OGH 3Ob30/54

OGH3Ob30/5420.1.1954

SZ 27/15

Normen

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §1
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §1

 

Spruch:

Die Anbringung einer Tafel "Stammschuhhaus X., Eingang nur hier" ist bei im Wettbewerb stehenden Geschäftsleuten gleichlautenden Namens eine angemessene Abwehr gegen eine aufdringliche Reklame des Wettbewerbers, die nicht nur das Interesse auf das eigene Geschäft lenken, sondern die Kunden vom Besuch des Geschäftes des anderen abhalten will.

Entscheidung vom 20. Jänner 1954, 3 Ob 30/54.

I. Instanz: Landesgericht Linz - Nord; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Der Kläger beantragt in Verbindung mit einer Klage nach dem UWG. die Erlassung einer einstwilligen Verfügung des Inhaltes, der Gegnerin aufzutragen, die an dem von ihr benützten Geschäftslokal angebrachte Tafel: "Das alte Stammschuhhaus P., Eingang nur hier", zu entfernen, weil durch diese Tafel der Eindruck erweckt werde, der Eingang zum Schuhhaus P. wäre nur an der von der Tafel bezeichneten Stelle, wodurch er in seinem Geschäfte einen Schaden leide.

Das Erstgericht gab dem Antrag statt. Es nahm als bescheinigt an, daß beide Parteien unmittelbar nebeneinander zwei Schuheinzelhandelsgeschäfte, anscheinend gleicher Größe und mit nahezu gleichem Aussehen betreiben, die auf den Namen Josef P. sen. (Beklagte) und Josef P. jun. (Kläger) lauten. Der im Jahre 1952 verstorbene Gatte der Beklagten Josef P. sen. hatte durch 30 Jahre am B.-Platz 8 ein Schuheinzelhandelsgeschäft betrieben und nach Kriegsende das neue Lokal H.-Straße 18-20 bezogen, in dem sich auch heute noch das Geschäft, das von der Beklagten geführt wird, befindet. Der Kläger hat erst seit 1950 einen Gewerbeschein für die selbständige Ausübung des Schuheinzelhandels und hat den Verkaufsladen erst im Februar 1953, auf seinen bürgerlichen Namen lautend, eröffnet. Er war hiezu deshalb veranlaßt, weil der Name P. im Schuheinzelhandel durch die jahrzehntelange Tätigkeit seines Vaters in U. gut eingeführt war. Kurz nach Eröffnung des Geschäftes begann der Kläger durch besondere, im allgemeinen für städtische Ladengeschäfte nicht übliche Hinweise die Aufmerksamkeit der Kundschaft zu erregen. Er ließ neben seinen Schaufenstern Reklamefiguren aufstellen, er ließ in auffallender Leuchtfarbenschrift an seiner Eingangstür einen Richtungspfeil und eine Hinweistafel anbringen, welche die Aufmerksamkeit der Kundschaft auf seinen Geschäftseingang lenken sollte. Die Beklagte brachte brachte darauf in ihrem Schaufenster einen Richtungspfeil an, später hat dann die Beklagte die beanstandete Tafel an ihrem Geschäftseingang anbringen lassen. Sie trägt ebenfalls in auffallender Leuchtfarbenschrift auf gelbem Grund die Aufschrift:

"Das alte Stammschuhhaus P., Eingang nur hier". Daraufhin versah der Kläger seine Pappfiguren mit einem Richtungspfeil. Das Erstgericht war der Ansicht, die Behauptung "Stammschuhhaus P." sei wahr, der weitere Hinweis auf den Eingang sei jedoch zur Täuschung geeignet. Möge daher auch diese Handlung eine Abwehr gegen die zum Teil sittenwidrige Handlung des Klägers gewesen sein, verstoße sie doch gegen die guten Sitten.

