OGH 1Ob621/53

OGH1Ob621/5316.9.1953

SZ 26/224

Normen

AußStrG §1
Grundbuchsgesetz §104
JN §1
AußStrG §1
Grundbuchsgesetz §104
JN §1

 

Spruch:

Zum Wesen der Berichtigung nach § 104 GBG.

Entscheidung vom 16. September 1953, 1 Ob 621/53.

I. Instanz: Bezirksgericht Kitzbühel; II. Instanz: Landesgericht Innsbruck.

Text

Adolf I. brachte am 22. Dezember 1952 gegen Theodor I. beim Bezirksgericht K. zu C 429/52 eine Klage mit Antrag auf Bewilligung einer einstweiligen Verfügung durch Erlassung eines Belastungs- und Veräußerungsverbotes ob der EZ. 513/II KG. K. des Theodor I. ein. Diese Klage langte nur in der Streitabteilung ein. Nach Vernehmung von Auskunftspersonen zum Antrage von Bewilligung der einstweiligen Verfügung erließ der Richter mit Beschluß vom 29. Dezember 1952 die beantragte einstweilige Verfügung. Dieser Beschluß enthielt den Beisatz,daß die bücherliche Anordnung des Verbotes erst nach dem Einlangen der dem Kläger auferlegten Sicherheitsleistung zu erfolgen habe. Der Kläger (gefährdete Partei) erlegte die Sicherheitsleistung nach seinen eigenen Angaben am 30. Dezember 1952, 12 Uhr. Am gleichen Tage um 11.55 Uhr langte beim Bezirksgericht Kitzbühel ein Grundbuchsgesuch um Anmerkung der Rangordnung der Veräußerung der Liegenschaft des Theodor I. ein. In grundbücherlicher Durchführung der einstweiligen Verfügung erhielt diese die Tagebuchzahl 1052/52, die Ranganmerkung der Veräußerung aber die Tagebuchzahl 1051/52. Die Beschlüsse des Grundbuchsgerichtes wurden offenbar nicht bekämpft.

Schon am 7. Jänner 1953 brachte Adolf I. ein Ansuchen um "Richtigstellung" der angeblich unrichtigen Tagebucheintragung "bzw. um Löschung der gesetzwidrigen Eintragung" mit der Begründung an, daß nach den Vorschriften der Geo. (§§ 448 bis 450) die beiden Tagebuchzahlen gemäß § 104 GBG. richtigzustellen seien, da nach Ansicht des Richtigstellungswerbers schon die Klage eine Tagebuchzahl hätte erhalten müssen, weil zufolge des Antrages auf Bewilligung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes eine grundbücherliche Eintragung "zu erwarten war", daß aber zumindest der Beschluß über die Bewilligung der einstweiligen Verfügung mit einer Tagebuchzahl zu versehen gewesen wäre, da er - noch vor dem Einlangen der Ranganmerkung - um 10 Uhr vormittag vom Leiter der Geschäftsabteilung in Streitsachen dem Grundbuchsführer übergeben worden sei, sodaß es unrichtig war, den Erlag der Sicherheit abzuwarten und - entsprechend dem Zeitpunkte dieses Erlages - die Tagebuchzahl zu bestimmen. Nur auf diese Weise habe die Ranganmerkung der Veräußerung eine niedrigere Tagebuchzahl erhalten als die grundbücherlich zu vollziehende einstweilige Verfügung.

Das Bezirksgericht leitete das Verfahren gemäß § 104 GBG. ein, verfügte die Anmerkung der Einleitung des Richtigstellungsverfahrens und ordnete die Vernehmung des Adolf und des Theodor I. und des voraussichtlichen Käufers der Liegenschaft an. Bei der Vernehmung beharrten Adolf und Theodor I. auf den ihnen zukommenden bzw. zugekommenen Rang. Der voraussichtliche Käufer war zur Vernehmung nicht erschienen.

Das Erstgericht wies den Richtigstellungs- und Löschungsantrag mit der Begründung ab, daß der zufolge der Tagebuchzahl in Betracht kommende bücherliche Rang gerechtfertigt sei, da die bücherliche Anordnung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes erst nach Erlag der Sicherheitsleistung zu erfolgen hatte und die Sicherheitsleistung (um 5 Minuten) später als das Gesuch um Ranganmerkung eingelangt sei. Diesen Beschluß TZ. 40/53-5 hat das Bezirksgericht keinem der Beteiligten zugestellt, dies offenbar deshalb, weil der Richtigstellungswerber mit seinem Ansuchen den Eventualantrag verbunden hat, das Gesuch gemäß Art. XVII des Gesetzes vom 17. März 1897, BGBl. Nr. 77, über die grundbücherlichen Sonderbestimmungen für Tirol dem Oberlandesgerichte zur Veranlassung der Berichtigung des Fehlers vorzulegen.

Das Oberlandesgericht wies mit Beschluß vom 29. April 1953 Nc 321/53 (TZ. 40/53-6) den (Eventual-) Antrag zurück. Dieser Beschluß ist in Rechtskraft erwachsen.

