OGH 3Ob650/56

OGH3Ob650/5630.1.1957

SZ 30/8

Normen

ABGB §843
ABGB §1090
ABGB §1175
ABGB §1182
ABGB §1215
ABGB §843
ABGB §1090
ABGB §1175
ABGB §1182
ABGB §1215

 

Spruch:

Einbringung eines Bestandrechtes in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes.

Teilung nach Beendigung der Gesellschaft.

Entscheidung vom 30. Jänner 1957, 3 Ob 650/56.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Die beiden Streitteile, Bruder und Schwester, haben am 28. September 1937 in Form eines Gedächtnisprotokolles einen schriftlichen Vertrag geschlossen, wonach sie sich zum Betriebe eines Detailhandels mit Wäsche, Textil- und Wirkwaren in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes mit dem Sitze in Wien 16, H.-Platz 8, vereinigten. Dieser Gesellschaftsvertrag wurde zwischen den Streitteilen schriftlich mit 31. Dezember 1953 aufgekundigt.

Die Schwester begehrt mit der vorliegenden Klage die gerichtliche Teilung des Gesellschaftsvermögens. Zur Begründung führt sie aus, daß durch den Gesellschaftsvertrag im Punkte 10 wohl die Kündigungsfrist geregelt, jedoch nicht festgelegt worden sei, wer von den beiden Gesellschaftern, die nach dem Vertrag vollkommen gleichberechtigt seien, im Falle einer Aufkündigung oder Auflösung des Vertrages das Unternehmen weiterführen solle bzw. könne. Da somit der Vertrag keine Bestimmungen enthalte, in welcher Art und Weise die Auseinandersetzung zu erfolgen habe, hätten die Bestimmungen des bürgerlichen Gesetzbuches, die im Falle der Aufhebung einer Gemeinschaft grundsätzlich Naturalteilung vorsähen, zur Anwendung zu kommen.

Das Erstgericht erkannte auf Teilung des Gesellschaftsvermögens.

Das Berufungsgericht wies in Abänderung dieses Urteiles das Teilungsbegehren ab.

Der Oberste Gerichtshof hob die Urteile der Vorinstanzen auf und führte aus:

Bei einer reinen Innengesellschaft, bei der nach außen hin ein Gesellschaftsverhältnis nicht in Erscheinung trete, sei im Zweifel anzunehmen, daß der Innengesellschafter im Falle der Auflösung der Gesellschaft mit Geld abzufinden sei. Diese Rechtsfolge trete aber dann nicht ein, wenn die zum Betrieb des gemeinsamen Unternehmens gehörenden Vermögensgegenstände, der Hauptstamm der Gesellschaft, nach dem Gesellschaftsvertrag den Gesellschaftern, wenn auch nur im Innenverhältnis, nach bestimmten Anteilsquoten gemeinsam sein sollten. Eine derartige Regelung sei jedoch im Punkt 3 des Gedächtnisprotokolles vom 28. September 1937 ausdrücklich getroffen worden. Der Vertragswille der Streitteile sei in dieser Richtung klar erkennbar, obwohl die dort vorgesehene Übertragung der körperlichen Sachen und Rechte des Unternehmens "jeweils nach Einbringung zur Hälfte an die Klägerin in einer nach außen erkennbaren Weise" weder erforderlich noch rechtlich möglich sei, weil das Gesellschaftsvermögen, solange die Gesellschaft bestehe, dieser und nicht den Gesellschaftern gehöre. Daher wandle sich die Gesellschaft bei ihrer Auflösung in eine einfache Gemeinschaft nach dem 16. Hauptstück des zweiten Teiles des ABGB. um, die fortdauere, bis auch sie durch Natural- oder Zivilteilung ihr Ende finde. Die am Hauptstamm der Gesellschaft zur Hälfte beteiligten Streitteile würden daher, ohne daß es eines Übertragungsaktes bedürfte, von selbst im Verhältnis ihrer Beteiligung am Hauptstamm Miteigentümer der bisher der Gesellschaft gehörenden Sachen, Forderungen und anderen Rechte. Das Teilungsbegehren der Klägerin sei daher grundsätzlich berechtigt, wenn es nicht zur Unzeit gestellt wurde oder die Teilung mit einem Nachteil des anderen Gesellschafters verbunden wäre. Die Frage der Tunlichkeit der Naturalteilung sei lediglich danach zu beurteilen, ob die nunmehr der Eigentumsgemeinschaft unterliegenden Vermögensgegenstände an sich überhaupt eine Teilung zuließen oder ob diese nur unter beträchtlicher Verminderung des Wertes des gemeinsamen Vermögens möglich wäre. Die Untergerichte hätten daher festzustellen, welche Vermögensgegenstände als Sondergut der Gesellschafter zu gelten hätten und welche der Gesellschaft bis zu deren Auflösung gehörten. Vorher lasse sich auch nicht klären, ob hinsichtlich aller oder einzelner der in der Eigentumsgemeinschaft stehenden Sachgüter die Naturalteilung tunlich sei oder nicht. Da der Beklagte die Zulässigkeit der Naturalteilung auch grundsätzlich bestritten habe, werde in dieser Richtung auf ein ergänzendes, den geltend gemachten Teilungsanspruch begrundendes Vorbringen und auf die Anbietung geeigneter Beweismittel seitens der beweispflichtigen Klägerin hinzuwirken sein.

