Normen
Allgemeines Sozialversicherungsgesetz §175 Abs2 Z3
Allgemeines Sozialversicherungsgesetz §175 Abs2 Z3
Spruch:
Ein Verkehrsunfall auf einer Geschäftsreise des Dienstgebers mit einem PKW. ist für den ihn auf sein Verlangen begleitenden Dienstnehmer ein Arbeitsunfall im Sinne des § 175 Abs. 2 Z. 3 ASVG.
Entscheidung vom 6. Dezember 1960, 4 Ob 145/60.
I. Instanz: Arbeitsgericht Leoben; II. Instanz: Kreisgericht Leoben.
Text
Die Klägerin war als Kanzleikraft beim Beklagten, einem Wirtschaftstreuhänder und Steuerberater, angestellt. Als die Klägerin am 15. Jänner 1957 mit dem Beklagten in dessen PKW. von L. nach G. mitfuhr, wurde sie bei einem Verkehrsunfall, der vom Beklagten fahrlässig verursacht wurde und zu seiner strafgerichtlichen Verurteilung führte, schwer verletzt. Die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt hat mit Bescheid vom 18. September 1957 den Unfall der Klägerin als Arbeitsunfall anerkannt und ihr für die Zeit vom 1. Juli 1957 bis 31. Jänner 1958 eine Teilrente zugesprochen. Ihre gegen diesen Bescheid beim Schiedsgericht der Sozialversicherung erhobene Klage, in der sie neben dessen Aufhebung die Feststellung begehrte, daß der Unfall kein Arbeitsunfall sei, wurde nach meritorischer Abweisung durch das Schiedsgericht der Sozialversicherung für Steiermark vom Oberlandesgericht Wien unter Aufhebung des Verfahrens wegen Nichtigkeit mangels Zuständigkeit und Rechtsschutzinteresse zurückgewiesen. Eine von der Klägerin beim Kreisgericht Leoben gegen den Beklagten wegen des Unfalls eingebrachte Schadenersatzklage wurde von diesem Gericht wegen Unzuständigkeit zurückgewiesen und die Zuständigkeit des Arbeitsgerichtes Leoben ausgesprochen.
Mit der vorliegenden, beim Arbeitsgericht Leoben eingebrachten Klage begehrt sie die Verurteilung des Beklagten zur Leistung eines Betrages von 22.724 S 70 g s. A., und zwar 20.000 S an Schmerzengeld und 2724 S 70 g an Verdienstentgang.
Das Erstgericht wies die Klage ab, weil es sich um einen Arbeitsunfall gehandelt habe und demnach die Haftung des Beklagten gemäß § 333 Abs. 1 ASVG. ausgeschlossen sei. Es stellte fest, daß die Fahrt von L. nach G. und somit auch der Unfall während der Dienstzeit der Klägerin stattfand und daß schon am Vortag der Beklagte mit einem Klienten vereinbart hatte, daß er diesen zur Erledigung geschäftlicher Angelegenheiten am nächsten Tag (Unfallstag) in G. aufsuchen werde, wobei die Mitfahrt der Klägerin vorgesehen war.
Das Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Urteil.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Das Berufungsgericht hat zutreffend auf die Bestimmung des § 175 Abs. 2 Z. 3 ASVG. hingewiesen, wonach Arbeitsunfälle im Sinne des Gesetzes auch Unfälle sind, die sich bei häuslichen oder anderen Tätigkeiten ereignen, zu denen der Versicherte durch den Dienstgeber oder dessen Beauftragten herangezogen wird.
Der Beklagte hat nun am Unfallstag die Klägerin auch nach ihrer Darstellung aufgefordert, mit ihm in seinem PKW. nach G. mitzufahren, um allenfalls die Lenkung des Wagens übernehmen zu können, weil er sich krank fühlte. Die Klägerin ist dieser Aufforderung nachgekommen. Es kann dahingestellt bleiben, ob sie zur Mitfahrt verpflichtet war. Sie hat sich aber zu einer "anderen Tätigkeit" im Sinne der vorgenannten Gesetzesstelle vom Dienstgeber heranziehen lassen, bei der sich schließlich der Unfall ereignete. Der Unfall gilt daher als Arbeitsunfall im Sinne des § 175 Abs. 2 Z. 3 ASVG.
Gemäß § 333 Abs. 1 ASVG. hat der Dienstgeber, der den Arbeitsunfall verursacht hat, nur bei vorsätzlicher Schadenszufügung zu haften. Es bleibt daher nur noch zu prüfen, ob, wie die Klägerin behauptet, die Ausnahmebestimmung des § 833 Abs. 3 ASVG. zur Anwendung zu kommen hat, weil der Arbeitsunfall bei der Teilnahme am allgemeinen Verkehr durch ein Verkehrsmittel eingetreten ist, für dessen Betrieb auf Grund gesetzlicher Vorschrift eine erhöhte Haftpflicht besteht. Hiezu kann aber auf die ständige Rechtsprechung (SZ. XXXI 145, SZ. XXV 129 u. a.) verwiesen werden, wonach die Bestimmung des § 338 Abs. 3 ASVG. nicht eingreift, wenn der Unfall bei Ausübung des Dienstes durch ein vom Dienstgeber zur Verfügung gestelltes, nicht öffentliches Verkehrsmittel eingetreten ist.
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