950 ein schriftlicher Vertrag geschlossen wurde, wonach der Beklagte der Klägerin eine in seinem Hause befindliche Wohnung als Hausbesorgerwohnung zur Verfügung gestellt habe und wonach darüber hinausgehende Arbeitsleistungen separat vergütet werden sollten. Außerdem wurde festgestellt, daß der Beklagte etwa einen Monat früher der Klägerin zugesagt habe, sie werde auf Grund einer letztwilligen Anordnung seinen Besitz bekommen, sie möge ihm daher den Haushalt führen. Die Klägerin habe zwar keine Hausbesorgerarbeiten verrichtet, jedoch dem Beklagten den ganzen Haushalt einschließlich des Kochens, Waschens und Aufräumens der Wohnung geführt. Es sei auch zwischen den Streitteilen zu intimen Beziehungen oder zumindest zu Versuchen von solchen gekommen. Die Klägerin habe sich seit März 1957 in der im gleichen Haus befindlichen Wohnung ihrer Tochter aufgehalten, habe aber noch bis März 1958 dem Beklagten alle hauswirtschaftlichen Arbeiten besorgt. Im April 1958 habe die Klägerin erfahren, daß der Beklagte vier Zehntel seines Besitzes grundbücherlich an ein Kind seiner Verwandten übertragen habe. Die Klägerin habe die Haushaltsarbeiten ausschließlich allein gemacht und auch im Garten des Beklagten gearbeitet. Sie habe dem Beklagten regelmäßig auch die Haare geschnitten und die turnusweise auf den Beklagten entfallenden Reinigungsarbeiten des Hauses gemacht. Die Mitarbeit des Beklagten im Haushalt habe sich im wesentlichen darauf beschränkt, daß er den Kindern fallweise das von der Klägerin vorbereitete Essen wärmte oder auch einfache Mahlzeiten (Grießkoch) herstellte, insbesondere wenn die Klägerin Inkassogänge machte. Die gemeinsam verzehrten Lebensmittel seien zum Teil vom Beklagten, zum Teil von der Klägerin bezahlt worden. Daß die Klägerin über größere, die gewöhnlich für den Haushalt notwendigen Ausgaben überschreitende Einnahmen des Beklagten verfügte, daß sie insbesondere mit Obst und Eiern unkontrolliert gewirtschaftet habe, sei nicht erwiesen. Die von der Klägerin in den letzten Jahren ihrer Lebensgemeinschaft mit dem Beklagten ausgeübte Tätigkeit für eine Versicherungsgesellschaft habe sie durchschnittlich im Monat einen ganzen Tag und etwa achtmal nachmittags und abends in Anspruch genommen.
Zur Rechtsrüge haben die Untergerichte ausgeführt, daß eine Vereinbarung, wonach sich die Klägerin während der Zeit der Lebensgemeinschaft zu unentgeltlichen Dienstleistungen dem Beklagten gegenüber verpflichtet hätte, nicht erwiesen sei; vielmehr ergebe sich aus dem Versprechen einer letztwilligen Zuwendung, daß die Klägerin für ihre Arbeitsleistungen im Rahmen der Lebensgemeinschaft nur deswegen kein Entgelt begehrte, weil sie und ihre Kinder letztwillig bedacht werden sollten und sie darin ihre Entlohnung sah. Von einer Unentgeltlichkeit der Dienstleistung könne daher nicht die Rede sein. Die Lebensgefährtin habe für ihre Tätigkeit im Rahmen einer Lebensgemeinschaft nur dann Anspruch auf Entlohnung, wenn eine solche ausdrücklich vereinbart sei. Gehe man davon aus, daß zwischen den Streitteilen ein entgeltlicher Dienstvertrag abgeschlossen und Unentgeltlichkeit in der Folge nicht vereinbart wurde, dann habe die Klägerin im Zeitpunkt der Unwirksamkeit des zu ihren Gunsten errichteten Testamentes Anspruch auf Entlohnung, und zwar auf ein angemessenes Entgelt gemäß § 1152 ABGB. Die Verjährungsfrist für Entgeltsansprüche beginne in einem Fall wie dem vorliegenden erst von dem Zeitpunkt an zu laufen, in welchem die Dienstnehmerin erfahre, daß ihre Hoffnung auf letztwillige Bedenkung getäuscht worden sei. Dies sei der Klägerin erst im Jahre 1958 zur Kenntnis gelangt. Es könne daher die Verjährungsfrist des an die Stelle der letztwilligen Zuwendung tretenden Lohnanspruches für ihre Dienstleistungen erst ab diesem Zeitpunkt in Lauf gesetzt werden. Die Klägerin müsse sich aber, so meinte das Berufungsgericht im Gegensatz zum Erstgericht, einen Abzug für jene Zeiten gefallen lassen, die sie für Inkassogänge verwendet habe. Aus diesem Grund hat das Berufungsgericht der Klägerin um 3116 S 67 g (richtig 3150 S 67 g) weniger zugesprochen als das Erstgericht.