Das Erstgericht sprach nunmehr aus, daß das Gesellschaftsvermögen, und zwar das vorhandene Warenlager, die Einrichtung des Geschäftes und der Saldo des Unternehmens, der sich aus der Gegenüberstellung seiner Forderungen und Schulden ergebe, physisch geteilt werde, wobei der Stand von 31. Dezember 1953 zugrunde zu legen sei, an welchem Tage die Gesellschaft unbestrittenermaßen aufgelöst wurde. Obwohl die Klägerin nur ein einheitliches Begehren gestellt hatte, nahm das Erstgericht mit Rücksicht darauf, daß die Frage streitig war, ob die in der Folge angeführten Werte zum Gesellschaftsvermögen gehören, die Mietrechte an den benachbarten und miteinander verbundenen Geschäftsräumen in Wien, 16., H.-Platz 8 und 9, und weiters die Waren, die der Beklagte nach dem 31. Dezember 1953 mit Mitteln aus Abverkäufen aus dem damaligen Warenlager angeschafft hatte, in der Form von der Teilung aus, daß es das Klagebegehren auf Teilung dieser Vermögenswerte abwies.

Der dagegen seitens der Klägerin erhobenen Berufung wurde Folge gegeben und das Ersturteil, das in seinem Ausspruch auf Teilung des Warenlagers, der Geschäftseinrichtung und des Saldos aus der Gegenüberstellung der Aktiven und Passiven mit dem Stande vom 31. Dezember 1953 als unangefochten unberührt blieb, im übrigen dahin abgeändert, daß auch das weitere Vermögen mit dem Stande vom 31. Juli 1956, darunter insbesondere die Mietrechte an den Geschäftslokalen in Wien, 16., H.-Platz 8 und 9, in die Teilung einzubeziehen seien. Das Berufungsgericht führte hiezu aus:

Daß die Teilung des Geschäftsvermögens grundsätzlich in Natur stattzufinden habe, bestreite der Beklagte nicht mehr. Der Streit gehe nur mehr um die Frage, ob die Mietrechte als Sondergut anzusehen seien und ob diese eine Teilung in Natur zuließen. Die Frage, ob die nach der Auflösung der Gesellschaft aus den Mitteln des Gesellschaftsvermögens neu angeschafften Waren in die Teilung einzubeziehen seien, sei eine reine Rechtsfrage, die auch dann zugunsten der Klägerin zu lösen sei, wenn alles zutreffe, was der Beklagte behaupte. Unbestritten sei, daß die Gesellschaft zunächst mit 31. Dezember 1953 aufgelöst wurde. Das Warenlager sei daher abzuverkaufen, sein Bestand in Natur zu teilen. Nun stehe aber weiter fest, daß die Klägerin noch bis Ende Juli 1956 im Geschäft tätig war, das praktisch nicht liquidiert wurde, und daß ihre Stellung im Betrieb nicht neu geregelt worden sei. Wenn darin nicht ein schlüssiges Einverständnis der Streitteile liege, die Gesellschaft noch bis zu diesem Zeitpunkte fortzuführen, könne der Beklagte nur als Geschäftsführer ohne Auftrag der Klägerin angesehen werden, soweit er über ihre Vermögensanteile verfügt habe. In jedem dieser Fälle sei der Anspruch der Klägerin auf Teilung des Vermögens mit dem Stande von Ende Juli 1956 gerechtfertigt (§§ 314, 1035 ff., 1215 ABGB.). Für den Fall der Annahme einer Geschäftsführung ohne Auftrag habe die Klägerin das Recht auf Genehmigung und könne damit zu dem gleichen Ergebnis wie bei stillschweigender Fortsetzung der Gesellschaft gelangen.

