OGH 2Ob161/54

OGH2Ob161/5426.5.1954

SZ 27/152

Normen

ABGB §1009
WechselG Art7
Wechselgesetz
ABGB §1009
WechselG Art7
Wechselgesetz

 

Spruch:

Wer in Kenntnis ist, daß ein Wechsel in seinem Namen ohne seinen Willen unterfertigt wurde, ist verpflichtet, den gegen ihn sprechenden Schein zu beseitigen, wenn Dritten aus dessen Bestehenbleiben Schaden erwachsen kann. Wer diese Verpflichtung unterläßt, ist so zu behandeln, als ob die Unterschrift mit seiner Zustimmung abgegeben worden wäre.

Entscheidung vom 26. Mai 1954, 2 Ob 161/54.

I. Instanz: Landesgericht Innsbruck; II. Instanz: Oberlandesgericht Innsbruck.

Text

Der Beklagte kaufte von dem Kläger am 28. November 1951 einen Lastkraftwagen Austro-Fiat um den Betrag von 185.000 S. Von dem Kaufpreis sollte der Betrag von 85.000 S bei der Übernahme bar und der Rest von 100.000 S durch das Autokreditinstitut Autofirma beglichen werden. Im Zusammenhang mit seiner Zahlungsverpflichtung übergab der Beklagte dem Kläger am 20. Dezember 1951 einen vom Kläger ausgestellten und von dem Beklagten mit einer Annahmeerklärung versehenen, am 30. März 1952 fälligen Wechsel über den Betrag von 50.000 S. Am 28. März 1952 übergab Nikolaus K., der Schwiegersohn des Beklagten, dem Kläger einen Barbetrag von 25.000 S und vereinbarte mit dem Kläger, daß von dem Kaufpreis ein weiterer Betrag von 10.000 S bei der Übernahme des Wagens bezahlt werde und daß der Beklagte dem Kläger, falls er nicht zur Zeit der Übernahme Barzahlung leisten könne, einen diskontfähigen Wechsel über den Betrag von 50.000 S ausfolge. Hinsichtlich der Bezahlung des Restbetrages von 100.000 S sollte es bei der ursprünglichen Vereinbarung bleiben. Der Kläger verpflichtete sich, gegen Ersatz der aufgelaufenen Kosten und Spesen den am 30. März 1952 fälligen Wechsel auf den Betrag von 50.000 S einzulösen. Nikolaus K. übergab dem Kläger eine vom Beklagten ausgestellte Vollmacht vom 25. März 1952, in der der Beklagte den Nikolaus K. beauftragte, "mit der Bank betreffs der Wechselangelegenheit zu erledigen". Am 10. April 1952 bezahlte der Beklagte einen Betrag von 10.000 S. Mit den schriftlichen Vollmachtsurkunden vom 4. April 1952 und 9. April 1952 beauftragte der Beklagte den Nikolaus K., den Kraftwagen bei der Österreichischen Automobil Fabriks A. G. abzuholen. Diese folgte den Kraftwagen dem Nikolaus K. am 14. April 1952 gegen Übergabe eines auf den Betrag von 51.300 S lautenden, vom Beklagten ausgestellten Sichtwechsels, der von Nikolaus K. mit dem Namen des Beklagten und ohne Bezeichnung eines Vollmachtsverhältnisses unterfertigt war, aus. Von der Unterfertigung des Wechsels mit seinem Namen wurde der Beklagte von Nikolaus K. in Kenntnis gesetzt. Am 19. Mai 1952 drohte der Kläger dem Beklagten die Einbringung der Wechselklage an. Mit dem Schreiben vom 20. Juni 1952 bat der Beklagte den Kläger, mit seiner Forderung zuzuwarten. Auch eine neuerliche Androhung der Geltendmachung der wechselrechtlichen Ansprüche des Klägers beantwortete der Beklagte mit dem Ersuchen um einige Tage Geduld.

