OGH 3Ob349/54 (3Ob350/54)

OGH3Ob349/54 (3Ob350/54)23.6.1954

SZ 27/180

Normen

KO §61
ZPO §419
ZPO §514
ZPO §528
KO §61
ZPO §419
ZPO §514
ZPO §528

 

Spruch:

Der Beschluß, mit dem das Gericht zweiter Instanz eine vom Erstgericht angeordnete Urteilsberichtigung ablehnt, abgesondert anfechtbar.

Das Forderungsanerkenntnis des Masseverwalters hindert den Absonderungsgläubiger nicht an der Erhebung der Hypothekarklage während des Konkurses.

Entscheidung vom 23. Juni 1954, 3 Ob 349, 350/54.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:

Oberlandesgericht Graz.

Text

In der am 11. November 1953 bei dem Landesgericht für ZRS. Graz eingebrachten und als Hypothekarklage bezeichneten Klage wird die Verurteilung der beklagten Verlassenschaft nach Johann St. zur Zahlung des Betrages von 15.000 S samt Nebengebühren und eines weiteren Betrages von 428.42 S samt Nebengebühren "und zwar auch in die verpfändete Liegenschaft EZ. 314 KG. H., einkommend im Grundbuche des Bezirksgerichtes Bruck a. d. M." beantragt. Auf der genannten im grundbücherlichen Eigentum des Johann St. stehenden Liegenschaft, ist auf Grund des von Johann St. am 17. April 1953 ausgestellten Schuldscheines als erste Satzpost das Pfandrecht zugunsten der Klägerin für die Darlehensforderung von 15.000 S samt 12% Zinsen und 12% Verzugszinsen und einer Nebengebührenkaution bis zum Höchstbetrag von 3.000 S seit 20. April 1953 einverleibt. Johann St. ist am 13. Juni 1953 gestorben. Am 3. September 1953, also noch vor Einbringung der Klage, wurde vom Kreisgericht Leoben das Konkursverfahren über die Verlassenschaft nach Johann St. eröffnet. Im Hinblick auf das ihr am 19. September 1953 zugekommene Konkursedikt beantragte die klagende Partei bei der ersten Tagsatzung am 16. Oktober 1953 unter Hinweis auf § 6 Abs. 2 KO. die neuerliche Zustellung der Klage an den Masseverwalter. Dieser erkannte den Bestand der eingeklagten auf der Liegenschaft EZ. 314, KG. H. pfandrechtlich sichergestellten Forderung samt Nebengebühren dem Gründe und der Höhe nach an, erhob jedoch die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges und der Unzuständigkeit des angerufenen Gerichtes, wobei er darauf verwies, daß die von der klagenden Partei am 2. Oktober 1953 im Konkurs angemeldete Klagsforderung im vollen Umfange der Anmeldung als Konkursforderung dritter Klasse anerkannt worden sei. Bezüglich der Personalschuld äußerte er sich überhaupt nicht.

Das Erstgericht wies die beiden Einreden zurück und verurteilte die beklagte Partei schlechthin zur Zahlung des Klagsbetrags. Es handle sich um ein auch vom Masseverwalter anerkanntes Absonderungsrecht der Klägerin, das durch die Konkurseröffnung nicht berührt werde (§ 11 KO.), so daß der Rechtsweg zulässig sei.

Mit dem am 27. Jänner 1954 eingebrachten Schriftsatz beantragte die klagende Partei die Berichtigung des Urteilsspruches in dem Sinne, daß die beklagte Partei "bei sonstiger Exekution in die Pfandliegenschaft EZ. 314 KG. H." schuldig erkannt werde, den Klagsbetrag zu bezahlen.

Mit den Beschluß vom 4. Feber 1954, ON. 12, berichtigte das Erstgericht das Urteil in dem beantragten Sinn in der Erwägung, daß durch ein Versehen die von der klagenden Partei nach Kenntnisnahme der Konkurseröffnung beantragte Einschränkung in das Urteil nicht aufgenommen worden sei.

Gegen das Urteil des Prozeßgerichtes wie auch gegen dessen Berichtigungsbeschluß erhob die beklagte Partei Berufung und Rekurs.

Das Berufungsgericht gab dem Rekurs Folge, hob den Berichtigungsbeschluß auf und wies den Antrag der klagenden Partei auf Urteilsberichtigung ab.

