Spruch:
Der Wechselschuldner kann mit einer auch nicht mit dem Grundgeschäft im Zusammenhang stehenden Forderung gegenüber jenem Gläubiger aufrechnen, gegen den sich seine Gegenforderung richtet.
Entscheidung vom 12. März 1958, 1 Ob 109/58.
I. Instanz: Kreisgericht Korneuburg; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.
Text
Mit den Wechselzahlungsaufträgen vom 13. Juni 1956, 2 a Cg 234/56 und 2 a Cg 235/56, wurde dem Beklagten als Akzeptanten aufgetragen, dem Kläger die Wechselsummen von 17.000 S und 18.000 S samt Zinsen auf Grund der beiden Wechsel vom 2. Juni 1954 zu zahlen.
Der Beklagte hat in seinen Einwendungen gegen diese Wechselzahlungsaufträge vorgebracht, die gegenständlichen Wechsel seien zwei von insgesamt 10 Blankowechseln, die der Beklagte zur Sicherung eines Kaufpreises angenommen habe. Dabei handle es sich um einen Kaufvertrag vom 13. Jänner 1954, mit welchem der Beklagte vom Kläger dessen Fuhrwerksunternehmen samt Kundenstock, Inventar sowie drei Kraftwagen um zusammen 112.000 S gekauft habe. Der Kaufpreis sei später um 30.000 S auf 82.000 S ermäßigt worden. Der Beklagte habe darauf Zahlungen von insgesamt 39.052 S 80 g geleistet und habe weiters Gegenforderungen im Gesamtbetrage von 84.165 S 69 g, wodurch der Kaufpreis nicht nur zur Gänze bezahlt sei, sondern eine Überzahlung von 41.218 S 49 g resultiere.
Mit dem Kaufvertrag vom 2. Juni 1954 habe der Beklagte vom Kläger auch ein Superädifikat erworben. Der Kaufpreis sei mit 35.600 S im Vertrag angeführt, betrage in Wahrheit jedoch nur 26.000 S. Dieser Kaufpreis sei durch Wechsel nicht gedeckt. Der Kläger dürfe daher für einen allenfalls aushaftenden Kaufpreisrest für dieses Bauwerk keine Wechsel verwenden. Überdies ergebe sich folgende Verrechnung:
Kaufpreis ............................................ 26.000 S 00
g, Überzahlung aus dem Kaufvertrag vom 13. Jänner 1954 .. 41.218 S
49 g, -------------- daher eigenes Guthaben
............................... 15.218 S 49 g.
Das Erstgericht hielt die Wechselzahlungsaufträge aufrecht. Es stellte fest, daß sich die gegenständlichen Wechsel ausschließlich auf den Kaufpreis für das Superädifikat in der Höhe von 35.000 S bezögen und mit den übrigen Wechseln, die den Kaufpreis für das Fuhrwerksunternehmen betreffen, in keinem Zusammenhang stunden. Die Einwendungen des Beklagten hätten aber nur auf den Kaufvertrag vom 13. Jänner 1954 über das Unternehmen als Grundgeschäft Bezug.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Es übernahm die Feststellung, daß der Kaufpreis für das Superädifikat nicht 26.000 S, sondern 35.000 S betragen habe, und billigte auch die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei Folge, hob die urteile zweiter und erster Instanz auf und verwies die Rechtssache an das Erstgericht zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Berechtigung kommt der Rechtsrüge insoweit zu, als sie sich gegen die rechtliche Beurteilung der Untergerichte wendet, daß nur solche Einwendungen zu berücksichtigen seien, die mit dem Grundgeschäft im Zusammenhang stehen.
Dieser Ansicht kann nicht uneingeschränkt beigepflichtet werden. Der Wechselschuldner kann mit einer auch nicht mit dem Grundgeschäft im Zusammenhang stehenden Forderung gegenüber jenem Gläubiger aufrechnen, gegen den sich seine Gegenforderung richtet (Staub - Stranz, Kommentar zum WG., 13. Aufl. S. 236 Art. 17 Anm. 21). Wenn sich daher auch die eingeklagten Wechsel nicht auf das Kaufgeschäft vom 13. Jänner 1954 beziehen, so wäre doch gegen die Klagsforderung die Kompensation mit einer aus diesem Geschäft zustehenden Forderung des Beklagten zulässig. Da die behaupteten Gegenforderungen auch die von den Untergerichten festgestellte Kaufpreisforderung übersteigen, sind sie zu berücksichtigen. Allerdings hat der Beklagte dieselben Gegenforderungen auch gegen den Wechselzahlungsauftrag im Verfahren 2 a Cg 143/56 des Erstgerichtes eingewendet. Dieses Verfahren ist aber noch nicht beendet. Da aber nach den Behauptungen des Beklagten seine Gegenforderungen unter Berücksichtigung der geleisteten Zahlungen beide Wechselforderungen übersteigen, ist die mehrfache Aufrechnung zulässig. Sollte dies doch nicht zutreffen, so müßten bei Aufrechnung mit mehreren Hauptforderungen die Regeln der §§ 1415, 1416 ABGB. angewendet werden.
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