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten teilweise Folge, sprach der Klägerin 10.000 S zu und wies ihr Mehrbegehren von 31.709 S 33 g ab.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Ausführungen des Beklagten in der Rechtsrüge über die Beweislastverteilung gehen im vorliegenden Fall ins Leere, weil die Untergerichte festgestellt haben, daß ursprünglich zwischen den Parteien ausdrücklich ein entgeltlicher Dienstvertrag geschlossen wurde, und weil sie festgestellt haben, daß der Beklagte nach einem Monat der Klägerin auf deren Frage, ob sie für ihre Arbeit nicht ein Entgelt bekomme, erklärte, er sehe, daß sie brav arbeite, und daß der Beklagte damals der Klägerin ein eigenhändig geschriebenes Testament übergab. Darin setzte er sie zur Erbin seines ganzen Vermögens ein. Ferner wurde festgestellt, daß der Beklagte der Klägerin im November 1955 neuerlich ein Testament übergeben habe, in dem er sie und ihre Kinder als Erben einsetzte. Damit steht eindeutig fest, daß trotz der zwischen den Streitteilen bestandenen Lebensgemeinschaft der Beklagte der Klägerin ein Entgelt für ihre Arbeitsleistungen zugesagt hat. Die Rechtsansicht der Untergerichte entspricht der nunmehr seit langem einhelligen Rechtsprechung (vgl. insbesondere SZ. XXVII 156 und die dort angeführten Entscheidungen), wonach die Lebensgefährtin zwar grundsätzlich keinen Anspruch auf Entgelt für die im Rahmen der Lebensgemeinschaft erbrachten Leistungen hat, daß ihr aber ein solcher Anspruch dann zusteht, wenn Entgeltlichkeit nach Absicht beider Teile bedungen war. Die Zusage des Beklagten an die Klägerin, ihr seine Liegenschaft zu vererben, stellt eine solche eindeutige Zusage eines Entgeltes dar.
Auch die Frage, ab wann die Verjährungszeit zu laufen beginnt, haben die Untergerichte richtig gelöst. Der Anspruch auf Barentlohnung wegen Nichteinhaltung der Zusage der letztwilligen Bedenkung kann nicht früher existent werden als in dem Zeitpunkt, in dem feststeht, daß die Zusage nicht eingehalten wird oder eingehalten werden kann, das ist im vorliegenden Fall der Zeitpunkt, in dem der Beklagte vier Zehntel seiner Liegenschaft einer dritten Person geschenkt hat (vgl. SZ. XXVII 147). Von dieser ständigen Rechtsprechung abzugehen, besteht kein Anlaß.
Die Revision ist auch insofern nicht begrundet, als sie rügt, daß die Untergerichte nicht auf die Einwendung des Beklagten, die Klägerin habe selbst die Auflösung der Lebensgemeinschaft dadurch verschuldet, daß sie Beziehungen mit einem anderen Mann aufnahm, eingegangen sind. Der Oberste Gerichtshof hat wohl in seiner Entscheidung ZBl. 1935 Nr. 10 die Rechtsansicht vertreten, daß der ausbedungene Anspruch auf Entgelt für Arbeiten im Rahmen einer Lebensgemeinschaft erlösche, wenn die Lebensgefährtin selbst Schuld daran trage, daß die Gemeinschaft aufgelöst wurde. Er hat dies mit dem Hinweis darauf begrundet, daß bei gegenteiliger Rechtsansicht die Lebensgefährtin besser gestellt wäre als die Ehefrau, die während der Ehe einen Lohnanspruch nicht erheben und im Fall der Scheidung der Ehe aus ihrem Verschulden auch keinen Unterhaltsanspruch für die Zukunft geltend machen könne. Dieser Rechtsansicht ist der Oberste Gerichtshof in den Entscheidungen SZ. XXII 122 und ArbSlg. 5857 ohne nähere Begründung gefolgt.
