OGH 3Ob281/54

OGH3Ob281/5428.4.1954

SZ 27/116

Normen

ABGB §91
EheG §§66 ff
EO §35
ABGB §91
EheG §§66 ff
EO §35

 

Spruch:

In einem Oppositionsprozeß, der gegen eine Exekution auf Grund eines bei aufrechter Ehe geschlossenen Unterhaltsvergleiches geführt wird, weil die Ehe rechtskräftig geschieden wurde, kann nicht der Unterhalt der Ehefrau für die Zeit nach der Scheidung festgesetzt werden.

Entscheidung vom 28. April 1954, 3 Ob 281/54.

I. Instanz: Bezirksgericht Irdning; II. Instanz: Kreisgericht Leoben.

Text

Die Streitteile schlossen am 15. November 1951 zu C 231/51 des Bezirksgerichtes Eibiswald einen gerichtlichen Vergleich, in welchem sich der Kläger verpflichtete, der Beklagten einen Unterhaltsbeitrag von 450 S monatlich zu bezahlen. Auf Grund dieses Vergleiches wurde der Beklagten mit Beschluß vom 6. Dezember 1952, E 750/52, des Bezirksgerichtes Eibiswald zur Hereinbringung der vollstreckbaren Unterhaltsforderung von 450 S monatlich ab 1. Jänner 1953 die Exekution durch Pfändung und Überweisung der Dienstbezüge des Klägers bewilligt. Gegen diese Exekution erhob der Kläger Einwendungen nach § 35 EO. mit dem Begehren, es werde den Einwendungen, daß der Anspruch der Beklagten aus dem Vergleich hinsichtlich eines Teilbetrages von 250 S monatlich ab 1. April 1953 durch die Rechtskraft des Urteiles des Oberlandesgerichtes Graz, bzw. Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz, 9 Cg 26/52 aufgehoben wurde, stattgegeben: dieses Begehren wurde damit begrundet, daß nach Abschluß des Vergleiches, der die Unterhaltsregelung nach § 91 ABGB. zum Gegenstand hatte, die Ehe der Streitteile rechtskräftig geschieden wurde, weshalb der Anspruch der Beklagten aus dem Vergleich hinsichtlich eines Teilbetrages von 250 S monatlich erloschen sei.

Das Prozeßgericht gab den Einwendungen des Klägers insoweit Folge, als es aussprach, der Anspruch der Beklagten aus dem Vergleich sei hinsichtlich eines Teilbetrages von 200 S monatlich ab 1. April 1953 durch die Rechtskraft des Scheidungsurteiles aufgehoben, und wies das Mehrbegehren ab. Es war der Rechtsansicht, daß der unterhaltsverpflichtete Schuldner nach Einleitung der Exekution zur Hereinbringung von Unterhaltsbeiträgen seine Einwendungen, daß der Unterhaltsanspruch aus dem Exekutionstitel ganz oder teilweise erloschen sei, durch Klage nach § 35 EO. geltend machen könne. Der während des Bestandes der Ehe abgeschlossene Vergleich habe nur den Unterhaltsanspruch der Beklagten gemäß § 91 ABGB. zum Gegenstand gehabt; durch die Rechtskraft des Urteiles im Scheidungsprozeß sei an die Stelle des Unterhaltsanspruches nach § 91 ABGB. der nach § 66 EheG. getreten. Bei Berücksichtigung der Erwerbs-, Vermögens-, Einkommens- und persönlichen Verhältnisse der Beklagten sei nur ein Unterhaltsbeitrag von 250 S angemessen, weshalb den Einwendungen des Klägers hinsichtlich des diesen Unterhaltsbeitrag übersteigenden Betrages stattzugeben, das Mehrbegehren aber abzuweisen sei.

Das Berufungsgericht änderte das Urteil des Prozeßgerichtes dahin ab, daß der Anspruch der Beklagten nur hinsichtlich eines Teilbetrages von 100 S erloschen sei. Es war der Ansicht, daß der Kläger in der Lage sei, der Beklagten einen Unterhaltsbeitrag von 350 S monatlich zu bezahlen.