Schwieriger zu lösen sei die Frage, ob die Mietrechte an den Geschäftsräumlichkeiten Sondergut seien. Daß die Gewerbeberechtigung des Beklagten Sondergut sei, werde nicht mehr bestritten. In den erwähnten Richtungen sei von den Feststellungen auszugehen, die das Berufungsgericht auf Grund der von ihm vorgenommenen Parteienvernehmung der Streitteile im Zusammenhalt mit dem Gedächtnisprotokoll vom 28. September 1937 treffe. In dem erwähnten Gedächtnisprotokoll werde der Inhalt des Gesellschaftsvertrages festgehalten. Im Punkt 10 heiße es:

"Die Gesellschaft wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. Sie kann von beiden Teilen unter Einhaltung einer halbjährigen Kündigungsfrist jeweils am Ende des Geschäftsjahres mittels eingeschriebenen Briefes aufgekundigt werden. In diesem Falle erfolgt die vermögensrechtliche Auseinandersetzung auf Grund einer für das Ende der Kündigungsfrist aufgestellten Bilanz. In dieser Bilanz sind auch die immateriellen Werte des Unternehmens, soferne dieses fortgeführt wird, also insbesondere auch der Wert des Gewerbescheines, der Mietrechte usw., unter den Aktiven zu berücksichtigen. Für den Fall des Verkaufes des Unternehmens gilt als Grundlage für die Auseinandersetzung der mit Zustimmung beider Teile erzielte Nettoverkaufspreis."

Wie der Beklagte selbst in seiner Parteienvernehmung zugebe, sei dieses Gedächtnisprotokoll den Streitteilen vorgelesen worden und habe jeder von ihnen eine Ausfertigung erhalten. Nach den übereinstimmenden Parteienaussagen beider Streitteile sei über die Mietrechte mündlich niemals eine ausdrückliche Vereinbarung getroffen worden. Der Zins für die beiden Lokale in Wien, 16., H.- Platz 8 und 9, sei aus den Mitteln des gemeinsamen Geschäftes der Streitteile bestritten worden. Die Geschäftsräume gehörten unbestrittenermaßen zu zwei benachbarten Häusern. Zuerst sei der kleinere Teil erworben worden, der im Hause Wien, 16., H.-Platz 8, liege. Im Zeitpunkte der Gründung der Gesellschaft hätten sich die Geschäftsräumlichkeiten auf diesen Teil beschränkt. Der größere, im Hause Wien, 16., H.-Platz 9, gelegene Teil sei später erworben worden. In der Folge sei eine neue Auslage hergestellt worden, so daß die Geschäftsräume, die im Inneren miteinander verbunden wurden, von der Straße aus nur mehr vom Hause Wien, 16., H.-Platz 9, zugänglich seien. Die Klägerin strebe bei der Teilung die Zuweisung des kleineren, im Hause Wien, 16., H.-Platz 8, gelegenen Teiles an. Die Feststellung des Erstgerichtes, daß nur der Beklagte den Hauseigentümern gegenüber als Mieter aufgetreten sei, erweise sich trotz der Parteienaussage der Klägerin im Hinblick auf die Ergebnisse des Beweisverfahrens als unbedenklich.

Dieser Sachverhalt sei rechtlich wie folgt zu beurteilen:

Mietrechte seien grundsätzlich abtretbar. In dieser Richtung folge das Berufungsgericht der neueren Lehre und Rechtsprechung und ihrer Begründung. Würden Mietrechte ohne Zustimmung des Vermieters abgetreten, so entstehe ein gespaltenes Schuldverhältnis, d. h. der Übernehmer trete nur in die Rechte, aber nicht in die Pflichten des Mieters ein, ohne daß dies freilich gegenüber dem Vermieter als Drittem von Wirkung wäre. Der Mieter verpflichte sich aber gegenüber dem "Übernehmer", die Ausübung der Mietrechte durch ihn zu dulden, und im Verhältnis zwischen beiden sei eine derartige Vereinbarung wirksam. Stunden aber Mietrechte dergestalt im Verkehre, könne ihre Teilbarkeit grundsätzlich auch nicht in dem Sinne bestritten werden, daß sie nicht teilweise abgetreten werden könnten, und zwar nicht nur im Sinne der Abspaltung eines ideellen Teiles, sondern auch im Sinne der Abspaltung des aus dem Mietvertrag abgeleiteten Benützungsrechtes an Teilen des Mietgegenstandes, wenn auch nur mit Wirkung im Innenverhältnis - wirtschaftlich ähnlich einer Untervermietung - und nicht mit der Wirkung, daß sich der Partner des Vermieters ändern würde. Im Gegensatz zur Anschauung des Erstgerichtes vermeine aber das Berufungsgericht, daß eine Teilung, die als Folge einer Vereinbarung zwischen den Streitteilen eintreten könnte, auch auf den Titel eines Richterspruches gegrundet werden könne, weil sich in der Rechtsordnung keine Grundlage finde, wonach ein Unterschied nach dem Titel der Teilung zu machen wäre. Es bleibe aber zu untersuchen, ob die Mietrechte im gegebenen Falle zum Geschäftsvermögen gehörten und ob ihrer Teilung im einzelnen Falle ein besonderes Hindernis entgegenstehe.

