OGH 6Ob226/59

OGH6Ob226/5910.9.1959

SZ 32/103

Normen

ABGB §364c
ABGB §364c

 

Spruch:

Wenn der aus einem bücherlichen Veräußerungs- und Belastungsverbot Berechtigte der Belastung der Liegenschaft zustimmt, gilt er im Zweifel als auch der Verwertung der Liegenschaft durch Verkauf zustimmend.

Entscheidung vom 10. September 1959, 6 Ob 226/59.

I. Instanz: Landesgericht Klagenfurt; II. Instanz: Oberlandesgericht Graz.

Text

Der Beklagte war vom Kläger mit der bücherlichen Sicherstellung eines vom Kläger dem Franz B. laut Schuldschein vom 27. Oktober 1951 gewährten Darlehens im Betrag von 12.000 S s. A. beauftragt, und zwar auf der dem Franz S. gehörigen Liegenschaft EZ. 98 Grundbuch F., auf der das Belastungs- und Veräußerungsverbot der minderjährigen Kinder des genannten Eigentümers Franz S. jun. und Hermine S. einverleibt war. Hermine S. war laut Beschluß des Bezirksgerichtes Ferlach vom 5. April 1951, P 80/34-5, mit Genehmigung des Pflegschaftsgerichtes aus der väterlichen Gewalt entlassen worden und hatte noch am gleichen Tag vor ihrem ehemaligen Pflegschaftsgericht zu Protokoll erklärt, ihre Zustimmung zur grundbücherlichen Sicherstellung eines von ihrem Vater aufzunehmenden Darlehens von 20.000 S zu geben. Das Bezirksgericht Ferlach hatte dann mit Beschluß vom 17. April 1951, P 80/34-8, dem durch den Beklagten vertretenen Franz S. sen. die pflegschaftsbehördliche Genehmigung erteilt, ein Darlehen von 20.000 S auf der genannten Liegenschaft sicherstellen zu lassen. Zufolge des am 7. November 1951, TZ. 556, eingelangten Gesuches wurde auf Grund des oben erwähnten Schuldscheines vom 27. Oktober 1951 und der oben erwähnten pflegschaftsbehördlichen Genehmigung vom 17. April 1951 auf der Liegenschaft EZ. 98 Grundbuch F. das Pfandrecht für die Forderung des Klägers im Betrag von 12.000 S s. A. einverleibt. Ein zu E 43/53 des Bezirksgerichtes Ferlach gestellter, die genannte Liegenschaft betreffender Zwangsversteigerungsantrag des Klägers wurde wegen des auf der Liegenschaft haftenden Veräußerungsverbotes abgewiesen, da die Vernehmung der eigenberechtigten Verbotsberechtigten Hermine S. durch ihr ehemaliges Pflegschaftsgericht ihre rechtsgeschäftliche Zustimmung zu der Pfandrechtseintragung nicht habe ersetzen können und die Bewilligung der Pfandrechtseinverleibung der Hermine S. nicht zugestellt worden sei, gegen sie somit nicht in Rechtskraft habe erwachsen können. Ein zweites Darlehen im Betrag von 15.000 S zur Ermöglichung einer Holzlieferung an das Magnesitwerk R. hat der Kläger dem Franz S. sen. ohne Sicherstellung lediglich auf die Zusicherung des ihm als Rechtsanwalt bekannten Beklagten gewährt, "daß die Rückzahlung des Darlehens vollkommen sicher sei, zumal der Beklagte das Geschäft mit dem Magnesitwerk mache, und daß der Kläger die Darlehensvaluta beim Beklagten wieder abholen könne". Diesen Darlehensbetrag hat der Kläger dem Beklagten am 10. April 1952 ausgefolgt. Der am 20. Februar 1957 über das Vermögen des Franz S. sen. eröffnete Konkurs wurde am 13. September 1957 mangels Deckung der Kosten des Verfahrens aufgehoben. Zuzüglich Zinsen und Kosten haften vom ersten Darlehen noch 13.356 S 59 g samt 10% Zinsen aus 12.000 S seit 1. Juli 1952, vom zweiten Darlehen noch 18.732 S 63 g samt 4% Zinsen aus 15.000 S seit 29. April 1953 aus.

Das Erstgericht verurteilte den Beklagten zur Zahlung dieser aushaftenden Beträge an den Kläger. Der Beklagte habe den dem Kläger durch das Uneinbringlichwerden seiner Forderungen entstandenen Schaden durch die mangelhafte bücherliche Sicherung des ersten Darlehens und durch eine sachlich unbegrundete Zusicherung hinsichtlich des zweiten Darlehens schuldhaft verursacht.

