OGH 2Ob746/54

OGH2Ob746/5411.11.1954

SZ 27/289

Normen

ABGB §1295
ABGB §1323
JN §1
StPO §390
ZPO §41
ABGB §1295
ABGB §1323
JN §1
StPO §390
ZPO §41

 

Spruch:

Die Ehegattin, welche gegen die Ehestörerin (aber nicht gegen ihren Gatten) eine erfolgreiche Ehestörungsklage geführt hat, aber die Kosten von ihr nicht hereinbringen kann, kann nicht diese uneinbringlichen Kosten von ihrem Gatten aus dem Gesichtspunkte des Schadenersatzes verlangen.

Entscheidung vom 11. November 1954, 2 Ob 746/54.

I. Instanz: Kreisgericht St. Pölten; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Das Kreisgericht St. Pölten erkannte mit Urteil vom 27. Juni 1952, Bl. 66/52-30, Gertrude M. der Übertretung nach §§ 5, 525 StG. schuldig. Die von der Verurteilten zu ersetzenden Kosten des Strafverfahrens wurden mit Beschluß des Bezirksgerichtes Neulengbach vom 26. Jänner 1953, U 332/50-33, mit 4.196.10 S bestimmt.

Zur Hereinbringung dieser Kosten hat die Klägerin wiederholt Exekution geführt. Sie begehrt nunmehr den Ersatz der ihr gegen Gertrude M. im Straf- und Exekutionsverfahren aufgelaufenen Kosten im Gesamtbetrage von 4.896.72 S mit Klage von ihrem geschiedenen Ehegatten, dem Beklagten.

Das Erstgericht erkannte im Sinne des Urteilsantrages der Klägerin, das Berufungsgericht dagegen wies in Abänderung des Urteils das Klagebegehren ab.

Die Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Nimmt das Strafgericht als erwiesen an, daß sich die Angeklagte mit einem bestimmten Mann ehestörend verhalten habe, dann ist der Zivilrichter an diesen Ausspruch gebunden, weil eine Feststellung, daß dieser Mann die vom Strafgerichte festgestellte Verletzung der ehelichen Treue nicht begangen habe, gegen den die Grundlage des verurteilenden Erkenntnisses bildenden Spruch verstoßen würde (SZ. XV/44). Wenn daher der Ehemann im Zivilverfahren ein ehestörendes Verhalten in Abrede stellt, ist darauf kein Bedacht zu nehmen. Es ist also davon auszugehen, daß Gertrude M. mit dem Beklagten ehewidrige Beziehungen unterhalten hat. Damit steht aber auch fest, daß der Beklagte eine widerrechtliche Handlung gesetzt hat. Richtig ist, daß die Erhebung der Anklage durch die Klägerin auf deren freiem Willensentschluß beruht und daß ohne diese Handlung der Klägerin ihr Anspruch auf Kostenersatz nicht entstanden wäre. Es darf aber nicht übersehen werden, daß die Anklage ohne das deliktische Verhalten des Beklagten nicht möglich gewesen wäre. Es genügt, daß die strafbare Handlung eine von mehreren Bedingungen der Kausalkette ist. Da der Beklagte mit dem Schadenseintritt als möglich in abstracto rechnen mußte, ist auch die Adäquanz des Kausalzusammenhanges zu bejahen (SZ. V/267, SZ. IV/97). Eine andere Frage ist aber ob bei schuldhafter Herbeiführung eines Vermögensschadens dessen Ersatz begehrt werden kann.

Die Kosten, die einer Partei im Zivilprozesse oder einem Privatankläger oder Privatbeteiligten im Strafverfahren erwachsen, decken sich nicht mit den Kosten, die der Gegner nach § 41 ZPO. oder der Verurteilte nach § 389 Abs. 2 StPO. zu ersetzen haben. Es ist daher ohne weiteres möglich, daß die Honorarforderung, die der obsiegende Teil seinem Vertreter (Rechtsanwalt) zu berichtigen hat, über die Kosten hinausgeht, die er im Strafprozesse zugesprochen erhält. Der Kostenersatz soll eben auf ein bestimmtes Maß beschränkt sein, um die unnötige Ausweitung des Prozesses hintanzuhalten. Auch soll die Entscheidung über die Kosten nicht noch einen zusätzlichen Prozeßaufwand erfordern. Der Prozeßkostenersatz ist grundsätzlich in dem Verfahren zuzusprechen, in dem über die Hauptsache erkannt wird. Die Entscheidung hierüber erfolgt nicht nach den Grundsätzen des Privatrechtes, sondern nach den in den Verfahrensgesetzen aufgestellten Vorschriften. Darüber hinaus wird dem obsiegenden Teil kein Anspruch für den Prozeßaufwand, vor allem nicht aus dem Titel des Schadenersatzes, gewährt. Um dies zu erreichen, wird der Prozeßkostenersatz von dem geltendgemachten Anspruch losgelöst und auf den Prozeßerfolg abgestellt (Sperl, S. 726, Pollak, S. 57). Es ist demnach auch Lohsing - Serini (S. 508) zuzustimmen, daß der Ersatz der Kosten nicht auf das Schadenersatzrecht gegrundet werden kann. Damit steht die Rechtsprechung im Einklang, wenn sie den Standpunkt vertritt es ergebe sich aus § 1323 nicht, daß außer dem durch die widerrechtliche Handlung verursachten Schaden auch die Kosten des hiedurch veranlaßten Verfahrens zu ersetzen seien (SZ. XVIII/41, JBl. 1936, S. 193, 3 Ob 198/53, 3 Ob 64/53). Freilich meinen andere (so Wolff in Klangs Komm., Zu § 1338, S. 192 f.) die Verfahrensvorschriften regeln nur das Verhältnis zwischen den am Verfahren selbst Beteiligten, so daß kein Bedenken bestehe, gegenüber einem an diesem Verfahren nicht Beteiligten einen Schadenersatzanspruch nach den Grundsätzen des XXX. Hauptstückes des ABGB. einzuräumen. Dem stehen jedoch die obigen Erwägungen über den Zweck der Verfahrensbestimmungen hinsichtlich des Prozeßkostenersatzes entgegen. Abgesehen davon ergibt sich für das Gebiet des Strafverfahrens aus den klaren Bestimmungen der §§ 389 und 390 StPO., daß zum Kostenersatz gegenüber dem Privatankläger nur der Angeklagte und dieser auch nur dann verhalten werden kann, wenn er verurteilt wird (Beisser, ZBl. 1891, S. 121). Es ist daher gleichgültig, aus welchen Erwägungen die Klägerin die Erhebung einer Privatanklage unterlassen hat. Es steht ihr jedenfalls nicht zu, die Verfahrenskosten, welche sie von der Verurteilten nicht hereinzubringen vermag, unter Berufung auf das Schadenersatzrecht vom Beklagten zu begehren.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte