OGH 3Ob662/54

OGH3Ob662/549.12.1954

SZ 27/312

Normen

ABGB §833
ABGB §833

 

Spruch:

Zu den Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung gehören sowohl ständig wiederkehrende Ausbesserungen als auch notwendige Instandsetzungsarbeiten, worunter auch bauliche Veränderungen fallen, die nicht über den bloßen Erhaltungszweck hinausgehen.

Entscheidung vom 9. Dezember 1954, 3 Ob 662/54.

I. Instanz: Landesgericht Innsbruck; II. Instanz: Oberlandesgericht Innsbruck.

Text

In der Fraktion P., Gemeinde L., befinden sich drei geschlossene Höfe, "Wirtsseppl" im Eigentum des Erstklägers, "beim Bäcken" im Eigentum der Gattin des Zweitklägers und "Hoarach" im Eigentum des Beklagten. Zu diesen geschlossenen Höfen gehört eine gemeinschaftliche Wasserleitung, die von ihnen gemeinschaftlich zu erhalten ist. Die Holzrohre dieser Wasserleitung und die Verteilersäule sind schon längere Zeit schadhaft. Die Miteigentümer kamen daher überein, aus einem gleichfalls gemeinschaftlichen Wald Holz zu schlagen und vom Erlös die Wasserleitung zu erneuern. Es wurde Holz um 17.000 S verkauft und die erste Teilzahlung im Betrage von 10.000 S wurde im Auftrag der Hofeigentümer vom Zweitkläger verwahrt. Infolge eines Gerüchtes, daß die Preise wiederum ansteigen, kamen die Hofeigentümer überein, die Erneuerung der Wasserleitung sofort in Angriff zu nehmen. Es wurde daher beschlossen, an Stelle von Holz Eternitrohre zu verwenden. Infolge dieses einhelligen Beschlusses übergab der Zweitkläger Ende Oktober 1952 den Betrag von 10.000 S dem Beklagten mit dem Auftrag, sich in Innsbruck um Eternitrohre umzusehen. Der Beklagte trat mit dem Installateur Karl G. wegen des Wasserleitungsbaues in Verbindung. Der Installateur stellte auch ein Offert, das vom Zweitkläger und vom Kläger angenommen wurde. Die beiden bestellten bei Karl G. die Eisenrohre für die neue Wasserleitung sowie eine neue Verteilersäule. Die beiden unterließen es aber, die Zustimmung des Erstklägers zu dieser Bestellung einzuholen. Der letztere hat diese Bestellung niemals genehmigt, sondern ihr dem Beklagten und dem Installateur gegenüber ausdrücklich widersprochen.

Mit der vorliegenden Klage begehren die beiden Kläger vom Beklagten die Zahlung von 10.000 S samt 4% Zinsen seit 15. November 1952 mit der Begründung, daß dieser Betrag dem Beklagten mit dem bestimmten Auftrag übergeben worden sei, die zur Erneuerung der Wasserleitung benötigten Eternitrohre bei der Firma V. & E. in Innsbruck zu bestellen und zu bezahlen, der Beklagte jedoch in Überschreitung des ihm erteilten Auftrages Eisenrohre bei der Firma Karl G. in Seefeld bestellt hat. Für den Fall der Abweisung des Klagebegehrens stellten die Kläger das Eventualbegehren, den Beklagten schuldig zu erkennen, den ihm übergebenen Betrag von 10.000 S binnen richterlich zu bestimmender Frist zur Ausführung des ihm erteilten Auftrages, u. zw. zur Bestellung von Eternitrohren bei der Firma V. & E. in Innsbruck zu verwenden.