Der Oberste Gerichtshof kann seine in der Entscheidung ZBl. 1935 Nr. 10 vertretene Rechtsansicht aus folgenden Überlegungen nicht aufrechterhalten:
Durch die Eingehung einer Lebensgemeinschaft entsteht ein familienrechtliches Verhältnis minderer Art. Die Stellung der Lebensgefährtin in diesem Rechtsverhältnis ist in mancher Hinsicht ähnlich der Stellung der Ehegattin, so daß sich auch die Rechte und Pflichten der Lebensgefährtin mit jenen der Ehegattin vergleichen lassen. Bei einem solchen Vergleich ergibt sich schon aus der Natur der beiden Rechtsverhältnisse, daß die Stellung der Lebensgefährtin nicht besser sein kann als die Stellung der Ehefrau. Hat die Ehegattin während der Ehe grundsätzlich keinen Lohnanspruch für ihre Tätigkeit, so kann ein solcher Anspruch auch der Lebensgefährtin grundsätzlich nicht zustehen. In diesem Fall entstehen bei Auflösung der Lebensgemeinschaft keine Probleme wegen des allfälligen Verschuldens des einen oder anderen Teiles an der Auflösung, weil ohnehin kein Anspruch auf eine Entlohnung für geleistete Dienste besteht.
Ist zwischen den Lebensgefährten nach Absicht beider Teile Entgeltlichkeit der Leistungen des einen Teiles ausdrücklich oder stillschweigend bedungen so wird das "eheähnliche" Verhältnis ergänzt durch eine Art von dienstrechtlichem Verhältnis (vgl. ArbSlg. 6100, 5819). Daher billigt die Rechtsprechung - wie bereits erwähnt - der Lebensgefährtin in diesem Fall einhellig einen Entlohnungsanspruch zu. Daß dieser Anspruch - außer von der ausdrücklichen oder stillschweigenden Vereinbarung der Entgeltlichkeit - auch noch davon abhängig sein soll, daß die Lebensgefährtin die Aufhebung der Lebensgemeinschaft nicht verschuldet hat, ist mit dem dienstrechtlichen Charakter des Rechtsverhältnisses der Lebensgefährtin unvereinbar und aus der "Eheähnlichkeit" des Rechtsverhältnisses nicht abzuleiten. So wie der Dienstnehmer auch bei Auflösung des Dienstverhältnisses aus seinem Verschulden seinen Anspruch auf Entlohnung für bereits geleistete Dienste nicht verliert, muß auch der Lebensgefährtin zugebilligt werden, daß sie für ihre bereits geleisteten Dienste, die sie nur in Erwartung eines späteren Entgeltes vorläufig unentgeltlich geleistet hat, den Anspruch auf angemessene Entlohnung behält, selbst wenn die Lebensgemeinschaft aus ihrem Verschulden aufgehoben wurde. Der Hinweis, daß die Lebensgefährtin dadurch besser gestellt wäre als die Ehegattin, hält einer Überprüfung nicht stand.
Auch einem Ehegatten kann durch besondere Vereinbarung ein Anspruch auf Entlohnung zukommen, der bei Auflösung der Ehe aus seinem Verschulden nicht erlischt, soweit es sich um die Entlohnung für bereits geleistete Dienste handelt (vgl. auch Schellander, Der quasi-Arbeitsvertrag, ÖJZ. 1957 S. 144 ff.). Daß die Ehegattin bei einer Scheidung aus ihrem Verschulden für die Zukunft keinen Unterhaltsanspruch geltend machen kann, hat nichts mit der Frage zu tun, ob Ansprüche auf Entlohnung für die Vergangenheit bestehen bleiben oder erlöschen. Für die Zukunft kann die Lebensgefährtin ohnehin auch keine Ansprüche gegenüber dem anderen Teil erheben. Sie verliert den Anspruch auf die ihr in Aussicht gestellte spätere Gegenleistung; für ihre bereits geleisteten Dienste ist sie aber angemessen (ZBl. 1935 Nr. 11) zu entschädigen. Es ist auch rechtlich nicht zu vertreten, daß die Lebensgefährtin trotz der Zusage einer künftigen Entschädigung jahrelang, unter Umständen jahrzehntelang, unentgeltlich ihre Dienste leisten und dabei ständig gewärtig sein soll, trotz der Vereinbarung eines Entgeltes dessen verlustig zu werden, wenn sie sich etwas zuschulden kommen läßt. Der Entlohnungsanspruch der Lebensgefährtin aus einer in Aussicht gestellten künftigen Gegenleistung ist zwar betagt, aber im Normalfall nicht bedingt. Würde der Entlohnungsanspruch der Lebensgefährtin in jedem Fall von der Bedingung abhängig gemacht, daß sie die Auflösung der Gemeinschaft nicht verschuldet habe, so führte dies dazu, daß in jedem Verfahren über einen Entlohnungsanspruch der Lebensgefährtin analog einem Scheidungsprozeß über das beiderseitige Verschulden an der Aufhebung der Gemeinschaft entschieden werden müßte. Da es