Normen
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §879
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §922
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §932
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §1165
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §1167
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §879
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §922
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §932
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §1165
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §1167
Spruch:
In einem Werkvertrag (Reparaturauftrag) vereinbarte Haftungsbeschränkungen (Einheitsbedingungen einer Automobilwerkstätte) verstoßen an sich nicht gegen die guten Sitten. Fällt der Schaden unter den Haftungsausschluß, so kann weder Ersatz des Verdienstentganges noch der Kosten eines Gewährleistungsprozesses mit dem Auftraggeber des Bestellers begehrt werden.
Entscheidung vom 11. November 1953, 3 Ob 533/53.
I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssache Graz; II. Instanz:
Oberlandesgericht Graz.
Text
Nach den Feststellungen der ersten Instanz hat der Kläger der beklagten Partei am 28. April 1948 einen Motor Hanomag-Diesel SS 100 zur Generalreparatur übergeben. Nach Durchführung der Reparatur wurde der Motor samt einem Fahrgestell von der klagenden Partei am 28. Feber 1949 an die Firma K. & Co., Kohlenhandelsgesellschaft in G. um 22.500 S verkauft.
Anläßlich des Verkaufes wurde der Firma K. & Co. seitens der beklagten Partei mitgeteilt, daß der Motor generalrepariert wurde, fast neuwertig und unter Brüdern 30.000 S wert sei.
Nach der Übernahme des Motors durch den Käufer stellte sich heraus, daß er nicht funktionierte, da die beklagte Partei die Reparatur unter Außerachtlassung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes mangelhaft vorgenommen und schlechtes Material verwendet hatte.
Die beklagte Partei erklärte sich bereit, die Schäden kostenlos zu beheben. Sie lehnte aber das Schweißen und Planschleifen der drei Zylinderköpfe ab, weshalb die Firma K. & Co. diese Arbeiten außerhalb der Werkstätte der beklagten Partei durchführen ließ. Die Firma K. & Co. brachte gegen den heutigen Kläger zu 5 Cg 201/51 des Kreisgerichtes Leoben eine auf den Titel der Gewährleistung gestützte Klage auf Zahlung von 8921.16 S ein.
Die beklagte Partei ist trotz gehöriger Zustellung und Ladung dem Verfahren nicht als Nebenintervenient beigetreten.
Mit Urteil des Kreisgerichtes Leoben, das in Rechtskraft erwachsen ist, wurden der Firma K. & Co. folgende Beträge zugesprochen:
Reparaturkosten .................................. 1.500.- S 220.- S
Kosten eines Sachverständigen .................... 50.- S
Verdienstentgang ................................. 7.000.- S -------
--- zusammen ..... 8.770.- S samt 2.462.68 S Prozeßkosten.
Die Klägerin begehrt aus dem Titel der Gewährleistung und des
Schadenersatzes Verurteilung der beklagten Partei zur Zahlung
folgender Beträge:
Für Zahlung an die Firma K. & Co ................. 8.770.- S 5%
Zinsen aus dem bezahlten Betrage seit 25. November 1950 bis 10.
Jänner 1952 ....... 492.55 S an die Firma K. & Co. gezahlte
Prozeßkosten....... 2.462.68 S eigene Kosten des Vorprozesses
................... 3.135.77 S ----------- insgesamt ... 14.861.- S
samt 5% Zinsen seit 10. Jänner 1952.
Das Erstgericht hat der Klage stattgegeben.
Das Berufungsgericht sprach aus, daß die von der beklagten Partei geltend gemachten Berufungsgrunde der unrichtigen Beweiswürdigung und der Mangelhaftigkeit des Verfahrens nicht gegeben sind. Es pflichtete auch der rechtlichen Beurteilung des Erstrichters in Ansehung des Zuspruches von 1500 S, 220 S und 50 S samt 5% Zinsen seit 25. November 1950 bei, hingegen wies es das Mehrbegehren auf Ersatz von 7000 S, 2462.68 S, 3135.77 S und 492.55 S ab.
Das Berufungsgericht führte hiezu aus:
Die Kapitalisierung der Verzugszinsen mit 492.55 S und das Begehren auf weitere Verzugszinsen von diesem Betrage widerspreche der Bestimmung des § 3 des Gesetzes, RGBl. Nr. 62/1868. Die Zahlung der Beträge von 7000 S, 2462.68 S und 3135.77 S werde aus dem Titel des Schadenersatzes begehrt, der ein Verschulden der beklagten Partei voraussetze.
In den zwischen den Parteien vereinbarten Einheitsbedingungen (abgedruckt auf der Rückseite des Formulares Reparaturauftrag Beil. 1) werde in Punkt VIII die Gewährleistung und in Punkt IX die Haftung geregelt. In Punkt IX (Abs. 1 - 3) sei bestimmt, daß der Auftragnehmer nur für gewisse ausdrücklich angeführte Schäden hafte. Im übrigen werde Ersatz eines mittelbaren oder unmittelbaren Schadens nicht gewährt (Abs. 4).
Damit beschränkte sich die Haftung für verschuldeten Schaden auf die in den Absätzen 1 bis 3 angeführten Fälle eines Schadens oder Verlustes in Ansehung der zur Instandsetzung übergebenen Fahrzeuge und Teile.
Die vertragliche Ausschließung der Haftung für Fahrlässigkeit sei nicht sittenwidrig; eine vorsätzliche Schädigung seitens der beklagten Partei wurde nicht nachgewiesen, daher hafte diese weder für den Verzögerungsschaden noch für die Kosten des Vorprozesses.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
In Ansehung des Betrages von 492.55 S wurde die Revision nicht ausgeführt.
