Normen
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §948
Grundbuchsgesetz §61
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §948
Grundbuchsgesetz §61
Spruch:
Keine Streitanmerkung für eine Klage gegen den Erben auf Widerruf wegen groben Undankes des Erben dem Erblasser gegenüber, wohl aber für eine solche des einen Erben wegen Nichtigkeit des vom anderen Erben mit dem Erblasser abgeschlossenen Vertrages.
Entscheidung vom 27. Mai 1953, 3 Ob 128/53.
I. Instanz: Landesgericht Klagenfurt; II. Instanz: Oberlandesgericht Graz.
Text
Die Klägerin behauptet in der Klage, daß ihre verstorbene Mutter, deren Nachlaß ihr zu drei Viertel eingeantwortet worden ist, die Hälfte der Liegenschaften EZ. 89 und 143, Grundbuch K., an ihren Ehegatten, den Beklagten, um 48.000 RM und Übernahme von Hypotheken von zusammen 70.000 S übertragen habe. Der Nachlaß ihrer Mutter sei zu drei Viertel ihr, zu einem Viertel dem Beklagten eingeantwortet worden. Da der Vertrag zwischen ihrer Mutter und dem Beklagten nicht mit Notariatsakt abgeschlossen worden sei, so sei er - auch wenn man ihn nicht als Ehepakt ansehe - gemäß § 1 lit. b NotzwG. als "Kaufvertrag" zwischen Ehegatten formnichtig. Sie mache diese Nichtigkeit bezüglich des ihr zugefallenen Anteils (drei Achtel) mit Klage geltend und begehrt gemäß § 61 GBG. gleichzeitig Anmerkung der Klage.
Der Erstrichter hat diesem Ansuchen stattgegeben.
Das Rekursgericht hat die Streitanmerkung abgewiesen, weil die Klägerin gar nicht behaupte, jemals grundbücherliche Rechte an den fraglichen Liegenschaftsanteilen besessen zu haben. Der Oberste Gerichtshof gab demRevisionsrekurs der Klägerin Folge und stellte den Beschluß des Erstgerichtes wieder her.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Soweit die Klägerin die Klage auf Widerruf wegen groben Undankes des Beklagten gegenüber ihrer verstorbenen Mutter stützt, ist eine Streitanmerkung im Sinne der ständigen Judikatur unzulässig (GlU. 5003, RZ. 1938, S. 87), anders, soweit sie sich auf die Formnichtigkeit des von ihrer Mutter abgeschlossenen Übergabsvertrages stützt, der nach dem von der Klägerin behaupteten Wortlaut als "Kaufvertrag" zu qualifizieren ist.
Der Auffassung des Rekursgerichtes, daß die Klägerin eine Streitanmerkung nicht verlangen könne, weil sie selbst niemals Eigentümerin der fraglichen Liegenschaftsanteile gewesen ist, ist rechtsirrig. Die Meinung, daß der Erbe bei Nichtigkeit eines von seinem Erblasser abgeschlossenen Vertrages eine Streitanmerkung nicht begehren könne, wird nur von den vereinzelten Entscheidungen GlU. 7416 und RZ. 1937, S. 56, vertreten, dagegen von der überwiegenden Judikatur (vergl. die Zusammenstellung bei Bartsch, GBG. S. 525, Anm. 17) und einhellig von der Rechtslehre (Bartsch, a. a. O., Klang, 2. Aufl. zu §§ 441, 442, S. 384, der sogar unter Umständen Singularsukzessoren für antragsberechtigt hält, und dort zitiert) abgelehnt. Die letztangeführteLehrmeinung entspricht allein dem Gesetz, weil der Erbe Dritten gegenüber nach der Einantwortung gemäß seiner Quote den Erblasser repräsentiert, daher auch berechtigt ist, alle Rechte, die dem Erblasser zugestanden sind, geltend zu machen. Der Umstand, daß der Erblasser vor Geltendmachung der Löschungsklage nach § 61 GBG. gestorben ist und der Nachlaß seinen Erben eingeantwortet ist, kann nicht zur Folge haben, daß die Erben der Gefahr ausgesetzt werden, daß der Erwerber, der die Liegenschaft auf Grund eines nichtigen Geschäftes an sich gebracht hat, die Liegenschaft weiterveräußert und so die Erben um ihr Vindikationsrecht gebracht werden.
Es war daher in Abänderung des rekursgerichtlichen Beschlusses der erstrichterliche Beschluß wieder herzustellen.
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