Normen
Außerstreitgesetz §9
Todeserklärungsgesetz §15
Außerstreitgesetz §9
Todeserklärungsgesetz §15
Spruch:
Zum Antrage auf Todeserklärung ist nur derjenige legitimiert, auf dessen Rechte und Pflichten der Tod des Verschollenen Einfluß ausübt.
Entscheidung vom 22. Juli 1953, 1 Ob 624/53.
I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:
Oberlandesgericht Wien.
Text
Das Erstgericht hat die beantragte Todeserklärung ausgesprochen.
Das Rekursgericht hat der Antragstellerin die Legitimation zum Einschreiten abgesprochen und ihren Antrag abgewiesen.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurse der Antragstellerin nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Das Todeserklärungsgesetz 1950 spricht im § 15 ganz allgemein von der Partei, welche das Ansuchen um Todeserklärung gestellt hat, ohne besondere Voraussetzungen für die Berechtigung zur Antragstellung festzulegen. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, daß jedermann den Antrag auf Todeserklärung stellen kann. Es muß vielmehr aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen die Regel abgeleitet werden, daß nur derjenige hiezu berechtigt ist, auf dessen Rechte und Pflichten der Tod des Verschollenen Einfluß ausübt, der also ein rechtliches Interesse an der Todeserklärung besitzt. Dies entspricht der Rechtsprechung (GlUNF. 1434, 1 Ob 590/51). Wäre das Gesetz davon ausgegangen, daß jedermann zur Antragstellung berechtigt ist, dann wäre es überflüssig gewesen, dieses Recht ausdrücklich auch der Staatsanwaltschaft zuzuerkennen. Das Verschollenheitsgesetz, DRGBl. 1939 I S. 1186, aus dem diese Bestimmung stammt, wollte durch § 56 Abs. 2 offensichtlich auch in Österreich ähnliche Verhältnisse schaffen, wie dies durch die in Österreich nicht geltenden §§ 16 und 17 dieses Gesetzes geschehen ist.
Die Antragstellerin bekämpft im übrigen gar nicht die Meinung, daß nur derjenige antragsberechtigt ist, der ein rechtliches Interesse besitzt. Sie nimmt dieses Interesse aber für sich in Anspruch, weil sie zu zwei Dritteln Eigentümerin eines Hauses ist, das im übrigen dem Verschollenen gehört. Sie vermeint, der Wiederaufbau des Hauses scheitere daran, daß das Kuratelsgericht Schwierigkeiten bei der Genehmigung einer Belastung des Vermögens des Pflegebefohlenen machen müsse. Aber auch jeder Rechtsnachfolger des Verschollenen kann Schwierigkeiten machen.
Die Antragstellerin vermutet also lediglich, daß ihr der Geschäftsverkehr mit dem Rechtsnachfolger des Verschollenen leichter sein wird, als mit dem Kurator und dem Pflegschaftsgericht. Diese Vermutung, die vielleicht gar nicht zutreffend ist, kann die Berechtigung zur Antragstellung nicht begrunden. Es trifft nicht zu, daß ihre Rechte sonst irgendwie behindert wären. Sie hat auch dem Kurator gegenüber Anspruch auf Rechnungslegung, sie kann als Mehrheitseigentümerin sogar Verwaltungsmaßnahmen, selbst außergewöhnliche, im Rahmen der §§ 833 ff. ABGB. gegen den Willen des Kurators und des Pflegschaftsgerichtes allenfalls mit Hilfe des Außerstreitrichters durchsetzen. Sie ist nicht daran gehindert, die Bestellung eines gemeinsamen Verwalters zu verlangen oder auf die Teilung der Sache zu dringen. Ihre Rechte sind also dadurch, daß der Verschollene noch nicht für tot erklärt ist, in keiner Weise berührt.
Die Ausführungen des Rekurses, die das öffentliche Interesse an der Durchführung der Todeserklärung betreffen, können übergangen werden, weil die Antragstellerin nicht dazu berufen ist, die öffentlichen Interessen zu vertreten.
Der Umstand, daß der für den Verschollenen ursprünglich bestellte Kurator den Einleitungsbeschluß nicht angefochten hat, schafft nicht Rechtskraft hinsichtlich der Antragsberechtigung der Antragstellerin, schon deswegen, weil diese vorbereitende Entscheidung die Legitimation der Antragstellerin nicht ausdrücklich zum Gegenstand hatte.
Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist also nicht begrundet.
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