Angesichts der Ergebnisse der Beweiswiederholung lasse sich nicht mehr sagen, daß die Mietrechte Sondergut seien, wenn auch der Beklagte allein und nicht die Gesellschaft gegenüber den Hauseigentümern als Mieter aufgetreten sei, weshalb diese keinen anderen Partner anerkennen müßten, soweit nicht der Überträger selbst, wie der Beklagte im Falle des Hauses Wien, 16., H.-Platz 9, über Anteilsrechte an der Liegenschaft verfüge. Im Gedächtnisprotokoll vom 28. September 1937 seien die Mietrechte ausdrücklich zu den immateriellen Werten des Unternehmens gezählt worden (Punkt 10). Es verschlage nichts, daß dabei auch der Gewerbeschein angeführt werde, der, wie sich nunmehr herausgestellt habe, gar nicht in diesen Zusammenhang gehöre, daß der Ausdruck "immaterielle Werte" für Mietrechte sprachlich vergriffen sei und daß der betreffende Satz des Gedächtnisprotokolles von der Fortführung und nicht von der nunmehr eingetretenen Liquidation des Gesellschaftsunternehmens handle. Wenn auch nicht in Geld veranschlagte Werte in der Regel nur "quoad sortem" in das Unternehmen eingebracht würden, sei doch im gegebenen Falle eine Ausnahme von dieser Regel anzunehmen, weil ausdrücklich (§ 1182 ABGB.) etwas anderes vereinbart wurde. Übrigens sei das Wort "ausdrücklich" in der erwähnten Gesetzesstelle nicht im Sinne des § 863 ABGB. zu verstehen, sondern bedeute nur soviel wie "deutlich", weil das eindeutige, schlüssige Verhalten gerade im § 863 ABGB. ausdrücklichen Willenserklärungen nicht entgegengestellt, sondern gleichgesetzt werde und dies ein allgemeiner Grundsatz der Rechtsordnung sei. Auch daraus, daß die Mietzinse für beide Lokale, wie nunmehr beide Parteien angeben, aus den Geschäftserträgnissen auf gemeinsame Rechnung bezahlt wurden, sei zu erkennen, daß die Mietrechte nicht Sondergut gewesen seien, sondern im Innenverhältnis zum Geschäftsvermögen, also um "Eigentum" der Gesellschaft im weiten Sinne des § 353 ABGB., gehören sollten. Einen Unterschied in der Behandlung der Mietrechte jedes der beiden Lokale behaupte nicht einmal der Beklagte. Überdies lasse der in dem erwähnten Gedächtnisprotokoll niedergelegte Gesellschaftsvertrag erkennen, daß beide Gesellschafter einander gleichgestellt werden sollten, und dem würde es widersprechen, wenn nur der Beklagte in der Lage wäre, über die Mietrechte, also über eine der wichtigsten Grundlagen des gemeinsamen Unternehmens, zu verfügen. Die Teilbarkeit der Mietrechte im obigen Sinne sei aber auch im gegebenen Falle anzunehmen, weil die beiden Lokale in verschiedenen Häusern lägen, wobei die Klägerin sich ohnehin im Falle der Teilung mit dem kleineren begnügen würde. Die Tatsachen, daß die Lokale derzeit von der Straße aus nur einen Eingang hätten, die Auslagen vereinigt, die Innenräume miteinander verbunden seien und die Teilung demnach einen Aufwand von ungefähr 20.000 S erfordere, seien nicht so schwerwiegend, daß sie eine Teilung ausschließen würden. Die Frage, ob der Eigentümer des Hauses Wien, 16., H.-Platz 8, im Falle der Spaltung des Mietverhältnisses an diesem Lokal aus einer sinngemäßen Anwendung des § 19 Abs. 2 Z. 10 MietG. Rechte ableiten könnte, sei in diesem Verfahren nicht zu entscheiden. Hierüber müsse sich die Klägerin unter Umständen mit ihm auseinandersetzen. Überhaupt habe sich das Teilungsurteil lediglich auf die Lösung der Frage zu beschränken, was Gegenstand der Teilung sei und ob Teilung in Natur oder Zivilteilung verfügt werde. Den Teilungsplan habe der Exekutionsrichter aufzustellen. Er habe also zu entscheiden, wie die Teilung des vom Streitrichter individualisierten Gesellschaftsvermögens in Natur im einzelnen durchzuführen sei. Der Streitrichter habe, soweit die Mietrechte in Betracht kämen, nur auszusprechen, daß sie zum Gesellschaftsvermögen gehörten und daß dieses in Natur geteilt werde. Eines Sachverständigenbeweises, eines Zeugenbeweises oder der Parteienvernehmung zur Frage der Tunlichkeit der Teilung der Mietrechte habe es nicht bedurft, weil die örtlichen Verhältnisse ohnehin nunmehr unbestritten seien.

