OGH 1Ob10/53

OGH1Ob10/5321.1.1953

SZ 26/17

Normen

Mietengesetz §19 Abs1
Mietengesetz §19 Abs2 Z7
Zivilprozeßordnung §1
Zivilprozeßordnung §6
Zivilprozeßordnung §7
Mietengesetz §19 Abs1
Mietengesetz §19 Abs2 Z7
Zivilprozeßordnung §1
Zivilprozeßordnung §6
Zivilprozeßordnung §7

 

Spruch:

Die katholische Pfarrpfrunde wird vom Inhaber, dem Pfarrer, verwaltet und vertreten.

Die Vertretungsbefugnis des Pfarrkirchenrates bezieht sich nur auf das Vermögen der Kirchenfabrik.

Verhältnis der Kündigung wegen dringenden Eigenbedarfs nach § 19 Abs. 2 Z. 7 und § 19 Abs. 1 MietG.

Entscheidung vom 21. Jänner 1953, 1 Ob 10/53.

I. Instanz: Bezirksgericht Kitzbühel; II. Instanz: Landesgericht Innsbruck.

Text

Das Erstgericht erklärte die auf die Kündigungsgrunde der §§ 19 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 10 und 13 MietG. gestützte Aufkündigung von zwei Zimmern, des Stalles, der Tenne und des Gartens der Wohnung des Beklagten hinsichtlich der Zimmer und des halben Gartens für rechtswirksam und hob sie im übrigen auf. Es liegt der Kündigungsgrund des § 19 Abs. 2 Z. 7 MietG. vor, weil die Pfarre K. für den Mesner zumindest einen Teil der Wohnung und den halben Garten dringend benötige, der Bestandgegenstand schon früher zur Unterbringung des Mesners gedient habe und ohne die Wohnung kein Mesner gefunden werden könne. Mehr als der halbe Garten werde dazu nicht gebraucht, ebensowenig seien Stall und Tenne dazu erforderlich, weil die Landwirtschaft der Pfarre verpachtet sei. Die beiden in Frage stehenden Zimmer seien ebenso wie der halbe Garten abgesondert benützbar (§ 22 Abs. 1 MietG.).

Infolge Berufung beider Teile änderte das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß die Kündigung auch bezüglich des Stalles und der Tenne für rechtswirksam erklärt wurde. Die Nichtigkeitsberufung des Beklagten wurde verworfen. Der Beklagte habe die Behauptung, nicht die Klägerin, sondern das römischkatholische Frühmeßbenefizium zum heiligen Peter und Paul sei als Eigentümer der Liegenschaft zur Kündigung berechtigt, nicht schon in den Einwendungen gegen die Kündigung vorgebracht. Nachträglich könne auf diese Behauptung nicht Bedacht genommen werden. Was die gesetzliche Vertretung der Klägerin, der katholischen Pfarrpfrunde K., betreffe, werde sie durch den Pfarrer vertreten. Die angebliche Nichtigkeit des erstgerichtlichen Urteils und Verfahrens liege daher nicht vor. In der Sache selbst billigte das Berufungsgericht die Ansicht des Erstgerichtes, daß der Kündigungsgrund des § 19 Abs. 2 Z. 7 MietG. gegeben sei. Um einen Mesner anstellen zu können, bedürfe die Klägerin auch der aufgekundigten Tenne und des Stalles, da üblicherweise auch landwirtschaftliches Zubehör dem Mesner zur Verfügung gestellt werden müsse. Der Pfarrhof diene den Zwecken der Seelsorge und sei zur Unterbringung des Mesners nicht geeignet.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Meinung des Revisionswerbers, die Klägerin, die katholische Pfarrpfrunde K., werde nicht durch den Pfarrer, sondern den Pfarrkirchenrat vertreten, kann nicht gefolgt werden. Die rechtlichen Grundlagen zur Beurteilung dieser Frage ergeben sich aus dem katholischen Kirchenrecht. Denn grundsätzlich ist für die Art der Vertretung einer privatrechtlichen oder öffentlichrechtlichen Körperschaft die intern darüber geltende Vorschrift maßgebend. Das kirchliche Recht unterscheidet zwischen dem sogenannten Kirchenfabriksvermögen und dem Pfrundenvermögen. Während das erstere alle Sachen und Rechte umfaßt, die mit der einzelnen Kirche dauernd verbunden sind und zum Unterhalt des Gottesdienstes und der kirchlichen Gebäude dienen, ist das Pfrunden- oder Benefizialvermögen die Summe der Sachen und Rechte, die als Ausstattung mit einem Kirchenamt dauernd verbunden sind (can. 1409 ff., 1495 ff. CIC; Ebers, Grundriß des katholischen Kirchenrechts, 1950, S. 404, 409). Nach der seither wiederholt, zuletzt am 26. März 1952, geänderten Pfarrkirchenratsordnung vom 18. September 1939 bezieht sich die Vertretungsbefugnis des Pfarrkirchenrates nur auf das Vermögen der Kirchenfabrik. Hier dagegen handelt es sich, da der Beklagte die Einwendung der mangelnden aktiven Klagelegitimation der Klägerin nicht rechtzeitig erhoben hat, jedenfalls um ein Vermögen der Pfarrpfrunde. Diese wird nicht vom Pfarrkirchenrat, sondern vom Inhaber, dem Pfarrer, verwaltet und vertreten (can. 1476 CIC, Klang's Kommentar, 2. Aufl., zu §§ 26, 27, S. 200).