Der Oberste Gerichtshof hob über Revision des Klägers die Urteile beider Untergerichte im angefochtenen Umfange auf und verwies die Rechtssache im Umfange der Aufhebung zur neuerlichen Verhandlung und Urteilsfällung an das Prozeßgericht zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Ein Urteil, mit welchem dem Ehemann die Unterhaltsleistung an seine Gattin aufgetragen wird, wirkt nicht über die Scheidung der Ehe hinaus, da dieser Unterhaltsanspruch sich aus § 91 ABGB. ergibt, während der Unterhaltsanspruch der Ehegattin nach der Scheidung in den Bestimmungen der §§ 66 ff. EheG. seine Grundlage hat. (SZ. XXIV/75 und die dort bezogene Rechtsprechung). Durch die Rechtskraft des Scheidungsurteiles ist daher der Anspruch aus dem Urteil über den Unterhaltsanspruch nach § 91 ABGB. erloschen und es kann ein derartiger Titel für Ansprüche, die auf § 66 EheG. gestützt werden, nicht mehr als Exekutionstitel verwendet werden. Das gleiche muß aber auch für einen Unterhaltsvergleich gelten, der sich nur auf die Unterhaltspflicht während des Bestandes der Ehe bezieht, da auch ein solcher Vergleich durch die Rechtskraft des Scheidungsurteiles seine Wirksamkeit verliert.

Das Prozeßgericht hat, allerdings ohne irgend welche Beweise darüber aufzunehmen und zu dem Vorbringen der Beklagten Stellung zu nehmen, daß sich der Vergleich auch auf den Unterhalt nach der Scheidung beziehen sollte, angenommen, daß durch den Vergleich nur die Unterhaltsansprüche während des Bestandes der Ehe geregelt werden sollten, hat aber dennoch dem Begehren nicht zur Gänze stattgegeben, von der unrichtigen Rechtsansicht ausgehend, daß der Exekutionstitel nunmehr zur Geltendmachung des Unterhaltsanspruches nach § 66 EheG. verwendet werden könne. Das Berufungsgericht war der unrichtigen Rechtsmeinung, daß zwar der Ehemann berechtigt sei, eine Klage nach § 35 EO. zu erheben, wenn der Unterhaltstitel sich nur auf die Zeit während des Bestandes der Ehe bezogen hat und die Ehe geschieden wurde, daß aber das Gericht im Oppositionsprozeß die Verpflichtung des Ehemannes zur Leistung des Unterhaltes zu prüfen und diesen allenfalls neu festzusetzen habe, ohne sich mit der Frage zu befassen, ob der Vergleich sich nur auf die Unterhaltspflicht während des Bestandes der Ehe beziehe oder auch die Unterhaltsansprüche der Ehegattin nach der bevorstehenden Scheidung regeln sollte, wie die Beklagte behauptet. Da, wie bereits ausgeführt, die Wirksamkeit des Unterhaltstitels, der sich nur auf den Unterhalt während des Bestandes der Ehe bezieht, durch das Scheidungsurteil erloschen ist, hat sich das Gericht im Oppositionsprozeß darauf zu beschränken, festzustellen, ob die Ehe rechtskräftig geschieden wurde und ob sich der Titel nur auf den Unterhalt während des Bestandes der Ehe bezieht; treffen diese Voraussetzungen zu, so ist den Einwendungen nach § 35 EO. stattzugeben, ohne daß im Oppositionsprozeß, der nur die Frage zum Gegenstand hat, ob der Anspruch aus dem Exekutionstitel erloschen ist, geprüft werden darf, welcher Unterhaltsbeitrag nunmehr im Hinblick auf das Scheidungsurteil angemessen ist. In einem solchen Fall muß vielmehr die unterhaltsberechtigte Ehegattin einen neuen Exekutionstitel erwirken, da der ursprüngliche Titel durch die Scheidung unwirksam geworden ist. Allerdings ist das Gericht an das Begehren der Klage nach § 35 EO. gebunden und darf dieses Begehren gemäß § 405 ZPO. nicht überschreiten; der Revisionsantrag des Klägers ist daher verfehlt, insoweit er beantragt, daß die Exekution zur Gänze für unzulässig erklärt werde, da ja das Begehren in der Klage nur darauf gerichtet ist, daß der Anspruch der Beklagten hinsichtlich des Teilbetrages von 250 S monatlich ab 1. April 1953 aufgehoben werde und der Kläger auch gegen die Abweisung des Mehrbegehrens hinsichtlich eines Betrages von 50 S monatlich eine Berufung nicht erhoben hat, dieser Teil des erstinstanzlichen Urteiles daher in Rechtskraft erwachsen ist.

Nun ist aber dem Revisionsgericht eine Entscheidung in der Sache selbst nicht möglich, weil den Urteilen der Untergerichte eindeutige Feststellungen darüber mangeln, ob nach der Absicht der Parteien bei Abschluß des Vergleiches nur die Unterhaltsansprüche während des aufrechten Bestandes der Ehe oder auch für die Zeit nach der Scheidung geregelt werden sollten.

Es war daher der Revision Folge zu geben, gemäß § 510 ZPO. das Urteil des Berufungsgerichtes und das des Prozeßgerichtes, soweit es nicht in Rechtskraft erwachsen ist, aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Urteilsfällung an das Prozeßgericht zurückzuverweisen.

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