sich bei dem Entlohnungsanspruch der Lebensgefährtin aber um einen Anspruch für bereits geleistete Dienste und nicht um einen Anspruch auf Unterhalt für die Zukunft handelt, kann ein solches Verfahren aus dem "eheähnlichen" Verhältnis der Lebensgefährten heraus nicht begrundet werden. Gerade die Möglichkeit, eine bloße Lebensgemeinschaft jederzeit auch ohne Grund wieder auflösen zu können, spricht gegen die Untersuchung des beiderseitigen Verschuldens an der Aufhebung der Gemeinschaft und für den unbedingten Anspruch auf Entlohnung. Auch kann bei der Vereinbarung eines Entgeltes in welcher Form immer den Parteien nicht grundsätzlich die Absicht unterschoben werden, daß sie den Entlohnungsanspruch nur als bedingten Anspruch vereinbaren wollten. Das Erlöschen des Entlohnungsanspruches unter gewissen Voraussetzungen müßte vielmehr ausdrücklich vereinbart sein und eine solche Vereinbarung im Prozeß behauptet und bewiesen werden. Schließlich ist nicht einzusehen, warum der Lebensgefährte, dem eine spätere Entlohnung in Aussicht gestellt wird, schlechter behandelt werden sollte als der Lebensgefährte, dem die vereinbarte Entlohnung fortlaufend gezahlt wurde. Wird im ersteren Fall bei Verschulden des anderen Teiles der Versprechende von jeder Leistungspflicht befreit, so müßte ihm im letzteren Fall konsequenterweise ein Rückforderungsanspruch zuerkannt werden, wenn der andere Teil die Auflösung der Gemeinschaft verschuldet hat. Auch hier zeigt sich, daß der auf Vereinbarung beruhende Anspruch auf Entlohnung des einen Lebensgefährten grundsätzlich nicht von der Bedingung abhängen kann, daß dieser an der Auflösung der Gemeinschaft schuldlos ist.
Auch ein Recht des einseitigen Widerrufes der gemachten Zusagen wegen groben Undankes oder dgl. kann dein einen Teil nicht zugebilligt werden, weil das vereinbarte Entgelt nicht den Charakter einer Schenkung hat, wie sich dies schon aus dem Begriff des Entgeltes ergibt.
Aus diesen Überlegungen folgt also, daß der Anspruch auf Entlohnung für bereits geleistete Dienste nicht durch ein späteres Verschulden der Lebensgefährtin (des Lebensgefährten) an der Auflösung der Gemeinschaft erlischt.
Dennoch ist die Revision begrundet.
Da der Beklagte unrichtige rechtliche Beurteilung geltend macht, ist der Oberste Gerichtshof in der Lage und verpflichtet, die Rechtssache in jeder Hinsicht rechtlich zu überprüfen. Es erscheint bedenklich, bei Berechnung des angemessenen Entgeltes (vgl. hiezu ZBl. 1935 Nr. 11) im vorliegenden Fall vom Mindestlohn für Hausgehilfen auszugehen. Nach der Aktenlage bezog der Beklagte im Jahr 1959 664 S und im Jahr 1961 732 S monatlich an Invalidenrente und ein Einkommen aus dem Grundbesitz von monatlich 107 S. Daß es dem Beklagten bei diesen Einkommensverhältnissen nicht möglich sein werde, den Mindestlohntarif für Hausgehilfen nebst gesetzlichen Naturalleistungen für eine Hausgehilfin zu erbringen, mußte beiden Teilen klar sein. Die Klägerin hat sich ja auch nicht eine Barentlohnung in der Höhe des Mindestlohnes einer Hausgehilfin ausbedungen, ja überhaupt keine Barentlohnung verlangt, sondern sich mit der Aussicht zufrieden gegeben, nach dem Tod des Beklagten dessen Besitz zu erben. Beide Teile mußten sich aber auch darüber im klaren sein, daß die von der Klägerin dem Beklagten mit Rücksicht auf die Größe der Wohnung und des Haushaltes zu erbringenden Leistungen in einer kürzeren Zeit als der Normalarbeitszeit einer Hausgehilfin bewältigt werden konnten (vgl. 4 Ob 138, 161/60). Schließlich kann das Rechtsverhältnis der Klägerin zum Beklagten unter Bedachtnahme auf alle oben angeführten Umstände auch nicht als das Dienstverhältnis einer Hausgehilfin angesehen werden. Der Mindestlohntarif für Hausgehilfen ist daher im gegenständlichen Fall unanwendbar.
Bei Bedachtnahme auf alle oben angeführten Umstände erscheint dem Obersten Gerichtshof unter Anwendung der Bestimmung des § 273 ZPO. ein Gesamtbarentgelt der Klägerin von 10.000 S im Sinne des § 1152 ABGB. als angemessen. Dieser Betrag war der Klägerin zuzusprechen, ihr Mehrbegehren abzuweisen und das angefochtene Urteil dementsprechend abzuändern.
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