Der Oberste Gerichtshof änderte infolge Revision der beklagten Partei das Urteil des Berufungsgerichtes dahin ab, daß ein Ausspruch über die physische Teilung jener Waren, die die beklagte Partei nach dem 31. Dezember 1953, aber mit Mitteln aus dem Abverkauf des am 31. Dezember 1953 vorhandenen Warenlagers angeschafft hat, zu entfallen habe. Den Spruch, daß auch die Mietrechte an den Geschäftslokalen Wien, 16., H.-Platz 8 und 9, in die Teilung einzubeziehen seien, bestätigte er.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Insoweit die Revisionsausführungen unter dem Gesichtspunkte der Mangelhaftigkeit, Aktenwidrigkeit und unrichtigen rechtlichen Beurteilung zur Frage des Zeitpunktes der Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses Stellung nehmen, muß dem Standpunkt der Revision, daß das Berufungsgericht in größerem Umfang auf Teilung erkannt habe als von der Klägerin beantragt wurde, beigepflichtet werden. Während in dem ursprünglich gestellten Klagebegehren der Zeitpunkt der Vollbeendigung der Gesellschaft und des gleichzeitigen Entstehens der Eigentumsgemeinschaft an den bisher der Gesellschaft gehörigen körperlichen Sachen, Forderungen und anderen Rechten, deren Naturalteilung begehrt wird, nicht ausdrücklich genannt wird, wenngleich dieser im Zusammenhang mit dem Klagevorbringen eindeutig entnommen werden kann, wurde das Klagebegehren auf Naturalteilung des Gesellschaftsvermögens bei der Streitverhandlung vom 7. Oktober 1955 dahin präzisiert, daß zu dem der Teilung zu unterziehenden Gesellschaftsvermögen außer den Mietrechten an den Geschäftslokalen in den Häusern H.-Platz 8 und 9 die körperlichen Sachen, das Warenlager, die Einrichtungsgegenstände sowie die Außenstände des Unternehmens mit dem Stande per 31. Dezember 1953 gehören sollten. Ein darüber hinausgehendes Begehren, daß nicht nur die der Gesellschaft im Zeitpunkte der Auflösung gehörigen, der Eigentumsgemeinschaft unterliegenden Vermögensgegenstände, sondern auch die Waren, die der Beklagte nach dem 31. Dezember 1953 mit Mitteln aus Abverkäufen des damaligen Warenlagers angeschafft hat, der Naturalteilung zu unterziehen wären, wurde von der Klägerin bis zum Verhandlungsschluß in erster Instanz (1. Februar 1956) nicht gestellt. Zu Unrecht hat daher schon das Erstgericht in der von der Klägerin bei der Tagsatzung über ihren Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung vom 21. März 1956 ausgedrückten, im übrigen irrigen Rechtsmeinung, daß nicht nur die am 31. Dezember 1953 vorhanden gewesenen Warenvorräte in natura zu teilen wären, sondern auch die Ware, die der Beklagte nach dem 31. Dezember 1953 mit Mitteln aus Abverkäufen des gemeinsamen Warenlagers angeschafft habe, da diese neuerdings im gemeinsamen Eigentum beider Parteien stunden, eine Erweiterung des Klagebegehrens erblickt. Demgemäß hat auch das Berufungsgericht in Verletzung der Vorschrift des § 405 ZPO. eine Teilung im größeren Umfang angeordnet als beantragt wurde. Mangels eines diesbezüglichen Begehrens hatte daher ein Ausspruch über die Teilung jener Ware, die der Beklagte nach dem 31. Dezember 1953, aber mit Mitteln aus Abverkäufen des am 31. Dezember 1953 vorhandenen Warenlagers, angeschafft hat, überhaupt zu entfallen.