Nach der erfolgten Vernehmung des Adolf Theodor I. verfügte das Erstgericht - ohne daß ein neuer Antrag gestellt worden war - "die Austauschung der Tagebuchzahlen 1051/52 und 1052/52", dies mit der Begründung, daß die Erledigung des mit der Klage verbundenen Antrages zu einer bücherlichen Erledigung führte, es sich somit um ein Grundbuchsstück handle, dessen bücherlicher Rang sich nach § 92 GV. richte, so daß dieses Grundbuchsstück auf jeden Fall früher eingelangt sei als das laut Eingangsvermerk am 30. Dezember 1952 um

11.55 Uhr eingelangte Ansuchen um Anmerkung der Rangordnung der Veräußerung.

Diesen Beschluß hob das Rekursgericht zufolge Rekurses des Antragsgegners Theodor I. mit der Begründung auf, daß nach den eigenen Angaben des Richtigstellungswerbers die Sicherheitsleistung erst am 30. Dezember 1952, 12 Uhr mittags, erlegt worden sei, nachdem 5 Minuten vorher schon der Antrag auf Anmerkung der Rangordnung der Veräußerung im Grundbuche eingelaufen war. Es sei auch weder die Klage noch der Beschluß über die einstweilige Verfügung früher zu plombieren gewesen, weshalb dem Gesuche über die Anmerkung der Rangordnung zu Recht die niedrigere Tagebuchzahl zugewiesen worden sei.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Richtigstellungswerbers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Revisionsrekurs ist rechtzeitig erhoben worden. Diese Rechtzeitigkeit ist nicht nach den Bestimmungen der §§ 126 ff. GBG. zu beurteilen, da es sich im Berichtigungsverfahren nach § 104 GBG. um eine Entscheidung im außerstreitigen Verfahren und nicht um eine solche im Grundbuchsverfahren handelt (§ 9 AußerstreitG.; Sattler, Rechtsmittel im Grundbuchsverfahren, NotZ. 1949, S. 19).

In der Sache selbst war dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben, und zwar aus nachstehenden Erwägungen:

Der Auffassung der Untergerichte, daß aus Anlaß jedes Berichtigungsantrages (§ 104 GBG.) im außerstreitigen Verfahren - somit auch über die Frage des richtigen Ranges des Belastungs- und Veräußerungsverbotes und der Ranganmerkung zur Veräußerung - mit Beschluß zu entscheiden sei, kann nicht gefolgt werden. Denn in jenen Fällen, in denen eine Einigung zwischen den Beteiligten nicht zustande gekommen ist, aber Rechtsfolgen eingetreten sind - und um einen derartigen Fall handelt es sich hier -, hat eine Berichtigung gegenüber demjenigen, der nicht zustimmt, zu unterbleiben. Es bleibt den Beteiligten überlassen, die zwischen ihnen bestehenden Rechtsverhältnisse entweder durch Leistungs- oder allenfalls durch Feststellungsklage ins klare zu bringen. Das Vertrauensprinzip des Grundbuches ist hier entscheidend. Die in Betracht kommenden Rechtsstreite werden grundsätzlich Löschungsklagen im Sinne der Bestimmungen der §§ 61 ff GBG. sein. Sie behindern nicht die Beendigung des außerstreitigen Verfahrens im Sinne des § 104 GBG., wobei aber der Grundbuchsrichter dafür zu sorgen hat daß sein im Gegenstande ergangenerletzter außerstreitiger Beschluß auf alle Fälle verhindert, daß noch weitere Rechtsfolgen eintreten können. Es hat daher der außerstreitige Richter (Grundbuchsrichter) in seinem Beschluß nach Einleitung des Verfahrens und nach Vernehmung der Beteiligten zu erklären, daß mit Rücksicht auf die mangelnde Einigung der Parteien eine Berichtigung nicht in Frage kommt. Jedenfalls aber muß vermieden werden, daß die Bestimmung des § 104 GBG. einen neuen Fall einer Löschungsklage oder Änderung der Eintragung gegen den Willen der Beteiligten, die eine Eintragung auf Grund des unrichtigen Grundbuchstandes erzielt haben, einführt. Der richterliche Beschluß kann nur dann auf Berichtigung lauten, wenn entweder Rechtsfolgen nicht in Betracht kommen oder eine Einigung der Beteiligten stattgefunden hat. Praktische Fälle der Berichtigung nach § 104 GBG., die im Wege des rechtskräftigen Beschlusses des Außerstreitrichters erledigt werden können, sind gegeben, wenn sich der Grundbuchsführer aus Anlaß der Eintragung entweder in den Beträgen verschrieben oder eine unrichtige Parzellenbezeichnung eingetragen hat oder eine Eintragung vergessen hat. Im vorliegenden Fall handelt es sich gar nicht um einen Fall der Berichtigung nach § 104 GBG. Hier geht der Streit um das Recht, welcher Eintragung der bessere Rang zukommt, somit um eine Frage, die nicht durch den Beschluß des Außerstreitrichters endgültig gelöst werden kann. (Steiner, Unrichtiger Vollzug im Grundbuch, JBl. 1947, S. 60, 61).

Es erweist sich deshalb die Aufhebung des Beschlusses des Bezirksgerichtes vom 5. Mai 1953, TZ. 385/53-1, durch das Rekursgericht als richtig, weshalb dem Revisionsrekurse nicht Folge zu geben war.

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