Normen
Einführungsgesetz zur Zivilprozeßordnung ArtXLII.
Einführungsgesetz zur Zivilprozeßordnung ArtXLII.
Spruch:
Die Klage nach dem ersten Fall des Art. XLII EGZPO. kann nicht dazu verwendet werden, um einzelne für die Bezifferung eines Schadens maßgebende Umstände zu erfahren.
Entscheidung vom 24. September 1958, 1 Ob 372/58.
I. Instanz: Bezirksgericht St. Johann im Pongau; II. Instanz:
Landesgericht Salzburg.
Text
Die klägerische Brauerei begehrte, den Beklagten, einen Gastwirt, schuldig zu erkennen, unter Vorlage eines Verzeichnisses des von ihm in der Zeit vom 4. August 1956 bis 3. August 1957 auf seiner Absatzstätte zum Ausschank gebrachten Bieres anzugeben, was in diesem Zeitraum insgesamt an Bier ausgeschenkt wurde, und einen Eid dahin zu leisten, daß seine Angaben richtig und vollständig seien. Der Beklagte habe dem zwischen ihm und der Klägerin geschlossenen Bierlieferungsvertrag durch den Abschluß eines solchen Vertrages mit der S. Brauerei zuwidergehandelt, sei der Klägerin deshalb zur vollen Genugtuung verpflichtet und müsse daher zur Feststellung der Höhe der Genugtuung das Ausmaß seines Bierausstoßes eidlich angeben.
Das Erstgericht wies die Klage ab, da eine Bekanntgabeverpflichtung des Beklagten nicht bestehe und er auch nichts verschwiegen oder verheimlicht habe (Art. XLII EGZPO.).
Infolge Berufung der Klägerin änderte das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß der Klage stattgegeben wurde. Es führte aus, es handle sich um einen zwischen den Parteien am 17. Dezember 1953 geschlossenen Krediteinräumungsvertrag, verbunden mit einem Bierlieferungsvertrag. Der kombinierte Vertrag sei wirksam. Da der Beklagte trotz seiner vertraglichen Bindung zur Klägerin mit einer anderen Brauerei die Bierlieferung ausgemacht habe, stehe jener gegen den Beklagten ein Schadenersatzanspruch zu; die Klägerin habe ein Interesse zu erfahren, wie hoch der Bierumsatz des Beklagten im Jahre vor der Einbringung der Klage gewesen sei.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten Folge und stellte das erstgerichtliche Urteil wieder her.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Nach dem Klagevorbringen macht die Klägerin den ersten Fall des Art. XLII EGZPO. geltend, nach dem jeder, der nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes ein Vermögen oder Schulden anzugeben verpflichtet ist, verhalten werden kann, allenfalls unter Vorlage eines Verzeichnisses des Vermögens oder der Schulden anzugeben, was ihm von diesem Vermögen oder den Schulden bekannt ist, und einen Eid dahin zu leisten, daß seine Angaben richtig und vollständig sind. Hier handelt es sich um die Aufdeckung der Höhe des Bierausstoßes des Beklagten in der Zeit vom 4. August 1956 bis 3. August 1957, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, nach dem Ausmaß des Ausstoßes auszurechnen, wieviel Bier aus ihrer Brauerei vermutlich ausgeschenkt worden und welcher Gewinn ihr aus dem Absatz des Bieres beim Beklagten zugeflossen wäre. Die Klägerin will mit ihrer Klage nicht die Angabe eines Vermögens oder von Schulden erwirken, sondern eine bloße Tatsache erfahren, die die Grundlage für die Berechnung des von ihr behaupteten Schadens abgeben soll. Vom ersten Fall des Art. XLII EGZPO. könnte etwa dann gesprochen werden, wenn das Ausmaß des Gewinnes des Beklagten aus dem Bierausstoß klargestellt werden sollte, weil die Klägerin am Gewinn rechtlich interessiert wäre. Dann könnte aus der zugrunde liegenden privatrechtlichen Beziehung der Beteiligten möglicherweise eine auf eine Vorschrift des bürgerlichen Rechtes zurückgehende Pflicht zur eidlichen Angabe angenommen werden. Im vorliegenden Fall braucht aber auf die Rechtsbeziehungen der Streitteile aus der behaupteten Vertragsverletzung des Beklagten nicht eingegangen zu werden, weil das Klagebegehren keinesfalls dem Art. XLII EGZPO. unterstellt werden könnte. Die Klägerin will sich dieser Klage nämlich nur zu dem Zweck bedienen, um einzelne für die Bezifferung ihres behaupteten Schadens maßgebende Umstände zu erfahren. Eine privatrechtliche Auskunftspflicht des Schädigers besteht in dieser Richtung nicht (zu weitgehend SZ. XIV 19, Rspr. 1936 Nr. 138, SZ. XXII 58 und DREvBl. 1942 Nr. 57, die eine ausreichende Begründung aus dem Gesetz nicht geben; dagegen SZ. XXIII 190, SZ. XXVI 25, 3 Ob 304/56, 1 Ob 251/56), und es muß dem Geschädigten überlassen bleiben, im Schadenersatzprozeß das Ausmaß des Bierausstoßes des Beklagten etwa durch einen Sachverständigen feststellen zu lassen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)