Was die Frage anlangt, ob die Mietrechte Sondergut des Beklagten darstellen (§ 1182 ABGB.), soll vorerst darauf verwiesen werden, daß nach der Feststellung des Berufungsgerichtes über die Mietrechte eine mündliche Abrede niemals getroffen wurde und daher auch darüber, ob nach der bei Abschluß des Gesellschaftsvertrages bestehenden Absicht der Parteien die Mietrechte im Innenverhältnis zum Gesellschaftsvermögen gehören oder Sondergut des Beklagten darstellen sollten, nur der Urkundenbeweis durch das vorliegende Gedächtnisprotokoll über den am 28. September 1937 abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag zur Verfügung stand, zumal auch der Umstand, daß der Zins für die beiden Lokale aus den Mitteln des gemeinsamen Geschäftes bestritten wurde, noch keinen zwingenden Schluß darauf zuläßt, daß auch die Mietrechte als solche zum Hauptstamm der Gesellschaft gehören, also den Gesellschaftern, wenn auch nur im Innenverhältnis, nach bestimmten Anteilsquoten gemeinsam sein sollten. Es handelt sich demnach lediglich um Schlußfolgerungen, welche vom Berufungsgericht aus einem festgestelltermaßen zustandegekommenen schriftlichen Vertrag, der im Wortlaut vorliegt, gezogen wurden, ohne daß zur Auslegung des Urkundeninhaltes auch sonstige, über die Parteienabsicht durchgeführte Beweise herangezogen werden konnten. Die Auslegung einer in ihrem Wortlaut feststehenden Urkunde gehört jedoch nicht der Beweiswürdigung, sondern der rechtlichen Beurteilung an, die im Revisionsverfahren überprüfbar ist. Wenn nun die Revision gegen die Auslegung des Parteiwillens ankämpft, zu welcher das Berufungsgericht auf Grund der im Wortlaut vorhandenen Vertragsurkunde gelangt ist, so kann ihren Ausführungen im Ergebnis Berechtigung nicht zuerkannt werden. Wenngleich nach der im Punkt 10 des Gesellschaftsvertrages für den Fall der Auflösung der Gesellschaft durch Kündigung bei Fortsetzung des Unternehmens getroffenen Regelung das Auseinandersetzungsguthaben des ausscheidenden Gesellschafters unter Berücksichtigung der "immateriellen Werte des Unternehmens", worunter (allerdings rechtsirrig) auch die Mietrechte genannt werden, auf der Aktivseite zu ermitteln ist, so könnten nach dieser lediglich auf den vorerwähnten Fall abgestellten Vertragsbestimmung auch solche Vermögenswerte des Unternehmens verstanden werden, welche nach dem Parteiwillen Sondergut eines Gesellschafters bilden sollen. Aus dieser Vertragsbestimmung kann daher keinesfalls erschlossen werden, daß die dort genannten Rechte, wie Gewerberecht, Mietrechte usw., als solche zum Gesellschaftsvermögen (Hauptstamm) gehören und nicht Sondergut eines Gesellschafters bilden könnten. Allerdings läßt diese Vertragsbestimmung auch nicht, wie die Revision vermeint, den gegenteiligen Schluß zu, daß die im Punkt 10 genannten Rechte nur dann, wenn das Unternehmen fortgeführt werde, als zum Gesellschaftsvermögen gehörig gelten sollten, da der Gesellschaftsvertrag eine ausdrückliche Regelung für den Fall der Auflösung der Gesellschaft ohne Fortführung des Unternehmens nicht trifft. Die im Punkt 10 des Vertrages getroffene Regelung ist allerdings insofern unvollständig, als nicht zum Ausdruck gebracht wird, wer von den beiden Gesellschaftern im Falle der Auflösung der Gesellschaft durch Kündigung zur Weiterführung des Unternehmens berechtigt ist, so daß sich der Beklagte, auch wenn er das Unternehmen praktisch weiterführt, zur Abwendung des Teilungsbegehrens der Klägerin auf diese Bestimmung nicht berufen könnte. Jedenfalls läßt aber diese Bestimmung hinsichtlich der Frage, ob die Mietrechte nach der Absicht der Vertragsteile als zum Hauptstamm gehörig im Innenverhältnis den Gesellschaftern je zur Hälfte gemeinsam seien oder als Sondergut des Beklagten gelten sollten, eine Schlußfolgerung nach keiner Richtung zu. Wohl aber erfährt diese allein prozeßentscheidende Frage eineeindeutige Beantwortung durch die nach der redlichen Verkehrsübung vorzunehmende Auslegung des Punktes 3 des Gesellschaftsvertrages (§ 914 ABGB.). Diese Vertragsbestimmung geht davon aus, daß beide Teile gleich viel "zum Erwerbe und zur Aufrechterhaltung des Unternehmens beigetragen haben und zufolge des vollen Einsatzes ihrer Arbeitskraft auch in Zukunft beitragen werden", demnach "das Unternehmen beiden Teilen je zur Hälfte gehören, insbesondere das Eigentum an den Sachwerten des Unternehmens, an der Geschäftseinrichtung, den Warenbeständen usw. sowie an den Rechten beiden Teilen je zur Hälfte zustehen soll". Der Vertragswille der Parteien kann daher nur dahin ausgelegt werden, daß zufolge gleichteiligen Beitrages beider Vertragsteile zum Gründungsaufwand des Unternehmens diesen auch das Unternehmen mit allen seinen wesentlichen sachlichen