Das Rekursgericht wies den Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung ab. Die Ankündigung dieser Tafel sei zur Gänze wahr. Der Kläger habe mit unlauteren Wettbewerbshandlungen begonnen. Die Beklagte sei daher zur Abwehr berechtigt gewesen. Sie habe durch diese Tafel nur den durch die Hinweistafeln des Klägers zuerst hervorgerufenen Eindruck eines einzigen Großgeschäftes verhindern können.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Klägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Mit Recht hat das Rekursgericht angenommen, daß der Kläger selbst mit den unlauteren Wettbewerbshandlungen begonnen hat. Die Bezeichnung des Geschäftes mit dem bürgerlichen Namen des Klägers und die ganze Aufmachung des Betriebes hat den vom Kläger zugestandenen und von der Auskunftsperson auch bezeugten Zweck, den guten Ruf des väterlichen Geschäftes für sich auszunützen. Nun kann aber nicht übersehen werden, daß der Kläger, wie bereits ausgeführt, keineswegs das väterliche Geschäft weiterführt, sondern die Beklagte, daß sein Geschäft vielmehr eine im Jahre 1953 erfolgte Neugrundung ist, die mit dem väterlichen Geschäft, also dem Geschäfte der Beklagten, in keinem Zusammenhang steht, vielmehr im scharfen Wettbewerb. Der Kläger ist daher auch nicht berechtigt, den guten Ruf des Vaters und des väterlichen Geschäftes für seinen Betrieb zu Wettbewerbszwecken zu nutzen. Diese Handlung verstößt bereits gegen die Regeln des anständigen Wettbewerbs, stellt sich als sittenwidrig dar und berechtigt die Beklagte zur angemessenen Abwehr. Es ist daher auch verfehlt, wenn sich der Kläger hinsichtlich der Anbringung der Steckschilder und seiner sonstigen Reklame auf seine lauteren Absichten beruft, der die Beklagte mit unlauteren Mitteln begegnet wäre. Dem gleichen bereits dargestellten unlauteren Zweck dienen auch die verschiedenen Steckschilder, Hinweistafeln und Reklamefiguren, die der Kläger bei seinem Geschäfte anbringen ließ. Dazu kommt, daß gerade diese Reklamefiguren darüber hinaus nichts anderes sind, als ein Mittel zur Anlockung von Kunden durch aufdringliche Einwirkung, und daß nach den aus den Lichtbildern ersichtlichen örtlichen Verhältnissen und dem Zweck der ganzen Aufmachung seitens des Klägers die verschiedenen Tafeln und Reklamefiguren nicht nur die Aufgabe haben, den Weg zum eigenen Betrieb zu weisen, sondern vom Besuch des Betriebes der Beklagten, seiner leiblichen Mutter, abzuhalten. Diese Art der Reklame verstößt gegen die guten Sitten und berechtigt die Beklagte zu angemessenen Abwehrmaßnahmen.

Die Anbringung der Tafel stellt nun, wie das Rekursgericht zutreffend ausführt, eine solche angemessene Abwehr dar. Das Geschäft der Beklagten ist das Stammgeschäft, der Eingang in dieses Stammgeschäft befindet sich tatsächlich nur an der von der Tafel gewiesenen Stelle. Der Inhalt der Tafel ist daher zur Gänze wahr. Mit dieser Tafel kann auch nicht der Eindruck erweckt werden, daß das danebenliegende Geschäft mit dem Namen P. überhaupt nichts zu tun habe, denn gerade der Umstand, daß auf ein Stammhaus verwiesen wird, gibt zu erkennen, daß es daneben noch ein Schuhhaus P. gibt, das aber nicht das Stammhaus ist. Die Tafel wendet sich auch keineswegs an die Kunden des Klägers, sondern soll nur dazu dienen, die Kunden der Beklagten darauf aufmerksam zu machen, daß das eingeführte Geschäft der Beklagten mit der daneben befindlichen Neugrundung in keinem Zusammenhang steht, und soll auch verhindern, daß der Kläger den Ruf des väterlichen Geschäftes, dessen Nachfolger er nicht ist, für sich ausnutzen kann.

Diese Tafel enthält auch keine Vergleiche. Es ist daher nicht einzusehen, wieso durch diese Tafel der Eindruck erweckt werden sollte, daß nur in diesem Geschäft Qualitätsware zu beziehen oder der Kläger nicht in der Lage sei, gleichwertige Schuhe in den Handel zu bringen. Daß die Beklagte durch ihre Reklame aber auf die Existenz des Klägers und seinen Konkurrenzbetrieb verweisen soll, kann füglich nicht verlangt werden. Im übrigen ist der Antrag auf diese Umstände nicht gestützt.

Da somit der Anspruch des Klägers nicht im geringsten bescheinigt wurde, wurde der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung mit Recht abgewiesen.

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