Normen
ABGB §829
ABGB §1233
Geschäftsordnung für die Gerichte erster und zweiter Instanz §241
Geschäftsordnung für die Gerichte erster und zweiter Instanz §242
GBG §38 litc
GBG §123
ABGB §829
ABGB §1233
Geschäftsordnung für die Gerichte erster und zweiter Instanz §241
Geschäftsordnung für die Gerichte erster und zweiter Instanz §242
GBG §38 litc
GBG §123
Spruch:
Die Einbringungsstelle ist keine nach § 38 lit. c GBG. nach ihrem Wirkungskreis berufene Behörde, die auf Grund ihres Einschreitens von Amts wegen die pfandweise Sicherstellung von Ansprüchen des Staatsschatzes begehren kann.
Strafkostenbestimmung und Einbringung.
Bei der Gütergemeinschaft unter Lebenden ist bezüglich grundbücherlicher Beschlüsse, die das Gemeinschaftsgut betreffen, auch der bisher nicht am Verfahren beteiligte Miteigentümer zum Rekurs legitimiert.
Entscheidung vom 26. Jänner 1955, 1 Ob 978/54.
I. Instanz: Bezirksgericht Neuhofen an der Krems; II. Instanz:
Kreisgericht Steyr.
Text
Das Erstgericht hat das Ansuchen der Einbringungsstelle beim Oberlandesgericht Linz auf Vormerkung des Pfandrechtes zur Sicherung der Forderung der Republik Österreich an Haftkosten, Pauschalkosten und Sachverständigengebühren aus dem Strafverfahren des Kreisgerichtes Steyr gegen Franz F. im Gesamtbetrage von 35.660 S auf der den Eheleuten Franz und Maria F. gehörigen Liegenschaft EZ. 14 des Grundbuches L. dahin erledigt, daß es den Antrag hinsichtlich der dem Franz F. gehörigen Liegenschaftshälfte abgewiesen hat. Hiezu ist in formalrechtlicher Beziehung zu bemerken, daß der betreibenden Partei nur Franz F. als Verpflichteter gegenübersteht, daß aber der Antrag auf Pfandrechtsvormerkung hinsichtlich der ganzen Liegenschaft gestellt wurde. Es hat sich der Erstrichter zwar in den Gründen seines Beschlusses über die Vormerkung des Pfandrechtes auf der ganzen Liegenschaft ausgesprochen, nicht aber im Spruche darüber erkannt. Der Abweisungsbeschluß spricht vom Betreibenden als von einem "Sondergläubiger" des Franz F., "weshalb " solange die grundbücherlich einverleibte Gütergemeinschaft zwischen den Eheleuten bestehe, die betreibende Partei auf die Liegenschaft nicht greifen könne".
Das Rekursgericht hat zufolge Rekurses der Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, die Pfandrechtsvormerkung gemäß § 38 lit. c GBG. rücksichtlich der ganzen Liegenschaft bewilligt.
Die Liegenschaftshälfteeigentümerin Maria F. verweist in ihrem Revisionsrekurs darauf, daß zwischen ihr und ihrem Ehegatten auf Grund notarieller Ehepakte vom Jahre 1937 die gegenseitige Beschränkung des Eigentumsrechtes zufolge der bestehenden Gütergemeinschaft einverleibt sei. Wenn daher nach Lehrmeinung und Rechtsprechung eine Belastung des gemeinschaftlichen Vermögens für die Dauer der Gütergemeinschaft auf Grund von Rechtsgeschäften eines Eheteiles nicht möglich sei, so müsse auch eine exekutive Belastung des gemeinschaftlichen Vermögens für eine Schuld, die den einen Ehegatten betreffe, verwehrt sein.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs Folge und stellte den Beschluß des Erstgerichtes mit der Maßgabe her, daß die beantragte bücherliche Vormerkung des Pfandrechtes für die Forderung von 35.660 S auch hinsichtlich der der Maria F. gehörigen Liegenschaftshälfte abgewiesen wurde.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Obwohl es sich um Kosten aus dem gegen Franz F. anhängigen Strafverfahren wegen Brandstiftung handelt, ist die Entscheidung in der vorliegenden Rechtssache zwar eine solche über eine Kostensache, nicht aber eine über den Kostenpunkt. Es ist daher im Hinblick auf die difformen Entscheidungen der Untergerichte ein Revisionsrekurs gemäß § 528 ZPO. an sich zulässig. Er ist es aber auch in der Frage der Legitimation der Maria F. zum Revisionsrekurs; dies ergibt sich aus ihrer Rechtsstellung als Liegenschaftsmiteigentümerin und weiter aus der Tatsache, daß zwischen ihr und ihrem Ehegatten eine schon unter Lebenden wirksame Gütergemeinschaft besteht. Liegt eine solche Gütergemeinschaft vor, dann kommt jedem Ehegatten ein Rekursrecht hinsichtlich des gemeinschaftlichen Vermögens zu, um sich gegen eine Exekution, die auf Grund eines nicht bestehenden Titels geführt wird, zur Wehr zu setzen (EvBl. 1954 Nr. 139).