Die Klägerin war daher im Verfahren ordnungsmäßig vertreten. Der Revisionsgrund der Nichtigkeit nach § 477 Z. 5 ZPO. ist nicht gegeben.

In der Sache selbst könnte der Kündigungsgrund des § 19 Abs. 2 Z. 7 MietG. allerdings nicht vorliegen. Denn bei diesem Kündigungsgrund handelt es sich um Mietgegenstände, die vorübergehend - für die Zeit geringeren Bedarfes an Werkswohnungen - an Außenstehende vermietet wurden und nunmehr beim Wiedereintritt dieses Bedarfes für Arbeiter oder Angestellte des Betriebes des Hauseigentümers freigemacht werden sollen. Hier dagegen soll ein ehemaliger Dienstnehmer der Klägerin, der frühere Mesner, einige Zeit nach Lösung des Dienstverhältnisses den Bestandgegenstand zum Teil räumen und einem anderen Mesner Platz machen. Für derartige Fälle ist der Kündigungsgrund des § 19 Abs. 1 MietG. anwendbar (OGH-E. vom 3. Oktober 1950, MietSlg. 1310).

Das Revisionsgericht hält in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht den Bedarf der Klägerin, die für die Erfordernisse des Kirchenamtes zu sorgen hat, nach den aufgekundigten beiden Zimmern, dem halben Garten, dem Stall und der Tenne für dringend. Es ist zwar richtig, daß im Pfarrhof vier Räume nur vorübergehend benützt werden, da zwei Zimmer für fallweise tätige Geistliche und zwei weitere Zimmer für die Besuche des Erzbischofs reserviert sind. Mit Rücksicht auf den seelsorgerischen Zweck dieser Räume und die Unzweckmäßigkeit der Unterbringung des Mesners im Pfarrhof können diese Räume aber nicht herangezogen werden. Die Klägerin braucht dazu dringend zwei Räume in dem dafür bestimmten Benefiziatengebäude.

Das Beweisverfahren der Untergerichte hat ergeben, daß die Klägerin ohne die Beistellung einer Wohnung mit kleiner landwirtschaftlicher Nutzung nicht in der Lage wäre, die dringend nötige Stelle des Mesners zu besetzen, denn die Entlohnung kann mit Rücksicht auf die geringen Einkünfte der Pfarre nur klein sein. Der Pfarrer hat sich durch mehrere Jahre zwar damit beholfen, die Mesnerdienste fallweise von verschiedenen Personen verrichten zu lassen. Dieser Zustand ist aber nunmehr unhaltbar geworden und es ist der Klägerin zuzubilligen, daß die Mesnerstelle besetzt werden muß.

Der Einwand des Revisionswerbers, der zu bestellende Mesner bedürfe keinesfalls des Stalles und der Tenne, weil die Landwirtschaft derzeit verpachtet sei, ist nicht berechtigt, denn in ländlichen Verhältnissen wird von der Bevölkerung häufig ein kleiner landwirtschaftlicher Betrieb nebenbei aufrechterhalten, wozu Stall und Tenne erforderlich sind, mag es sich um Gründe der Klägerin oder andere handeln, die der zukünftige Mesner zu bebauen gedenkt. Es kann auch nicht gesagt werden, daß der Eigenbedarf der Klägerin an Stall und Tenne nur mit der Begründung in der Kündigung geltend gemacht worden wäre, daß die Räume für die Landwirtschaft der Klägerin nötig seien. Aus dem Zusammenhang der Kündigungsausführungen geht immerhin hervor, daß Stall und Tenne auch für die landwirtschaftlichen Zwecke des zukünftigen Mesners gebraucht würden.

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