Normen
AO §8
AO §10 Abs4
KO §31
KO §46
KO §53
AO §8
AO §10 Abs4
KO §31
KO §46
KO §53
Spruch:
Die Bestellung eines Ausgleichsvermittlers ist keine Geschäftsführungshandlung und fällt daher auch nicht unter § 10 Abs. 4 AO. Seine Forderung ist im Anschlußkonkurs nur Konkursforderung.
Entscheidung vom 19. Dezember 1956, 3 Ob 581/56.
I. Instanz: Bezirksgericht Salzburg; II. Instanz: Landesgericht Salzburg.
Text
Über das Vermögen der Ehegatten Rudolf und Margit H. war am 31. Mai 1954 das Ausgleichsverfahren eröffnet worden. Mit Konkursedikt vom 13. November 1954 wurde der Anschlußkonkurs eröffnet. Im Ausgleichsverfahren haben sich die Schuldner von der Beklagten beraten und vertreten lassen und ihr hiefür in Teilbeträgen während des Ausgleichsverfahrens 2290 S 90 g bezahlt und Waren im Betrage von 100 S ausgefolgt. Der Masseverwalter begehrt den Rückersatz unter Anfechtung des geschlossenen Vertretungsvertrages. Die beklagte Partei habe sich in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit dadurch unrechtmäßige Vorteile gegenüber den anderen Gläubigern verschafft. Die Beklagte wendete ein, daß der Ausgleichsverwalter von ihrer Tätigkeit Kenntnis gehabt habe und damit stillschweigend seine Zustimmung zu dem Vertrage gegeben habe.
Das Erstgericht wies die Klage ab. Es sei zu untersuchen gewesen, ob eine nach § 8 AO. unstatthafte und den Gläubigern gegenüber unwirksame Rechtshandlung vorliege; das sei nicht der Fall gewesen. Es handle sich bei der Bestellung eines Ausgleichsvermittlers um keine unstatthafte Rechtshandlung. Außerdem sei dem Ausgleichsverwalter die Tätigkeit der beklagten Partei bekannt gewesen. Es habe eine Besprechung zwischen Ausgleichsverwalter und der beklagten Partei stattgefunden; diese habe an den Ausgleichstagsatzungen teilgenommen und hiebei ausdrücklich erklärt, namens der Ausgleichsschuldner als Ausgleichsvermittlerin aufzutreten. Ein Einspruch seitens des Ausgleichsverwalters sei nicht erhoben worden.
Das Berufungsgericht gab dem Klagebegehren statt. Die Bestellung eines Ausgleichsvermittlers gegen Honorar könne nicht als ein Geschäft angesehen werden, das nach § 8 Abs. 2 AO. um gewöhnlichen Geschäftsbetrieb des Ausgleichsschuldners gehöre. Ebenso wie schon die Eröffnung eines Ausgleichsverfahrens etwas Ungewöhnliches sei, sei es auch die Bestellung eines Ausgleichsvermittlers gegen Entgelt und die Bezahlung desselben während des Ausgleichsverfahrens, weil es sich nicht um ein Rechtsgeschäft handle, das zur Weiterführung des Geschäftsbetriebes notwendig sei. Es sei somit die Zustimmung des Ausgleichsverwalters notwendig gewesen. Eine solche Zustimmung liege nicht vor. Die bloße Tatsache, daß der Ausgleichsverwalter von der Tätigkeit des Ausgleichsvermittlers Kenntnis erlangte und dagegen keinen Einspruch erhob, könne nicht als Zustimmung zur Bezahlung des Ausgleichsvermittlers angesehen werden. Es wäre auch möglich gewesen, daß der Ausgleichsvermittler von dritter Seite bestellt und bezahlt würde, etwa von Gläubigern oder Verwandten der Ausgleichsschuldner. Der Ausgleichsverwalter habe auch keine Verpflichtung oder Veranlassung gehabt, von sich aus die Verhältnisse zu klären. Er habe weder zu der getroffenen