Spruch:
Übergabsverträge auf den Todesfall sind auch zwischen anderen Personen als Ehegatten zulässig.
Entscheidung vom 14. April 1954, 3 Ob 244/54.
I. Instanz: Bezirksgericht Leibnitz; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz.
Text
Das Rekursgericht hat in Abänderung des erstrichterlichen Beschlusses, womit die Einverleibung des Veräußerungs- und Belastungsverbotes zugunsten von Franz und Maria T. bewilligt wurde, den Antrag aus der rechtlichen Erwägung abgewiesen, daß der am 28. November 1947 zwischen den Genannten und Josefa T. abgeschlossene Übergabsvertrag nach seinen wesentlichen Elementen als ein Rechtsgeschäft auf den Todesfall zu qualifizieren sei. Wollte man es als Schenkung auf den Todesfall ansehen, so wäre es als Vertrag mangels des im § 956 ABGB. vorgesehenen Erfordernisses des ausdrücklichen Ausschlusses der Widerrufbarkeit unwirksam. Wie aus dem Inhalt des Vertrages (insbesondere Punkt 1) hervorgehe, habe die Klägerin dabei über ihr gesamtes Vermögen verfügt. Das Rechtsgeschäft müsse daher als eine Art Erbvertrag beurteilt werden. Soll erst nach dem Tode des Hofübergebers ein bäuerlicher Übergabsvertrag wirksam werden, so liege darin ein verschleierter Erbvertrag oder eine verschleierte letztwillige Verfügung.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Antragsteller Franz und Maria T. Folge und stellte den Beschluß des Erstgerichtes wieder her.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Die Auffassung des Rekursgerichtes, wonach in dem gegenständlichen Übergabsvertrag auf den Todesfall ein verschleierter Erbvertrag oder eine verschleierte letztwillige Verfügung zu erblicken sei, kann nicht geteilt werden, zumal es auch nicht zutrifft, daß, wie angeblich (insbesondere aus Punkt 1) des Übergabsvertrages ersichtlich sei, die Liegenschaftseigentümerin und Übergeberin Josefa T. über ihr gesamtes Vermögen verfügt hat. Eine derartige Schlußfolgerung erscheint aus dem Urkundeninhalt, der allein den Gegenstand der Überprüfung bildet (§ 94 Z. 3 GBG.) keineswegs zulässig. Von einem erbvertragsähnlichen Rechtsgeschäft kann aber schon deswegen nicht gesprochen werden, weil im Zeitpunkte des Vertragsabschlusses noch gar nicht als feststehend angenommen werden konnte, ob ohne Rücksicht auf den Vertrag die übergebene Liegenschaft den einzigen Nachlaßbestandteil bilden oder überhaupt in den Nachlaß fallen würde. Es kann aber auch in dem Rechtsgeschäft keine unentgeltliche Verfügung auf den Todesfall erblickt werden, die gemäß § 956 ABGB. besonderen Beschränkungen unterliegt, da der Übergabsvertrag vom 28. November 1947 ein beiderseits entgeltlicher ist. Entgeltliche Verfügungen oder Vermögensbestandteile, die mit dem Tode eines Vertragspartners wirksam werden sollen, unterliegen jedoch nur den allgemeinen Beschränkungen für Verträge schlechthin. Diese unterschiedliche Behandlung ist darin begrundet, daß durch unentgeltliche Verfügungen die Interessen der Erben und Nachlaßgläubiger im höheren Grade gefährdet sind, als im Falle einer entgeltlichen Verfügung, wo für das dem Dritten eingeräumte Recht der Gegenwert in das Vermögen des Verfügenden oder seines Nachlasses fließt. Der Oberste Gerichtshof hat bereits in der Entscheidung vom 18. Jänner 1950, 1 Ob 19/50 (SZ. XXIII/8) die Auffassung abgelehnt, daß die Einräumung eines Rechtes, das mit dem Tode des einen Vertragsteilnehmers beginnen soll, überhaupt unzulässig sei (so auch 2 Ob 699/50). Auf Grund des Übergabsvertrages vom 28. November 1947 ist das Eigentum der Übergeberin zeitlich beschränkt und wird das Eigentum der Übernehmer erst mit dem Zeitpunkt des Todes der Übergeberin begrundet. Die Liegenschaft gehört daher ebensowenig in den Nachlaß der Übergeberin wie Gegenstände, die auf den Todesfall der Übergeberin geschenkt wurden. Nur insoweit ist die Rechtswirkung die gleiche wie bei § 956 ABGB. Die in der Entscheidung vom 30. Mai 1951, 3 Ob 297/51, vertretene Rechtsmeinung, wonach Übergabsverträge auf den Todesfall als eine Art von Erbverträgen zu beurteilen und daher nur zwischen Ehegatten wirksam seien, kann nicht mehr aufrechterhalten werden.
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