Der von der beklagten Partei wegen Nichtigkeit erhobenen Berufung gab das Berufungsgericht teilweise Folge und hob den Ausspruch, womit die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückgewiesen wurde, und das angefochtene Urteil in seinem Spruch, soweit es auf Zwangsvollstreckung über die verpfändete Liegenschaft EZ. 314 KG. H. Grundbuch Bruck a. d. Mur hinausgeht - also hinsichtlich der beantragten Gestattung der Zwangsvollstreckung in das sonstige Vermögen der beklagten Partei bzw. gegen diese persönlich - sowie das darauf bezügliche Verfahren als nichtig auf und wies diesen Teil der Klage und des Klagebegehrens wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurück.

Der weiteren Berufung hinsichtlich des Begehrens der Hypothekarklage und des Ausspruches über die Prozeßkosten erster Instanz wurde keine Folge gegeben.

Die Entscheidung des Berufungsgerichtes wird vom Masseverwalter wegen Nichtigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung insoweit angefochten als die beklagte Partei schuldig erkannt wurde, der klagenden Partei den Betrag von 15.000 S und 479.07 S samt Zinsen und Kosten bei Exekution in die verpfändete Liegenschaft EZ. 314 KG. H., Bezirksgericht Bruck a. d. Mur zu bezahlen.

Die klagende Partei erhebt gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes Revisionsrekurs und Revision und begehrt die Wiederherstellung des erstrichterlichen Berichtigungsbeschlusses und die Wiederherstellung des (berichtigten) Ersturteils.

Der Oberste Gerichtshof verwarf die wegen Nichtigkeit erhobene Revision des Masseverwalters, gab hingegen dem Revisionsrekurs und der Revision der klagenden Partei Folge und stellte den erstinstanzlichen Berichtigungsbeschluß sowie das berichtigte Ersturteil wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Frage, ob ein abgesonderter Revisionsrekurs zulässig ist, wenn die Berichtigung des Urteils vom Erstgericht angeordnet, vom Gericht zweiter Instanz aber versagt wurde, ist strittig. In der Entscheidung vom 12. Oktober 1926, ZBl. 1927 Nr. 59, ist ausgesprochen, daß gegen die Verweigerung der Berichtigung durch das Rekursgericht ein abgesondertes Rechtsmittel auch dann nicht zulässig ist, wenn die Berichtigung in erster Instanz von Amts wegen und nicht auf Antrag erfolgt ist. Die Entscheidung vom 4. Juli 1933, AnwZtg. 1933, S. 419, läßt gegen die Abweisung des Berichtigungsantrages durch das Berufungsgericht einen Rekurs dann nicht zu, wenn nach der Aktenlage noch ein Rechtsmittel möglich war, mit dem dieser Rekurs verbunden werden konnte. Die Entscheidung ZBl. 1926, Nr. 307 bejaht die Zulässigkeit des Revisionsrekurses, wenn die Berichtigung eines rechtskräftigen Urteils vom Erstgericht angeordnet, vom Rekursgericht aber versagt wurde. In der Entscheidung SZ. XXIV/34, der der Fall zugrunde liegt, daß ein bei der Rekursinstanz gestellter Antrag auf Berichtigung der Rekursentscheidung abgewiesen wurde, ist ausgesprochen, daß gegen die Abweisung eines Berichtigungsantrages ein abgesondertes Rechtsmittel auch dann unzulässig ist, wenn die Abweisung vom Gericht zweiter Instanz erfolgt ist.

Gegen die in der oben angeführten Entscheidung ZBl. 1927 Nr. 59, niedergelegte Rechtsansicht, daß ein abgesonderter Rekurs gegen eine vom Rekursgericht ausgesprochene Beseitigung einer amtswegigen Urteilsberechtigung in gleicher Weise unzulässig sei wie der abgesonderte Rekurs gegen eine erstgerichtliche Abweisung eines Antrages auf Urteilsberechtigung, hat Bettelheim (a. a. O.) Stellung genommen. Er vertrat den Standpunkt, daß ein abgesondertes Rechtsmittel gegen einen Berichtigungsbeschluß welcher Art immer unzulässig sei. Wenn aber das Rekursgericht dem Rekurs gegen den Berichtigungsbeschluß Folge gegeben und den Rekursgegner in die Rekurskosten verfällt habe, dann könne gegen diesen Beschluß ein Rechtsmittel nicht versagt werden.

Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes ist von der Bestimmung des § 419 ZPO. auszugehen. Hiernach findet nur gegen den Beschluß, womit der Antrag auf Berichtigung zurückgewiesen wird, ein abgesondertes Rechtsmittel nicht statt. Daraus ist in Verbindung mit § 514 Abs. 1 ZPO. zu folgern, daß gegen den Beschluß, womit über Antrag einer Partei oder von Amts wegen die Berichtigung vorgenommen wurde, der Rekurs zulässig ist. Entscheidet sonach das Gericht zweiter Instanz über einen vom Gesetz für zulässig erklärten Rekurs, dann trifft es seine Entscheidung als Rekursgericht und es kommt die nur für das Berufungsverfahren gültige Sondervorschrift des § 519 ZPO. nicht zur Anwendung. Die Frage der Zulässigkeit eines weiteren Rechtsmittels gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes beurteilt sich sodann aber ausschließlich nach der Vorschrift des § 528 ZPO. und es ist nicht angängig, auf den die Verweigerung der Berichtigung aussprechenden Beschluß des Rekursgerichtes nun wieder die Regel des § 419 ZPO. anwenden und somit nur einen aufgeschobenen Rekurs (§ 515 ZPO.) gestatten zu wollen. Daraus folgt aber, daß der vom Gericht zweiter Instanz im Sinne einer Verweigerung der Urteilsberichtigung abgeänderte erstrichterliche Beschluß unter den weiteren Voraussetzungen des § 528 ZPO. stets einer abgesonderte Anfechtung unterliegt.

Der demnach zulässige Revisionsrekurs der klagenden Partei ist aber auch begrundet.

Nach dem Klagevorbringen hat Johann St. für eine eigene Darlehensschuld ein Pfandrecht bestellt. Die Klägerin konnte daher mit persönlicher Schuldklage gegen ihn vorgehen, sie konnte sich aber auch darauf beschränken, mit der Hypothekarklage nur die Befriedigung aus der Pfandsache geltend zu machen. Diesmal hat die Klägerin beide Klagen miteinander verbunden, wie aus ihrem Klageantrag erhellt, demzufolge "auch" Befriedigung aus der verpfändeten Liegenschaft verlangt wird, was zunächst allerdings nur dahin verstanden werden kann, daß darüber hinaus auch der Zugriff auf das anderweitige Vermögen des Schuldners angestrebt wird. Mit Rücksicht auf das ihr nach Klagseinbringung zugekommene Konkursedikt hat aber Klägerin den persönlichen Anspruch gegen den Gemeinschuldner nicht weiterverfolgt, sondern sie hat, wie aus ihrem in der Verhandlung vom 16. Oktober 1953 gestellten Antrag und insbesondere aus der Zitierung des § 6 Abs. 2 KO. hervorgeht, nur die Fortsetzung des Rechtsstreites über ihren Absonderungsanspruch gegen den Masseverwalter begehrt. Dieser Standpunkt der Klägerin wird erhärtet durch ihr Vorbringen in der bereits mit dem Masseverwalter durchgeführten Verhandlung vom 28. November 1953 wonach die Klägerin ihren persönlichen Anspruch nunmehr im Wege der Anmeldung geltend gemacht hat, hingegen mit der vorliegenden Klage nur noch ihren Anspruch auf abgesonderte Befriedigung aus der Pfandliegenschaft erfolgt. Demgemäß hat der Erstrichter auch nur über den Absonderungsanspruch verhandelt und hat, wie in den Gründen seines Urteiles eindeutig zum Ausdruck kommt, nur dem Absonderungsanspruch zum Durchbruch verhelfen, somit also nur der Pfandklage stattgeben wollen. Die Urteilsgrunde befassen sich nur mit dem der Klägerin auf Grund des vertragsmäßig gewährten Pfandrechtes zustehenden Absonderungsrecht und munden in den Satz, daß es sich vorliegendenfalls um die Geltendmachung eines Absonderungsrechtes handle, das die Klägerin unabhängig vom Konkursverfahren verfolgen könne. Wenn nun der Erstrichter trotzdem die beklagte Partei schlechthin zur Zahlung der Darlehensschuld verurteilt hat, so entspricht dieses Urteil offenkundig nicht seinem Entscheidungswillen. Es liegt vielmehr eine offenbare Unrichtigkeit des Spruches vor, die den Erstrichter gemäß § 419 ZPO. berechtigte, das Urteil in dem Sinne zu berichtigen, daß der Klägerin zur Befriedigung ihrer Forderung nur der Zugriff auf die Pfandsache, nicht aber auf andere Vermögensstücke des Gemeinschuldners gestattet wird. Die Meinung des Berufungsgerichtes, daß bei einer solchen Fassung des Spruches das Urteilsbegehren nicht vollständig erledigt wurde, ist irrig, da die Klägerin, wenngleich sie eine entsprechende Präzisierung des Klagebegehrens unterließ, keinen Zweifel darüber offen ließ, daß sie sich nur bezüglich ihres Absonderungsanspruches einen Zwangsvollstreckungstitel verschaffen wollte (vgl. Entscheidung vom 23. Feber 1927, JBl. 1927, S. 91).