Sie ist auch sachlich nicht begrundet, da der Oberste Gerichtshof die Begründung des Berufungsgerichtes für zutreffend erachtet.
Der Revision kann auch im übrigen nicht beigepflichtet werden, sofern sie zu begrunden versucht, daß das Berufungsgericht bei Abweisung des Begehrens auf Ersatz der Beträge von 7000 S, 2462.64 S und 3135.77 S von einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung ausgegangen ist.
Zu Unrecht bestreitet die Revision, daß mit der Entscheidung des Berufungsgerichtes in der Frage, ob überhaupt eine Vereinbarung rücksichtlich der Beschränkung der Haftung der Beklagten zustande gekommen sei, unrichtig entschieden wurde. Die klagende Partei hat in erster Instanz ausdrücklich außer Streit gestellt, daß sie die Einheitsbedingungen der Beklagten im Zusammenhang mit dem Reparaturauftrag unterschrieben habe. Wenn ein Geschäftsmann Vertragsbedingungen unterschreibt, so kann er im Rechtsmittelverfahren nicht weiter bestreiten, daß sie vertraglich vereinbart worden sind. Da der Kläger in der Tatsacheninstanz gar nicht behauptet hat, daß die Parteien darüber, wie die Bedingungen auszulegen sind, eine Vereinbarung getroffen haben, so erübrigen sich Feststellungen darüber, wie Kläger diese Bedingungen verstanden hat. Sie sind vielmehr nach der im österreichischen Recht geltenden Erklärungstheorie objektiv auszulegen, das heißt so, wie sie unter Geschäftsleuten verstanden werden müssen.
Der Oberste Gerichtshof tritt der Ansicht des Berufungsgerichtes bei, daß der letzte Absatz von P. IX "im übrigen wird Ersatz eines mittelbaren oder unmittelbaren Schadens nicht gewährt", nur dahin ausgelegt werden kann, daß eine Haftung für Schäden nur insoweit zu prästieren ist, als sie in dem vorangegangenen Abs. 1 - 4 des P. IX ausdrücklich übernommen ist. Das folgt aus den Worten "im übrigen", womit der letzte Absatz des P. IX eingeleitet wird. Da die Haftung für entgangenen Verdienst infolge Unmöglichkeit, das reparierte Auto zu benützen, nicht übernommen wurde, insbesondere dann nicht, wenn dieser Schaden nicht den unmittelbaren Kontrahenten der Beklagten trifft, sondern den Erwerber der vom Besteller weiterveräußerten reparierten Sache, und auch eine Haftung für Prozeßkosten, die dadurch auflaufen, daß ein Abnehmer den Besteller auf Schadenersatz klagt, nicht übernommen wurde, so hat das Berufungsgericht diese Ansprüche mit Recht abgewiesen.
Es kann auch nicht gesagt werden, daß Ausschluß der nicht in P. IX übernommenen Schäden den guten Sitten widerstreite. Haftungsbeschränkungsklauseln sind im Geschäftsverkehr allgemein üblich. Sie sollen den Umfang der Schadenersatzpflicht auf solche Schäden begrenzen, die unter Versicherungsschutz gebracht werden können. Sie können umso weniger als sittenwidrig angesehen werden, weil eine Reihe ausländischer Gesetze Schadenersatzansprüche bei Werkverträgen nur eingeschränkt zulassen. Wenn sich ein Geschäftsmann durch eine Haftungsbeschränkungsklausel dagegen sichert, daß von ihm Ersatz von Gewinnentgang verlangt wird, der nicht seinem Vertragspartner entgangen ist, sondern dritten Personen, so kann darin nichts Bedenkliches erblickt werden, desgleichen nicht, wenn er nicht für Prozeßkosten haftbar gemacht werden will, die dadurch entstanden sind, daß sein Vertragsgegner mit seinem Abnehmer Prozesse geführt hat, zumal dann, wenn, wie diesmal, der Großteil der Kosten dadurch aufgelaufen ist, daß Beträge (Gewinnentgang) eingeklagt wurden, für die die Beklagte gar nicht haftet. Kläger hätte es nicht auf den Prozeß ankommen lassen müssen, sondern sofort zahlen können, dann wären die Prozeßkosten nicht aufgelaufen. Es ist nicht einzusehen, warum eine Klausel dieser Art unsittlich sein soll. Es ist daher auch verfehlt, wenn der Revisionswerber die Sittenwidrigkeit des P. IX, letzter Absatz, daraus ableiten will, daß generelle Haftungsausschlüsse unzulässig seien. Die Beklagte hat nicht die Haftung für Schadenersatz generell abgelehnt, sondern die Haftung nur, u. zw. in zulässiger Weise, eingeschränkt.
Die Rechtsrüge ist endlich auch insoweit verfehlt, als sie eine Haftung der Beklagten, die nicht durch die Beschränkungen der Einheitsbedingungen gedeckt sei, daraus ableiten will, weil Beklagte tatsachenwidrig erklärt hat, der Motor sei generalrepariert. Diese Erklärung würde die Beklagte vielleicht dann haftbar machen, wenn ihr Vertragsgegner im Vertrauen auf diese Erklärung den reparierten Wagen weiterverkauft hätte und vom Erwerber wegen der unwahren Äußerung haftpflichtig gemacht worden wäre. Das trifft aber diesmal nicht zu. Beklagte ist nicht wegen unrichtiger Angaben, betreffend die Generalreparatur, geklagt worden, sondern weil die Reparatur schlecht ausgeführt worden und dem Erwerber dadurch ein Schaden entstanden ist. Reparaturschäden fallen aber unter die Einheitsbedingungen.
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