Der Kläger machte nunmehr seine wechselrechtlichen Ansprüche aus dem Wechsel über den Betrag von 51.300 S gegen den Beklagten geltend. Der Beklagte erhob gegen den Zahlungsauftrag Einwendungen. Die Unterschrift auf dem eingeklagten Wechsel sei ohne seine Zustimmung gegeben worden. Der Wechsel sei noch nicht fällig, weil der Kläger dem Beklagten die Kraftfahrzeugpapiere nicht übergeben habe. Der Beklagte habe daher dem Kläger nach Setzung einer Nachfrist zur Übergabe der Papiere den Rücktritt vom Vertrag erklärt. Der Kraftwagen weise erhebliche Mängel auf, wegen der eine Preisminderung im Betrage von 30.000 S geltendgemacht werde. Der vom Kläger für die Motorbremse und den Nebelscheinwerfer geforderte Betrag von 1300 S sei im Kaufpreis mitinbegriffen. Der Kläger sei auch seiner Verpflichtung, einen alten Wagen des Beklagten zu übernehmen, nicht nachgekommen.

Der Wechselzahlungsauftrag wurde vom Erstgericht aufrecht erhalten. Es nahm als erwiesen an, daß zwischen den Streitteilen weder eine Vereinbarung, im Zusammenhang mit dem Kaufvertrag, einen alten Wagen des Beklagten zu übernehmen, zustande gekommen sei, noch daß sich der Kläger verpflichtet habe, dem Beklagten im Rahmen des ursprünglichen Kaufvertrages die Motorbremse und den Nebelscheinwerfer zu liefern. Der in den Händen des Klägers befindliche Kaufantrag erwähnte diese Bestandteile nicht. Diesen Antrag habe der Beklagte angenommen. Die Mängel des Wagens seien unwesentlich und lediglich als Schönheitsfehler zu werten. Überdies habe der Beklagte nach den Liefer- und Verkaufsbedingungen nur einen Anspruch auf Ersatz oder Instandsetzung. Er habe auch bei der Übernahme des Wagens die angeblichen Mängel nicht gerügt. Der Beklagte habe von den Abmachungen seines Schwiegersohnes vom 28. März 1952 Kenntnis gehabt, habe ihn ermächtigt, den Wagen abzuholen und die geldlichen Verpflichtungen zu erfüllen. Aus dem nachträglichen Verhalten des Beklagten sei zu schließen, daß Nikolaus K. zur Abgabe der Annahmeerklärung bevollmächtigt gewesen sei. Der Beklagte habe dem Kläger entgegen der Vereinbarung keinen diskontfähigen Zeitwechsel, sondern einen Sichtwechsel übergeben, so daß der Kläger zur Zurückhaltung der Wagenpapiere bis zur Ausstellung des vereinbarten diskontfähigen Wechsels berechtigt gewesen sei.

Das Berufungsgericht bestätigte die erstgerichtliche Entscheidung. Es ließ es dahingestellt, ob die vom Beklagten dem Nikolaus K. erteilten schriftlichen Vollmachten diesen zur Annahme des Wechsels namens des Beklagten ermächtigten. Der Beklagte habe aber dem Kläger gegenüber niemals die Unwirksamkeit des Wechselakzeptes eingewendet und durch sein Verhalten die Verbindlichkeit des Akzeptes und seine Rechtswirksamkeit anerkannt. Wenn sich der Kläger mit einem zur Weitergabe an ein Geldinstitut nicht geeigneten und für eine Geldbeschaffung daher nicht verwendbaren Sichtwechsel an Stelle eines für den Beklagten in seinen Auswirkungen drückenderen diskontfähigen Zeitwechsels begnügt habe, so sei er darin nur dem Beklagten entgegengekommen.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Rechtsrüge führt der Beklagte dahin aus, daß die Wechselverpflichtung des Bezogenen nach Art. 25 und 28 Wechselgesetz nur durch dessen Unterschrift entstehe. Wenn eine Wechselerklärung von einem Machthaber unterschrieben worden sei, so könne nach § 557 Abs. 2 ZPO. ein Zahlungsauftrag nur erlassen werden, wenn die Vollmacht des Machthabers beigebracht werde. Die vom Beklagten dem Nikolaus K. ausgestellten Vollmachten bezögen sich nicht auf die Annahme des gegenständlichen Wechsels. Mangels Übergabe der Papiere sei der Kraftwagen nicht übergeben worden. Nach der Vereinbarung vom 28. März 1952 wäre der Beklagte lediglich verpflichtet gewesen, einen vom Kläger ausgestellten Wechsel über den Betrag von 50.000 S mit einer dreimonatlichen Laufzeit anzunehmen.