Der Revisionsrekurs ist aber auch berechtigt:
Das Rekursgericht war der Meinung, daß aus dem § 242 Geo. zu schließen sei, daß die Einbringungsstelle beim Oberlandesgericht (Antragstellerin) befugt sei, die Vormerkung eines Pfandrechtes für Strafkosten "nach ihrem Wirkungskreis" zu verlangen. Der Oberste Gerichtshof ist jedoch nicht der Meinung, daß die Einbringungsstelle eine solche öffentliche Behörde ist, die nach ihrem Wirkungskreis berufen ist, auf Grund ihres Einschreitens von Amts wegen die pfandweise Sicherstellung von Ansprüchen des Staatsschatzes zu begehren; dies deshalb nicht, weil die Einbringungsstelle (§ 219 Geo.) eine Eintreibungsbehörde ist, nicht aber eine solche, die gemäß dem III. Hauptstück der Geschäftsordnung (Einbringung und Amtswirtschaft), 2. Kapitel, zumindest durch einen vorläufigen Zahlungsauftrag die Forderung des Staates gegen Franz F. feststellen darf. Sie ist eine Vollstreckungsbehörde für Gebühren, Kosten und Geldstrafen, sie kann aber nicht einen Exekutionstitel schaffen. Demzufolge spricht der § 241 Abs. 2 Geo. aus, daß "die zu
ersetzenden Kosten des Vollzuges von Freiheitsstrafen .... in der Regel nach Verbüßung der Strafe ...... für je ein Jahr zu bestimmen
und einzubringen sind". Die Ausnahmebestimmung des § 242 Abs. 1 Geo. mit dem Titel "Vorläufige Bestimmung der Kosten des Vollzuges von Freiheitsstrafen" besagt: "Wenn die Gefahr besteht, daß die Einbringung der Kosten des Vollzuges von Freiheitsstrafen gefährdet würde, können auch bereits vor Ablauf der in § 241 Abs. 2 Geo. angeführten Fristen sofort nach rechtskräftiger Beendigung des Strafverfahrens diese Kosten vorläufig bestimmt werden (vorläufiger Zahlungsauftrag)." Erst dieser vorläufige Zahlungsauftrag, der der Einbringungsstelle zugehen muß, setzt diese in Tätigkeit. Obwohl im vorliegenden Falle nicht einmal ein "vorläufiger" Zahlungsauftrag ergangen ist, hat die Einbringungsstelle beim Oberlandesgericht mit der ausdrücklichen Angabe, daß das Strafurteil gegen Franz F. noch nicht rechtskräftig geworden sei, die bücherliche Vormerkung begehrt, und dies gerade deshalb nach § 38 lit. c GBG., weil die Antragstellerin, wäre ein vorläufiger Zahlungsauftrag vorgelegen, bereits Exekution hätte führen können. Es ist daher das Einschreiten der Antragstellerin durch keine Bestimmung der Geschäftsordnung, somit auch nicht durch die des § 242 Geo., gedeckt, was dazu führen mußte, daß schon aus diesem Gründe dem Revisionsrekurs stattzugeben und der erstrichterliche Beschluß mit der Maßgabe wiederherzustellen war, daß die beantragte Pfandrechtsvormerkung auch hinsichtlich der Liegenschaftshälfte der Maria F. abgewiesen wurde. Das konnte auch hinsichtlich des Miteigentümers Franz F., der den Beschluß des Rekursgerichtes nicht angefochten hat, geschehen, denn die Revisionsrekurswerberin Maria F. ist zufolge der zwischen ihr und ihrem Ehegatten bestehenden - bücherlich einverleibten - Gütergemeinschaft in der Lage, die bewilligte Vormerkung durch ihren Revisionsrekurs für sich und ihren Ehegatten zu beseitigen. Es sei hier bemerkt, daß diese Gütergemeinschaft zur Folge hat, daß das gesamte Vermögen beider Ehegatten gemäß § 1176 ABGB. eine Gesamtheit bildet, die den Gläubigern des einen und des anderen Ehegatten sachlich haftet; denn durch den Abschluß der Gütergemeinschaft werden die Schulden des einen Gatten zu Schulden des anderen, wenngleich seine Haftung auf das der Gütergemeinschaft unterliegende Vermögen beschränkt ist (EvBl. 1954 Nr. 139 und die dort zur Frage der Haftung bei Gütergemeinschaften angeführten Entscheidungen, ferner SZ. XXV 247). Wie ein Eheteil allein die Liegenschaft nicht durch Pfandvertrag zu belasten vermag, so kann der andere Eheteil durch ein Rechtsmittel, das sich darauf grundet, daß nicht nur kein Exekutionstitel für eine sicherstellungsweise Exekution vorliege, sondern auch die mehrfach genannte Vormerkung den Grundsätzen der Gütergemeinschaft unter Lebenden zuwiderlaufe, erreichen, daß auch der andere Ehegatte bücherlich selbst dann unbelastet bleibt, wenn er - wie im vorliegenden Falle - den ihn beschwerenden Beschluß nicht angefochten hat.
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