OGH 2Ob70/60

OGH2Ob70/6020.5.1960

SZ 33/58

Normen

ZPO §17
ZPO §17

 

Spruch:

Kein rechtliches Interesse des Nebenintervenienten, dessen Hauptforderung bezahlt wurde.

Entscheidung vom 20. Mai 1960, 2 Ob 70/60.

I. Instanz: Oberlandesgericht Graz.

Text

Im vorliegenden Schadenersatzprozeß ist die S.-Gebietskrankenkasse für Arbeiter und Angestellte bereits im Verfahren erster Instanz auf der Seite der klagenden Partei als Nebenintervenientin dem Rechtsstreit beigetreten. Sie hat ihr rechtliches Interesse damit begrundet, daß der Kläger bei ihr versichert sei und sie für die Wiederherstellung seiner Gesundheit 7460 S 40 g aufgewendet habe. Gemäß den gesetzlichen Bestimmungen sei der Schadenersatzanspruch des Klägers im Rahmen der von ihr geleisteten Zahlung auf sie übergegangen. Gegen den Beklagten seien bisher vergeblich außergerichtlich Ansprüche gestellt worden.

Das Erstgericht fällte ein Zwischenurteil.

Die von beiden Parteien erhobenen Berufungen wurden dem Berufungsgericht vorgelegt. In der mündlichen Berufungsverhandlung sprach sich der Beklagte gegen die Weiterbelassung der Nebenintervenientin mit der Begründung aus, daß ihre Ansprüche befriedigt worden seien. Die Nebenintervenientin gab dies als richtig zu, verwies jedoch darauf, daß die ihr entstandenen Prozeßkosten noch nicht bezahlt worden seien.

Das Berufungsgericht verhandelte über die Frage der Nebenintervention gesondert und faßte den Beschluß, die Nebenintervenientin aus dem Verfahren auszuschließen. Durch die Befriedigung ihres Anspruches sei das rechtliche Interesse weggefallen. Das Interesse an, einer günstigen Kostenentscheidung sei lediglich ein wirtschaftliches und berechtige sie nicht zur weiteren Beteiligung.

Gegen den Beschluß des Berufungsgerichtes richtet sich der Rekurs der Nebenintervenientin. Sie beantragt, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß der Antrag des Beklagten, die Nebenintervention nicht mehr zuzulassen, abgewiesen werde.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der Nebenintervenientin nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Rekurs ist zulässig. Er ist durch § 519 ZPO. nicht ausgeschlossen. Bei dem angefochtenen Beschluß handelt es sich nicht um einen im Berufungsverfahren zur Erledigung der Berufung gefaßten Beschluß, sondern um eine aus Anlaß des Berufungsverfahrens ergangene Entscheidung, deren Anfechtung durch eine gesetzliche Bestimmung nicht ausgeschlossen ist (s. auch ZBl. 1929 Nr. 22;

ferner Novak, Zur Tragweite des § 519 ZPO., JBl. 1953 S. 62 ff.;

Fasching, Kommentar zu den Zivilprozeßgesetzen, II S. 219 f. Anm.6, 9).

Da der Beklagte den Antrag auf Zurückweisung der Nebenintervention erst im Berufungsverfahren gestellt hat, hatte das Berufungsgericht nach mündlicher Verhandlung darüber zu beschließen. Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes SZ. X 180, wonach über den Antrag auf Zurückweisung der Nebenintervention in jeder Lage des Verfahrens das Prozeßgericht zu entscheiden habe, ist durch die spätere Rechtsprechung (RiZ. 1958 S. 59) überholt. Danach ist selbst vom Obersten Gerichtshof über die Zulässigkeit einer Nebenintervention zu entscheiden, wenn der Beitritt erst im Revisionsverfahren erfolgt (s. auch Fasching a. a. O. S. 217 f. Anm.3).

Der Rekurs ist auch sachlich nicht gerechtfertigt. Den Ausführungen der Nebenintervenientin kann nicht gefolgt werden. Die Nebenintervention stellt wegen der Kostenfolgen (§ 41 Abs. 1 ZPO.) eine Belastung für den Gegner der Partei dar, der sich der Nebenintervenient angeschlossen hat. Andererseits ist der Nebenintervenient nur in Ausnahmsfällen zum Kostenersatz verpflichtet. Es ist daher bei der Zulassung einer Nebenintervention ein strenger Maßstab anzulegen. In diesem Fall steht nun fest, daß die Hauptforderung der Nebenintervenientin bereits bezahlt worden ist. Damit ist ihr rechtliches Interesse weggefallen. Das Interesse an der Kostenentscheidung ist, wie schon das Berufungsgericht richtig angenommen hat, nur mehr ein wirtschaftliches. Dieses ist aber nicht ausreichend für die Zulassung oder Aufrechterhaltung der Nebenintervention.

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