Grundlagen ("... Sachwerte, Geschäftseinrichtung, Warenbestände sowie Rechte des Unternehmens") im Innenverhältnis je zur Hälfte gemeinsam sein sollte. Im Hinblick auf die besonders motivierte Gleichstellung beider Vertragsteile hinsichtlich ihrer Beteiligung an dem Unternehmen samt allen zum Betriebe erforderlichen Vermögensgegenständen hätte daher die Behandlung der Mietrechte, die eine wesentliche sachliche Grundlage des Unternehmens darstellen, als Sondergut des Beklagten nach den Grundsätzen des redlichen Verkehrs einer ausdrücklichen Vertragsbestimmung bedurft, zumal die Vertragsteile in Punkt 3 von einer gleichteiligen Beitragsleistung zum gesamten Gründungsaufwand des Unternehmens ausgehen. Mangels einer gegenteiligen Vertragsbestimmung kann daher der Wille der Vertragsteile nach Treu und Glauben nur dahin ausgelegt werden, daß sämtliche zum Betrieb des gemeinsamen Unternehmens gehörigen Vermögenswerte, darunter auch die Mietrechte, den Gesellschaftern im Innenverhältnis je zur Hälfte gemeinsam sein sollten, demnach die Mietrechte nicht als Sondergut eines Gesellschafters, sondern als Bestandteil des Gesellschaftsvermögens zu gelten hatten. Da die Frage, ob eine Gesellschaftseinlage in das Eigentum der Gesellschaft übertragen und nicht nur zum Gebrauch überlassen wurde, in erster Linie nach der getroffenen Vereinbarung zu beurteilen ist (§ 1182 ABGB.), sind im vorliegenden Fall die Auslegungsregeln des § 1183 ABGB. nicht heranzuziehen. Für den nur das Innenverhältnis zwischen den Gesellschaftern betreffenden Vertragsinhalt erscheint aber auch der Umstand bedeutungslos, daß lediglich der Beklagte nach außen hin als Mieter beider Lokale aufgetreten ist. Da mit Vollbeendigung der Gesellschaft (31. Dezember 1953) die am Hauptstamm je zur Hälfte beteiligten Streitteile automatisch, ohne daß es eines Übertragungsaktes bedurft hätte, im Verhältnis ihrer Beteiligung Miteigentümer an den bisher der Gesellschaft gehörigen, nunmehr der Gütergemeinschaft unterfallenden körperlichen Sachen, Forderungen und anderen Rechten, demnach auch an den Mietrechten, geworden sind, besteht gegen das Teilungsbegehren, auch soweit dieses auf die Mietrechte zu beziehen ist, kein rechtliches Bedenken, falls die rechtliche Möglichkeit der Naturalteilung von Mietrechten überhaupt sowie deren Tunlichkeit im vorliegenden Fall zu bejahen ist (§ 843 ABGB). Wenn die Revision hiezu ausführt, daß der Oberste Gerichtshof in seinem Aufhebungsbeschluß vom 4. Mai 1955, 3 Ob 242/55, die aufgetragene Ergänzung durch Prüfung der Frage, ob die nunmehr der Eigentumsgemeinschaft unterliegenden Vermögensgegenstände an sich überhaupt eine Teilung zulassen oder eine solche nur unter beträchtlicher Verminderung des Wertes möglich wäre, lediglich auf die Sachgüter bezogen habe, woraus ersichtlich sei, daß auch der Oberste Gerichtshof eine Naturalteilung von Mietrechten keinesfalls als möglich oder tunlich erachtet habe, so verkennt die Revision den Sinn dieser Entscheidung, da der Oberste Gerichtshof, wie sich aus der Begründung des Aufhebungsbeschlusses deutlich ergibt, einen Feststellungsmangel wegen der Notwendigkeit der Prüfung der vorerwähnten Frage darin erblickt hat, daß die Untergerichte Feststellungen darüber unterlassen haben, welche Vermögensgegenstände als Sondergut der Gesellschafter zu gelten hatten (§ 1182 ABGB.) und welche der Gesellschaft bis zu deren Auflösung gehört haben und daher nach deren Vollbeendigung der Gütergemeinschaft unterfallen. Lediglich in weiterer Folge der Darlegung dieses Feststellungsmangels wird ausgesprochen, daß vor Nachholung der bisher unterlassenen Feststellungen auch nicht beurteilt werden könne, ob hinsichtlich aller oder einzelner der in Eigentumsgemeinschaft stehenden Sachgüter Naturalteilung tunlich erscheine oder Zivilteilung in Frage komme. Die Notwendigkeit ergänzender Feststellungen über die Frage, welche Vermögensgegenstände überhaupt der Gütergemeinschaft unterfallen, und in weiterer Folge der Tunlichkeit der Naturalteilung derselben, wurde daher keineswegs nur auf die Sachgüter bezogen. Mit Recht hat aber das Berufungsgericht auch die rechtliche Möglichkeit einer Naturalteilung von Mietrechten nicht nur im Sinne der Abspaltung eines ideellen Teiles, sondern auch im Sinne der Abspaltung des aus dem Mietvertrag abgeleiteten Benützungsrechtes an Teilen des Mietgegenstandes, wenn auch nur mit Wirkung im Innenverhältnis, sowie die Frage, ob eine Teilung, die als Folge einer Vereinbarung zwischen den Streitteilen eintreten könnte, auch auf den Titel eines Richterspruches gegrundet werden kann, bejaht. Diesbezüglich kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffende Begründung des Berufungsgerichtes verwiesen werden.

