OGH 2Ob525/53

OGH2Ob525/5315.7.1953

SZ 26/193

Normen

Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §1330
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §1330

 

Spruch:

Voraussetzungen einer Haftung nach § 1330 Abs. 2 ABGB. für die in einer Druckschrift enthaltenen Behauptungen.

Entscheidung vom 15. Juli 1953, 2 Ob 525/53.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Der Kläger nahm einen in einer Tageszeitung enthaltenen, ihn betreffenden Artikel zum Anlaß, die Verurteilung des Verlegers und Herausgebers der Zeitung (des Erstbeklagten) sowie des Chefredakteurs und des verantwortlichen Schriftleiters (des Zweit- und Drittbeklagten) gemäß § 1330 Abs. 2 ABGB. zum Widerruf der über ihn aufgestellten Behauptungen, die er in 13 Punkten zusammenfaßte, zur Veröffentlichung des Widerrufs und zur Unterlassung derartiger Behauptungen in der Zukunft zu begehren.

Das Erstgericht gab in Ansehung der in zwei Punkten zusammengefaßten Behauptungen dem Klagebegehren gegen sämtliche Beklagte statt und wies es im übrigen ab.

Das Berufungsgericht, an das sich sowohl der Kläger als auch die Beklagten wendeten, wies das Klagebegehren, soweit es gegen den Zweit- und Drittbeklagten gerichtet war, zur Gänze ab, bestätigte die Verurteilung des Erstbeklagten und erkannte ihn zusätzlich noch hinsichtlich einer weiteren Behauptung im Sinne des Klagsbegehrens schuldig.

Der Oberste Gerichtshof gab weder der Revision des Klägers noch der des Erstbeklagten Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

1. Revision des Klägers:

Das Berufungsgericht ist bei der Beurteilung des gegen den Zweit- und Drittbeklagten erhobenen Klagsanspruches von der Rechtsansicht ausgegangen, daß dieser nur dann begrundet sein könne, wenn sie an der Veröffentlichung des Artikels ein Verschulden treffe. Es hat aber - u. zw. nach einer Ergänzung des Beweisverfahrens - nicht als erwiesen annehmen können, daß der Zweitbeklagte die Aufnahme des Artikels angeordnet oder daß er oder der Drittbeklagte ihn vor der Drucklegung gelesen hat.

In rechtlicher Beziehung wendet sich der Revisionswerber nicht gegen dieAnsicht des Berufungsgerichtes, daß der Zweit- und Drittbeklagte nur dann belangt werden können, wenn sie ein Verschulden trifft, sondern ausschließlich dagegen, daß es das Berufungsgericht abgelehnt hat, ihnen ein grobes Verschulden anzulasten, obwohl sie es pflichtwidrig unterlassen haben, sich um den Inhalt des Artikels vor seiner Drucklegung zu kümmern. Der Oberste Gerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 12. November 1952, 3 Ob 388/52, auf die das Berufungsgericht Bezug genommen hat und die auch dem Kläger bekannt zu sein scheint, zwischen der straf- und zivilrechtlichen Haftung des verantwortlichen Schriftleiters ausdrücklich unterschieden, ausgesprochen, daß die Vernachlässigung der pflichtgemäßen Sorgfalt allein ihn noch nicht zivilrechtlich haftbar mache, und daraus gefolgert, daß seine Haftung nach § 1330 Abs. 2 ABGB. nur dann in Frage kommen kann, wenn er an der Verbreitung eines Artikels tätig mitgewirkt hat und ihm hiebei eine grobe Fahrlässigkeit unterlaufen ist. Das Revisionsgericht hält an dieser Ansicht fest und kann daher der gegenteiligen des Rekurswerbers nicht beipflichten. Es teilt aber auch die Auffassung des Berufungsgerichtes, daß der Chefredakteur einer Zeitung, dessen Bestellung gesetzlich gar nicht vorgeschrieben ist, wegen einer allfälligen Verletzung seiner dienstlichen Obliegenheiten niemandem als seinem Dienstgeber verantwortlich ist und daß gegen ihn ein Anspruch nach § 1330 Abs. 2 ABGB. mit Erfolg nur geltend gemacht werden kann, wenn ihn ein zivilrechtliches Verschulden an der Veröffentlichung trifft.

2. Revision des Erstbeklagten:

Da der Erstbeklagte bis zum Schluß des Verfahrens in erster Instanz seine Passivlegitimation nicht bestritten hat und da in der Klagebeantwortung überdies zugegeben worden ist, daß die Klage nach § 1330 ABGB. gegen den Herausgeber der Zeitung gerichtet werden kann, ist die zum erstenmal in der Berufungsschrift erhobene Einwendung, daß auch er passiv nicht legitimiert sei als Neuerung unbeachtlich und daher schon aus diesem Grund auf die in der Revision enthaltenen Ausführungen gegen die auf meritorische Gründe gestützte Zurückweisung dieser Einwendung durch das Berufungsgericht nicht einzugehen.

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