Vereinbarung selbst noch auch zur Bezahlung sein Einverständnis erklärt. Nach Kenntnisnahme der Honorierung habe er aber schon seine Bedenken geäußert. Der Leiter des beklagten Ausgleichsbüros B. könne sich auf mangelnde Erfahrung auf diesem Gebiete nicht berufen. Es wäre seine Sache gewesen, den Ausgleichsverwalter zu unterrichten, und er hätte sich an ihn wenden müssen, ehe er von den Schuldnern das Honorar mit der Begründung entgegennahm, daß sie zur Zahlung an ihn als bevorrechteten Gläubiger verpflichtet seien. Er durfte sich mit der Annahme, daß der Ausgleichsverwalter von seiner Tätigkeit Kenntnis habe und keinen Einspruch erhoben habe, nicht begnügen. An ihm sei es gelegen gewesen, volle Klarheit zu schaffen und die Zustimmung einzuholen. Diese Unterlassung sei als Mangel der gehörigen Sorgfalt anzusehen, bei deren Anwendung er Kenntnis erlangt hätte, daß die Zustimmung des Ausgleichsverwalters fehle. Da das Wissenmüssen im § 8 Abs. 3 AO. ausdrücklich dem Wissen gleichgestellt sei, sei die Vereinbarung und die Befriedigung den Gläubigern gegenüber unwirksam. Solche im Ausgleichsverfahren unwirksame Rechtshandlungen könnten aber im Konkurs angefochten werden. Es sei der Anfechtungstatbestand des § 31 KO. gegeben. Die Rechtshandlungen der Schuldner seien für die Gläubiger nachteilig gewesen und seien in die Zeit des Ausgleichsverfahrens gefallen. Die Kenntnis von diesem Verfahren gelte nach ausdrücklicher Vorschrift des § 31 Abs. 2 KO. als Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Untergerichte übersehen, daß die Bestellung eines Ausgleichsvermittlers überhaupt keine Geschäftsführungshandlung ist und daher auch nicht unter § 10 Abs. 4 AO. fallen kann. Der Ausgleichsschuldner kann deshalb, ohne die Genehmigung des Ausgleichsverwalters einzuholen, einen Ausgleicher bestellen. Dessen Honorarforderung fällt zwar nicht unter den Ausgleich; kommt es aber zum Konkurs, so ist die Forderung des Ausgleichers Konkursforderung. Die Tätigkeit des Ausgleichsvermittlers ist, wie der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung Rspr. 1932 Nr. 279 ausgesprochen hat, nicht eine Handlung zur Fortführung des Geschäftes, weil sie nicht die Abschließung oder Erfüllung von Geschäften des in Ausgleich gegangenen Unternehmens zum Gegenstand hat. Nur Rechtsgeschäfte, die eine Wertverminderung des Aktivvermögens verhindern oder eine Werterhöhung herbeiführen sollen, sind zur Fortführung des Geschäftes bestimmt; alle anderen Rechtsgeschäfte unterliegen keiner Beschränkung; das gilt auch von der Bestellung eines Ausgleichsvermittlers. Die Forderung des Ausgleichers ist daher auch nicht Masseforderung im Anschlußkonkurs; bereits geleistete Zahlungen an ihn können, wie dieselbe Entscheidung bereits ausgesprochen hat, folgerichtig nach § 31 Abs. 1 Z. 2 KO. angefochten und zurückgefordert werden.
Ob das Rechtsgeschäft mit dem Ausgleichsvermittler oder die an ihn geleisteten Zahlungen vom Ausgleichsverwalter genehmigt worden sind oder nicht, ist daher gleichgültig, weil ein solches Geschäft auch nicht mit Zustimmung des Ausgleichsverwalters zu einem nach § 10 Abs. 4 AO. privilegierten werden konnte.
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