Über Berufung des Beklagten bestätigte das Berufungsgericht - wie das Erstgericht vom eingangs dargestellten Sachverhalt ausgehend - das erstgerichtliche Urteil. Hinsichtlich des zweiten Darlehens läßt das Berufungsgericht dahingestellt, ob eine Erfolgsgarantie im Sinne des § 880a ABGB. seitens des Beklagten vorliege. Jedenfalls hafte der Beklagte als Darlehensvermittler, weil er den Kläger ohne genügende Sachkenntnis durch bestimmte Tatsachenbehauptungen zur Darlehenshingabe veranlaßt habe.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten teilweise Folge, bestätigte das Urteil hinsichtlich eines Betrages von 18.732 S 63 g s. A., hob die Urteile der Vorinstanzen in Ansehung der übrigen Aussprüche auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung im Umfang der Aufhebung auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Dem Berufungsgericht ist darin beizupflichten, daß der an den Beklagten erteilte Auftrag zur bücherlichen Sicherstellung des ersten Darlehens nicht anders verstanden werden konnte als dahin, daß für den Kläger als den Gläubiger auch die Möglichkeit der Befriedigung aus der Pfandsache gewährleistet sein müsse, weil darin der Sinn und Zweck des Pfandrechtes gelegen ist. Hermine S. konnte nach ihrer Entlassung aus der väterlichen Gewalt der Belastung der väterlichen Liegenschaft zustimmen. Hat sie diese Zustimmung erteilt, war sie im Zweifel als auch der Verwertung der Liegenschaft durch Verkauf zustimmend anzusehen, weil es nach § 447 ABGB. zum Wesen des Pfandrechtes gehört, daß der Gläubiger die Befriedigung aus der Pfandsache verlangen kann (SZ. XV 17; die vom grundbuchsrechtlichen Standpunkt aus gefällte Entscheidung EvBl. 1957 Nr. 414 steht dem nicht entgegen). Nun steht allerdings fest, daß der Beklagte pflichtwidrig versäumt hat, seinem Antrag auf Pfandrechtseinverleibung eine einverleibungsfähige Urkunde über die Zustimmung der Hermine S. anzuschließen, und es ist dem Berufungsgericht auch beizustimmen, daß die in der Pflegschaftssache ihres Bruders von Hermine S. zu Protokoll gegebene, allgemein gehaltene Zustimmungserklärung eine solche Urkunde nicht ersetzen und die trotz des Gesuchsmangels erfolgte Bewilligung der Pfandrechtseinverleibung den Beklagten von allfälligen nachteiligen Folgen seines Versäumnisses nicht befreien konnte. Das Revisionsgericht kann aber der offenbaren Ansicht der Untergerichte nicht beitreten, daß - selbst wenn die Pfandrechtseinverleibung in Rechtskraft erwachsen ist (rechtskräftig werden sollte) - durch den erwähnten Mangel des Grundbuchsgesuches des Beklagten das Befriedigungsrecht des Klägers in bezug auf die verpfändete Liegenschaft für immer verlorengegangen ist. Denn es ist nicht festgestellt, daß Hermine S. ihre Zustimmung nicht auch in verbindlicher Form erteilt hat. Hat sie sie aber in verbindlicher Form erteilt, kann allenfalls urteilsmäßig festgestellt werden, daß das für sie eingetragene Belastungs- und Veräußerungsverbot der Versteigerung der Liegenschaft nicht entgegensteht. In diesem Punkt erscheint das Verfahren ergänzungsbedürftig, da wegen in dieser Hinsicht unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache der maßgebende Sachverhalt noch nicht festgestellt erscheint. Es wird daher zunächst zu klären sein, ob die Pfandrechtseintragung rechtskräftig geworden ist (rechtskräftig werden wird), ferner - bejahendenfalls - ob Hermine S. wirksam ihre Zustimmung zur Belastung der Liegenschaft erteilt hat und ob dies in einer die Versteigerung der Liegenschaft ermöglichenden Form festgestellt werden kann.

Was das zweite Darlehen anlangt, kann die dem Kläger gegenüber abgegebene Erklärung des Beklagten nach der Übung des redlichen Verkehrs nur dahin verstanden werden, daß der Beklagte dem Kläger zu seiner Beruhigung bezüglich der Rückzahlung versprochen hat, daß er, der Beklagte, selbst das Geschäft mit dem Magnesitwerk (für welches Geschäft das Darlehen benötigt und gegeben wurde) abwickeln werde, so daß der Kläger sein Geld bei ihm (dem Beklagten) wieder beheben könne, was die weitere Zusage in sich schließt, der Kläger könne sich auf den Beklagten verlassen, daß dieser das Geld nicht ohne genügende Sicherung (etwa durch Frachtdokumente o. dgl.) aus der Hand geben werde. Dem Beklagten wäre nach § 1298 ABGB. obgelegen, zu beweisen, daß er ohne sein Verschulden an der Einhaltung dieser Zusage verhindert worden sei. Da er nicht bestreiten kann, daß er dem S. vertraut und ihm das Geld ohne Sicherung der Rückzahlung ausgefolgt hat, kommt ein solcher Beweis nicht in Frage.

Dafür, daß die vom Kläger übergebenen Beträge nicht Darlehen im Sinne des § 983 ABGB. gewesen sind, finden sich in den untergerichtlichen Feststellungen keine Anhaltspunkte.

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