Die Rechtsrüge ist unbegrundet. Die Namensunterzeichnung auf einem Wechsel kann entweder eigenhändig oder durch einen Bevollmächtigten erfolgen. Die Unterzeichnung durch einen Vertreter kann sowohl in der Weise stattfinden, daß der Vertreter seinen eigenen Namen unter Eröffnung des Vertretungsverhältnisses unterzeichnet, wie in der Weise, daß der Vertreter nur den Namen des Machtgebers unterschreibt (Stranz, Kommentar zum Wechselgesetz, 14. Aufl., S. 70, ebenso Grünhut, Wechselrecht I, S. 324, Hueck, Recht der Wertpapiere, S. 36). Nach der Rechtsprechung des deutschen Reichsgerichtes (RG. 145/87) kann die Unterzeichnung sogar in der Weise erfolgen, daß diejenige Person, welche für einen Dritten in dessen Namen unterzeichnet, sich überhaupt nicht als Vertreter zu erkennen gibt, sondern sich als die zu vertretende Person ausgibt. Wer in Kenntnis ist, daß ein Wechsel mit seinem Namen ohne seinen Willen unterfertigt wurde, ist verpflichtet, den gegen ihn sprechenden Schein zu beseitigen, wenn Dritten aus dessen Bestehenbleiben Schaden erwachsen kann. Wer diese Verpflichtung unterläßt, kann nicht anders behandelt werden, als wenn die Unterschrift mit seiner Zustimmung abgegeben worden wäre (vgl. Jacobi - Ehrenberg, Handbuch des gesamten Handelsrechtes, IV S. 288). Der Beklagte wäre verpflichtet gewesen, gleichviel, ob ihm sein Schwiegersohn mitteilte, daß die Unterfertigung des Wechsels mit seinem Namen nur eine Formsache darstelle oder nicht, dem Kläger unverzüglich bekanntzugeben, daß sein Schwiegersohn ohne seine Zustimmung den Wechsel unterfertigt habe. Zwischen den Parteien wurden nach der Übergabe des Kraftwagens zahlreiche Briefe gewechselt, in denen der Beklagte niemals eingewendet hat, daß der Wechsel ohne seine Zustimmung unterfertigt worden sei. Diese Einwendung hat der Beklagte auch nach Androhung der Wechselklage nicht erhoben. Ein Stillschweigen ist dort als Zustimmung anzusehen, wo die Abgabe einer Erklärung Pflicht gewesen wäre. Der Beklagte muß daher das von Nikolaus K. abgegebene Akzept nach den Grundsätzen des redlichen Verkehrs gegen sich gelten lassen. Die Verpflichtung zur Übergabe eines diskontfähigen Wechsels hat der Beklagte nicht erfüllt, so daß der Kläger die Wagenpapiere zurückhalten konnte. Der Beklagte kann auch nicht die Aufnahme des Betrages von 51.300 S in den Wechsel beanstanden, weil er nicht rechtzeitig erklärt hat, daß dieser Betrag ohne seine Zustimmung in den Wechsel eingesetzt wurde. Der Kläger ist nach den Feststellungen der Unterinstanzen berechtigt, zu dem Kaufpreis noch den Betrag von 1300 S als Kosten der Einlösung des ersten Wechsels und als Preis für die Nebenbestandteile zu fordern.

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