OGH 3Ob641/53

OGH3Ob641/5311.11.1953

SZ 26/277

Normen

EheG §49
EheG §50
EheG §55
EheG §59 Abs2
ZPO §411
EheG §49
EheG §50
EheG §55
EheG §59 Abs2
ZPO §411

 

Spruch:

Eheverfehlungen, die in einer rechtskräftig abgewiesenen Scheidungsklage ohne Erfolg geltend gemacht wurden, können auch nicht unterstützungsweise in einem späteren Scheidungsverfahren gemäß § 59 Abs. 2 EheG. herangezogen werden.

Entscheidung vom 11. November 1953, 3 Ob 641/53.

I. Instanz: Landesgericht Innsbruck; II. Instanz: Oberlandesgericht Innsbruck.

Text

Das Erstgericht hat das auf § 49 EheG. gestützte Begehren des Ehemannes, die Ehe aus dem Alleinverschulden der Ehefrau zu scheiden, abgewiesen, dagegen die Ehe nach dessen Eventualbegehren aus dem Gründe des § 55 EheG. geschieden, wobei der Antrag, das alleinige oder überwiegende Verschulden der Beklagten festzustellen, abgewiesen wurde. Es vertrat die Rechtsansicht, daß alle Eheverfehlungen, die bereits Gegenstand des früheren Scheidungsverfahrens 3 Cg 278/49 waren, welches zur rechtskräftigen Abweisung der Scheidungsklage des Ehemannes führte, nur in Verbindung mit weiteren schweren Eheverfehlungen der Beklagten zur Unterstützung der nunmehr zur Entscheidung stehenden Scheidungsklage herangezogen werden könnten. Da jedoch hinsichtlich der mit der vorliegenden Klage neu geltend gemachten Scheidungsgrunde das Verfahren das Vorliegen schwerer Eheverfehlungen gleichfalls nicht ergeben hätte, sei das Begehren auf Verschuldensscheidung unbegrundet.

Das Berufungsgericht wies das im Berufungsverfahren gestellte, auf Aufhebung der Ehe gemäß § 37 EheG. gerichtete Begehren mangels Schlüssigkeit ab und gab der gegen das Ersturteil erhobenen Berufung des Klägers nicht Folge. Es vertrat die Rechtsansicht, daß alle Eheverfehlungen, die im früheren Scheidungsverfahren nicht als erwiesen angenommen oder nicht als zur Begründung eines Scheidungsbegehrens geeignete Verfehlungen gewertet wurden, von der Rechtskraft des früheren Scheidungsurteiles erfaßt seien und daher in diesem Verfahren auch nicht mehr unterstützungsweise herangezogen werden könnten. Es teilte im übrigen die Auffassung des Erstgerichtes, daß das Verfahren schwere Eheverfehlungen der Beklagten seit der Beendigung des letzten Rechtsstreites nicht ergeben habe, sodaß das auf Verschuldensscheidung gerichtete Begehren jedenfalls unbegrundet sei. Hinsichtlich des hilfsweise vom Kläger geltend gemachten Scheidungsgrundes nach § 55 EheG. hielt das Berufungsgericht die gesetzlichen Voraussetzungen in Übereinstimmung mit dem Erstgericht für gegeben.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Da das erst im Berufungsverfahren gestellte Aufhebungsbegehren gemäß § 37 EheG. lediglich darauf gestützt wurde, daß die Beklagte aus Zorn und Erbitterung über die Auflösung eines vorangegangenen Liebesverhältnisses die Ehe mit dem Kläger geschlossen habe, hat das Berufungsgericht dem Begehren mit Recht hinreichende Schlüssigkeit nicht zuerkannt. Selbst wenn sich die Beklagte nur aus diesem Gründe entschlossen hätte, den Kläger zu ehelichen, so wäre darin allein noch keinesfalls ein hinreichender Anlaß zu erblicken, der den Kläger trotz Kenntnis dieses Umstandes bei richtiger Würdigung des Wesens der Ehe hätte davon abhalten müssen, mit der Beklagten die Ehe einzugehen, zumal auch dann keineswegs von vornherein angenommen werden konnte, daß die Beklagte, die sich nunmehr zu einer Ehe mit dem Kläger entschieden hatte, nicht gewillt war, alle Bedingungen einer dem Wesen der Ehe entsprechenden Lebensgemeinschaft mit dem Kläger zu erfüllen. Die Abweisung des Aufhebungsbegehrens erscheint daher auch schon aus rechtlichen Gründen gerechtfertigt.

Das Revisionsgericht billigt die Rechtsmeinung des Berufungsgerichtes, daß der mit seiner Scheidungsklage 3 Cg 278/49 rechtskräftig abgewiesene Kläger die gleichen Verfehlungen, auf die er die vorbezogene Klage gegrundet hat, auch nicht unterstützungsweise in einem späteren Scheidungsverfahren im Sinne des § 59 Abs. 2 EheG. heranzuziehen vermag, da über diese Verfehlungen entweder im Sinne der Ablehnung eines anrechenbaren Verschuldens der Beklagten oder mangels Erweisbarkeit bereits rechtskräftig abgesprochen ist. Lediglich für die Beurteilung der Zerrüttungsursache bei einer ausschließlich auf Scheidung ohne Verschulden gerichteten Klage (§§ 50, 55 Abs. 2 EheG.) könnten diese mit der rechtskräftig abgewiesenen Verschuldensklage geltend gemachten Verfehlungen noch herangezogen werden. Darunter fallen die Abstrafung der Beklagten wegen Gesellschaftsdiebstahls, die nach Meinung des Berufungsgerichtes im früheren Scheidungsverfahren zur Beurteilung im Sinne des § 49 EheG. nicht als ausreichend anzusehen ist, weiters der behauptete Vergiftungsversuch, das bösartige und streitsüchtige Verhalten, die Vernachlässigung des Klägers und der Hauswirtschaft, die Beschimpfungen und tätlichen Mißhandlungen, schließlich die gewaltsame Aussperrung des Klägers aus seinem Bürogebäude, welche Verschuldenstatbestände gleichfalls zum Teil nicht als erwiesen angenommen, zum Teil nicht als zur Begründung eines Scheidungsbegehrens geeignete Verfehlungen (§ 49 zweiter Satz EheG.) gewertet wurden. Wenn die Untergerichte einen hinreichenden Beweis für folgende in diesem Verfahren neu als Scheidungsgrunde geltend gemachte Schuldtatbestände, u. zw. 1. daß die Beklagte den Sohn Walter für sich gewonnen, gegen den Kläger aufgehetzt und diesem abspenstig gemacht habe, 2. daß die Beklagte Fahrnisse des Klägers entwendet und verkauft habe, nicht als erbracht ansahen, so betrifft dies eine Frage der Beweiswürdigung, die der Anfechtung im Revisionsverfahren entzogen ist. Es kann aber auch der rechtlichen Beurteilung der Untergerichte darin gefolgt werden, daß sowohl der festgestellte einmalige Vorfall im Malfatti-Institut im Mai 1952 als auch der Umstand, daß die Beklagte trotz laufend geleisteter Unterhaltszahlungen immer wieder Exekutionsanträge gegen den Kläger gestellt hat, an sich nicht als schwere Eheverfehlung im Sinne des § 49 EheG. zu werten sind, zumal, wie schon das Erstgericht zutreffend ausführt, das letztere Verhalten eher auf eine besonders verbohrte und unbelehrbare Einstellung der Beklagten hindeutet, die in gleicher Weise dem Gerichte gegenüber zum Ausdruck kommt, als auf besondere Gehässigkeit gegenüber dem Kläger.

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