Spruch:
Ein Urteil, mit dem einer Klage auf Bestreitung der ehelichen Geburt oder auf Feststellung der Unwirksamkeit einer Legitimation stattgegeben wird, wirkt zurück und beseitigt die Rechtsfolge der Vermutung der Vaterschaft.
Der Mann, der bisher als ehelicher Vater gegolten hat, kann auf Unzulässigkeit der Exekution zur Hereinbringung des Unterhaltes für die Zeit vor Rechtskraft des Urteiles im Bestreitungsprozeß klagen.
Entscheidung vom 22. Februar 1961, 3 Ob 74/61.
I. Instanz: Exekutionsgericht Wien; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Der Beklagte wurde am 21. März 1949 von Hedwig G. außer der Ehe geboren. In der Folge heiratete der Kläger die Kindesmutter und anerkannte die Vaterschaft zum Beklagten, worauf die hiedurch eingetretene Legitimation durch Beischreibung im Geburtenbuch beurkundet wurde. Mit Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 10. Juni 1960, 26 Cg 412/59-19, wurde festgestellt, daß der Beklagte nicht aus der Ehe des Klägers mit der Kindesmutter stammt und daß die Legitimation unwirksam ist.
Der Beklagte führt gegen den Kläger zu 16 E 7657/60 des Exekutionsgerichtes Wien Zwangsvollstreckung zur Hereinbringung des Betrages von 8136 S 66 g an Unterhaltsrückständen.
Der Kläger beantragt, diese Exekution für unzulässig zu erklären, weil er zufolge des Urteiles im Bestreitungsprozeß nicht unterhaltspflichtig sei.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.
Das Berufungsgericht hob das Ersturteil unter Vorbehalt der Rechtskraft mit dem angefochtenen Beschluß auf und ging hiebei von nachstehenden Erwägungen aus: Ein Ehemann, für dessen Vaterschaft die Vermutung des § 138 ABGB. gelte, sei so lange zur Unterhaltsleistung für das Kind heranzuziehen, bis der Bestreitungsklage rechtskräftig stattgegeben werde. Dies müsse auch zutreffen, wenn ein Kind durch nachfolgende Ehe legitimiert wird. Wenn daher auch das Urteil die eheliche Stellung des Minderjährigen rückwirkend beseitige, so erlösche die Unterhaltspflicht doch erst mit der Rechtskraft der Entscheidung. Das Berufungsgericht hielt es daher noch für erforderlich, festzustellen, ob nicht der Beklagte durch die Hinnahme der Einstellung einer früheren Exekution auf jede weitere Führung einer Zwangsvollstreckung verzichtet habe.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der klagenden Partei Folge, hob den angefochtenen Beschluß auf und verwies die Rechtssache an das Berufungsgericht zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Das Berufungsgericht vertritt selbst den Standpunkt, daß ein Urteil, mit dem festgestellt ist, daß ein Kind, das bisher als ehelich gegolten hat, nicht aus der Ehe des Klägers mit der Kindesmutter stamme, rückwirkende Kraft hat (SZ. XXIX 69 u. a.). Daraus ergibt sich auch, daß der Scheinvater in Wirklichkeit niemals unterhaltspflichtig war. Die zweite Instanz mißversteht die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes JBl. 1951 S. 135, auf die sie sich beruft. Dort wird nichts anderes zum Ausdruck gebracht, als daß, solange das Urteil im Bestreitungsprozeß nicht in Rechtskraft erwachsen ist, der Mann, der gemäß § 138 ABGB. als Vater gilt, zur Unterhaltsleistung heranzuziehen ist. Diese Rechtsfolge tritt ein, weil früher nicht festgestellt ist, daß das Kind nicht von ihm stammt, und nicht etwa deshalb, weil er an und für sich verpflichtet wäre, bis zur Rechtskraft des Urteiles im Bestreitungsprozeß Unterhalt zu zahlen. Die von ihm bis zu dem Zeitpunkt erbrachten Leistungen erfolgten zu Unrecht, was nur erst nach Rechtskraft des Urteiles bekannt wird.
Das Berufungsgericht verweist darauf, daß ein Kind nicht für die Dauer des Bestreitungsprozesses ohne Unterhaltsmittel bleiben könne. Im vorliegenden Fall wird jedoch ein Unterhaltsbetrag für einen vergangenen Zeitraum begehrt; es wäre ohne weiteres möglich, diesen Betrag vom Erzeuger des Kindes gemäß § 1042 ABGB. hereinzubringen. Der Anspruch des Beklagten auf Leistung des Unterhaltes ist daher auch für die Zeit vor Fällung und Rechtskraft des Urteiles im Bestreitungsprozeß erloschen. Daraus ergibt sich, daß es der vom Berufungsgericht vermißten Feststellungen und Beweiserhebungen nicht bedarf und die Sache zur Entscheidung spruchreif ist.
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