Der Beklagte wendete dagegen ein, auftragsgemäß Eisenrohre beim Installateur Karl G. in Seefeld bestellt zu haben. Insbesondere sei der Zweitkläger mit der Bestellung einverstanden gewesen. Den Betrag von 10.000 S habe er in Gegenwart des Zweitklägers mit dessen Zustimmung an Karl G. als Anzahlung für die Wasserleitung ausbezahlt.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren hinsichtlich des Erstklägers mit der Modifikation statt, der Beklagte sei schuldig, den Betrag von 10.000 S samt 4% Zinsen seit dem Klagstag an die Wasserleitungsinteressentenschaft der drei geschlossenen Höfe "Wirtsseppl", "Bäcken" und "Hoarach" zu Handen des Zweitklägers zu bezahlen, wies jedoch das Haupt- und Eventualbegehren des Zweitklägers sowie das Zinsenmehrbegehren des Erstklägers ab.

Das Berufungsgericht änderte auf die Berufung des Beklagten das Ersturteil in dem Sinne ab, daß es auch das Begehren des Erstklägers abwies. Der einhellige Beschluß über die Erneuerung der Wasserleitung mit dem Holzerlös stelle gerade die Verfügung dar, die im vorliegenden Falle als wichtige Änderung im Sinne des § 834 ABGB. anzusehen sei, weil nur dieser Beschluß die Erhaltung oder bessere Benützung des Hauptstammes betrifft, während die nun noch verbleibende Frage, ob Eisen- oder Eternitrohre, also die Frage, welches Material dazu verwendet werden soll, zur ordentlichen, also zur laufenden Verwaltung gehört, wenn die Anschaffung in den Rahmen der beschlossenen Neuerung und der leistungsmäßigen Zumutbarkeit falle.

Der Oberste Gerichtshof gab der nur vom Erstkläger ergriffenen Revision nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Da es sich weder um eine Zufallsgemeinschaft, welche auf einer besonderen gesetzlichen Anordnung beruht, noch um eine vertragliche Gütergemeinschaft handelt, kommen im vorliegenden Fall die Bestimmungen des 26. Hauptstückes des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches zur Anwendung, welche subsidiär für jene Gemeinschaftsfälle gelten, die im Gesetze nicht besonders geregelt sind und für welche auch nicht ein bestehender Vertrag für die innere Gestaltung der Gemeinschaft maßgebend ist. Rechtsirrig ist daher die Ansicht der Revision, daß im vorliegenden Fall nur der übereinstimmende Wille aller Teilhaber zur Willensbildung führen kann. Nun sind als Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung im Sinne des § 833 ABGB. solche anzusehen, die der Erhaltung und Verwaltung des gemeinsamen Gutes dienen, die sich im gewöhnlichen Verlauf der Dinge als notwendig oder zweckmäßig erweisen und im Interesse aller Miteigentümer liegen (vgl. RZ. 1936, 92). Zu den Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung gehören demnach sowohl ständig wiederkehrende Ausbesserungen, als auch notwendige Instandsetzungsarbeiten, worunter auch bauliche Veränderungen fallen, die nicht über den bloßen Erhaltungszweck hinausgehen. Die von den drei Teilhabern der Gemeinschaft beschlossene Erneuerung der Wasserleitung ist daher ohne Rücksicht darauf, welches Material für die zu erneuernden Rohre in Aussicht genommen war, in ihrer Gesamtheit als Maßnahme der ordentlichen Verwaltung anzusehen, weshalb bei deren Durchführung der Wille der nach Anteilen zu berechnenden Mehrheit der Teilhaber für die Willensbildung der Gemeinschaft maßgebend war. Da aber die nach den Feststellungen der Untergerichte vom Beklagten gemeinsam mit dem Zweitkläger erfolgte Bestellung der Eisenrohre und der Verteilersäule bei Karl G. dem damaligen Mehrheitswillen der beiden aber entsprochen hat, kann auch von einer Überschreitung des dem Beklagten von den übrigen Teilhabern erteilten Auftrages nicht gesprochen werden. Dem lediglich auf die behauptete Auftragsüberschreitung gestützten Klagebegehren erscheint damit jeder Boden entzogen.

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