Soweit die Revision der beklagten Partei Nichtigkeit geltend macht, gehen ihre Ausführungen samt und sonders fehl. Die Klägerin macht, nachdem sie ihre persönliche Forderung im Konkurs angemeldet hat, mit der vorliegenden Klage nur einen Absonderungsanspruch geltend. Zum Begriff der Absonderungsrechte gehört es, daß ihr Geltendmachung außerhalb des Konkursverfahrens zu erfolgen hat. Für ihre Prüfung und Feststellung, aber auch für die Verwertung der Objekte der Absonderungsrechte sind die auch sonst hiefür außerhalb des Konkursverfahrens maßgebenden Normen geltend (§§ 11, 111 Abs. 2 KO.). Die Klägerin war daher befugt, mittels Pfandklage ihren Absonderungsanspruch bei dem im Schuldschein vereinbarten sachlich zuständigen Landesgericht für ZRS. Graz geltend zu machen. Infolge der Konkurseröffnung mußte nun der Masseverwalter in den Prozeß eingeschaltet werden. Das ist aber geschehen. Eine Nichtigkeit haftet somit dem angefochtenen Urteil nicht an.

Unter dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung wird von der Revision ausgeführt, daß der Klägerin für eine zusätzlich geltend gemachte Haftung des vom Masseverwalter anerkannten Anspruches im zivilgerichtlichen Wege jedes Rechtsschutzinteresse fehle, den sie habe infolge Anerkennung ihrer im Konkurs angemeldeten Forderung die Möglichkeit, auf Grund des Auszuges aus dem Anmeldungsverzeichnis die Verwertung ihres Absonderungsrechtes auch während des Konkurses zu betreiben. Zur Stützung ihrer Rechtsansicht beruft sich die Revision auf Bartsch - Pollak, Anm. 15 zu § 61 KO., letzter Satz.

Das Revisionsgericht vermag den Ausführungen der Revision nicht zu folgen und lehnt die Lehrmeinung von Bartsch - Pollak (a. a. O.) ab. Es ist der Revision zuzugeben, daß die Prüfungserklärung des Masseverwalters und sein Anerkenntnis mit den Wirkungen eines rechtskräftigen Urteiles über den Bestand der Forderung ausgestattet ist. Sein Anerkenntnis bezieht sich aber bloß auf die persönliche Forderung und läßt hinsichtlich der dinglichen Sicherung ein entsprechend wirkendes Anerkenntnis des Masseverwalters nicht zu, dem ja grundsätzlich die Wahrnehmung der Rechte der Absonderungsberechtigten nicht obliegt. Ein derartiges Anerkenntnis, selbst wenn es im Anmeldungsverzeichnis vermerkt wird, nimmt an der Rechtskraft der Eintragung im Anmeldungsverzeichnis nicht teil und hat nur die Wirkungen, die ihm nach bürgerlichem Recht zukommen. Einem persönlichen Gläubiger, dessen Forderung anerkannt und in das Anmeldungsverzeichnis eingetragen wurde, steht gemäß § 61 KO. immer nur die Exekution in das dem Gemeinschuldner zur freien Verfügung bleibende oder nach der Konkurseröffnung erworbene Vermögen zu. Solange das Konkursverfahren dauert, kann er in das der freien Verfügung entzogene Vermögen des Gemeinschuldners nicht vollstrecken. Daher ist es auch der Klägerin - auch wenn sie zugleich Absonderungsgläubigerin ist - verwehrt, wegen ihrer im Konkursverfahren festgestellten persönlichen Forderung, auf die gleichfalls dem Konkurs unterworfene Pfandliegenschaft zu greifen. Erst wenn der Masseverwalter die Zwangswertsteigerung betreibt, könnte sie, ohne daß sie eines Vollstreckungstitels bedürfte, ihren vom Masseverwalter anerkannten Absonderungsanspruch zur Geltung bringen. Wenn aber die Forderung der Klägerin schon jetzt fällig ist, dann kann sie nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes schon jetzt Befriedigung verlangen und, wenn sie ihr nicht gewährt wird, gegen den Masseverwalter die Hypothekarklage zur Realisierung ihres Pfandrechtes erheben. Sie ist nicht gehalten, mit der Verwirklichung ihres Absonderungsanspruches bis zur Versilberung der Masse durch den Masseverwalter zuzuwarten. Sie kann unbeschadet des Konkursverfahrens selbständig die Verwertung ihres Deckungsobjektes verfolgen, als auch die Pfandklage einbringen und sodann auf Grund des über die Klage ergehenden Urteils ihren Absonderungsanspruch verwirklichen.

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