Aber auch den von der Revision gegen die Tunlichkeit der Teilung erhobenen Einwänden kommt Berechtigung nicht zu, da nach den Feststellungen bei Wiederherstellung des früheren Zustandes durch Trennung beider Lokale jedes der beiden in benachbarten Häusern gelegenen Lokale für sich allein den gleichen Zwecken zugeführt werden kann wie bisher, so daß von einer durch die Teilung herbeigeführten beträchtlichen Verminderung des Wertes nicht gesprochen werden kann. Daß sich bei Teilung des einheitlichen Bestandgegenstandes, wie die Revision ausführt, auch der Beklagte mit einer erheblich kleineren Auslagenfront begnügen muß, liegt im Wesen der Teilung und steht der Tunlichkeit der Naturalteilung nicht entgegen. Der Tunlichkeit der Teilung stunde auch nicht der Umstand entgegen, daß nach Behauptung des Beklagten ein Aufwand von 15.000 S bis 20.000 S zur Durchführung der Trennung der jetzt einheitlich verbundenen Geschäftslokale erforderlich wäre, da ein solcher Aufwand nicht als unverhältnismäßig hoch und daher als beträchtliche Verminderung des Wertes der gemeinschaftlichen Sache im Sinne des § 843 ABGB. angesehen werden könnte. Da die betreffenden Feststellungen zur Beurteilung der Frage, ob nach erfolgter Trennung die Benützbarkeit jedes der beiden Lokale für den bisherigen Verwendungszweck gegeben ist, völlig ausreichen, weiters der vom Berufungsgericht in Betracht gezogene Aufwand für die Durchführung der Teilung in der Höhe von 20.000 S dem vom Beklagten selbst genannten Maximalbetrag entspricht, so daß sich die Durchführung weiterer Beweise hierüber erübrigte, erscheint auch die in dieser Richtung wegen Nichtdurchführung eines Sachverständigenbeweises erhobene Verfahrensrüge gegenstandslos.

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