Normen
Außerstreitgesetz §9
Außerstreitgesetz §160
Außerstreitgesetz §174
Außerstreitgesetz §9
Außerstreitgesetz §160
Außerstreitgesetz §174
Spruch:
Kein Recht des Legatars auf Zustellung der Einantwortungsurkunde; daher auch kein Rekursrecht gegen die Einantwortung.
Entscheidung vom 10. November 1954, 1 Ob 843/54.
I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt Wien; II. Instanz:
Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Die am 16. Feber 1953 verstorbene Gabriele Maria K. hat in ihrem Testament vom 12. Feber 1953 Dipl.-Ing. Hermann W. zum Alleinerben eingesetzt und einer Reihe von Personen Legate ausgesetzt, so u. a. ihrer Schwester Ida Ch. den Betrag von 1000 S. In der Abhandlungspflege legte der eingesetzte Erbe, dessen unbedingte Erbserklärung zu Gericht angenommen worden war, den Testamentserfüllungsausweis vor, in dem die Legatare, darunter auch die Schwester der Verstorbenen, bestätigten, über die letztwillige Anordnung Nachricht erhalten zu haben. Mit dem Beschluß vom 5. Mai 1953 erließ das Abhandlungsgericht die Einantwortungsurkunde, nach welcher der Nachlaß dem eingesetzten Erben eingeantwortet wurde. Die Einantwortungsurkunde wurde dem Erben zugestellt. Am 8. Mai 1953 bestätigte Ida Ch., das ihr zugedachte Legat erhalten zu haben.
In dem am 30. Juli 1954 von Dr. B. als Beistand der Ida Ch. überreichten Rekurs gegen die Einantwortungsurkunde wurde darauf verwiesen, daß Ida Ch. seit mehreren Jahren beschränkt entmundigt sei und trotzdem in dem Abhandlungsverfahren Erklärungen und Unterschriften abgegeben habe, ohne daß ihr Beistand zugezogen worden sei; auch sei die Einantwortungsurkunde dem Beistand nicht zugestellt worden, weshalb das Abhandlungsverfahren nichtig sei.
Der Erbe gab hiezu vernommen an, daß ihm vor der Auszahlung des Legates die Entmündigung der Legatarin nicht bekannt gewesen sei.
Das Rekursgericht wies den Rekurs als verspätet zurück. Es führte aus, daß Ida Ch. nur Legatarin gewesen sei. Eine Zustellung der Einantwortungsurkunde habe daher an sie nicht erfolgen müssen. Die Einantwortung sei durch die Zustellung der Einantwortungsurkunde an den eingesetzten Erben in Rechtskraft erwachsen, weshalb der Rekurs der Legatarin verspätet überreicht worden sei.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der Legatarin Ida Ch. nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Begründung
Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß die vom Rekursgericht verfügte Zurückweisung des Rekurses gegen die Einantwortungsurkunde vom 5. Mai 1953 als verspätet verfehlt ist. Denn ein Rekurs, der als verspätet anzusehen ist, muß in erster Linie zulässig sein. Wenn das Rekursgericht einerseits sich auf den Standpunkt stellte, daß die Einantwortungsurkunde nur an den Erben und nicht an die Legatarin zuzustellen war, anderseits das Rechtsmittel als verspätet behandelte, so liegt ein Widerspruch vor, der dadurch entstanden ist, daß das Rekursgericht sich mit der Zulässigkeit des Rekurses der Ida Ch. gegen die Erlassung der Einantwortungsurkunde nicht befaßt hat.
In dem vorliegenden Abhandlungsverfahren kam auf Grund des Testamentes vom 12. Feber 1953 Dipl.-Ing. Hermann W. die Erbenqualität zu. Ida Ch. war nie Erbin, sondern bloß Legatarin. Die gegenteiligen Behauptungen der Ida Ch. in ihrem Rekurs entsprechen nicht den Tatsachen.
Als Legatarin ist zwar Ida Ch., soweit Verfügungen das Vermächtnis betreffen, Beteiligte am Verfahren im Sinne des § 9 AußstrG. Jedoch hat eine Legatarin kein Recht, die Zustellung einer Einantwortungsurkunde zu begehren und diese zu bekämpfen. Ihr steht daher auch kein Rekursrecht gegen die Einantwortungsurkunde zu. Das Rekursgericht hätte daher richtigerweise den Rekurs der Ida Ch. gegen den Einantwortungsbeschluß nicht als verspätet, sondern als unzulässig zurückweisen sollen. Da jedoch bei der Erledigung eines Rechtsmittels von dem Spruch der angefochtenen Entscheidung und nicht von ihrer Begründung auszugehen ist und der Spruch der Rechtslage entspricht, war dem Rekurs ein Erfolg zu versagen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)