OGH 1Ob944/52

OGH1Ob944/5219.11.1952

SZ 25/305

Normen

ABGB §830
Grundbuchsgesetz §20 litb
Grundbuchsgesetz §§61 ff
ABGB §830
Grundbuchsgesetz §20 litb
Grundbuchsgesetz §§61 ff

 

Spruch:

Die Anmerkung der Teilungsklage ist zulässig.

Entscheidung vom 19. November 1952, 1 Ob 944/52.

I. Instanz: Landesgericht Linz - Nord; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Während das Erstgericht die grundbücherliche Anmerkung der auf § 830 ABGB. gestützten Teilungsklage bewilligte, wies das Rekursgericht den Antrag auf Anmerkung mit der Begründung ab, daß ein Teilungsanspruch nur ein obligatorischer Anspruch sei und daß in Übereinstimmung mit der neueren Lehre und Rechtsprechung die Anmerkung der Teilungsklage unzulässig sei.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Klägers Folge und stellte den Beschluß des Erstgerichtes wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Oberste Gerichtshof beschloß mit der Entscheidung vom 20. August 1872, Z. 8683, in das Spruchrepertorium unter Nr. 18 folgenden Rechtssatz einzutragen:

"Nach § 20 lit. b des Grundbuchsgesetzes vom 25. Juli 1871, Nr. 95,

ist die grundbücherliche Anmerkung der Klage des im Grundbuch

eingetragenen Miteigentümers einer Liegenschaft gegen den anderen

Miteigentümer auf Aufhebung der Gemeinschaft des Eigentums an der

Liegenschaft und Gestattung des Verkaufes derselben durch

gerichtliche Feilbietung zulässig". (GlU. 4690 = GerZ. 1872, Nr. 94

= JBl. 1872, S. 419.) Es folgten die Entscheidungen GlU. 4869; 4870

= NotZ. 1874, S. 4 = GH. 1873, S. 251 = GerZ. 1873, S. 63 = C. J. G.

(Frühwald) I, S. 218; GlU. 6637 = JBl. 1878, S. 75, C. J. G.

(Frühwald) I, S. 247 = GlU. 6672 = GerZ. 1878, S. 35 = NotZ. 1878,

S. 5; C. J. G. (Frühwald) 1. Band, S. 221, 247 = GerZ. 1879, S. 355;

NotZ. 1878, S. 99 = C. J. G. (Frühwald), S. 220; GlU. 12.236; NotZ.

1898, S. 101 = Links 5240. Dem Spruch Nr. 18 folgte der Oberste

Gerichtshof noch in seiner Entscheidung vom 16. Oktober 1923, SZ.

V/235. Der Oberste Gerichtshof ist auch an seinen Spruch gebunden, obwohl die Entscheidungen vom 12. März 1929, SZ. XI/62, vom 3. April 1930, 1 Ob 235/30, JBl. 1930, S. 344 und vom 21. Juni 1932, 4 Ob 292/32, GH. 1933, S. 30, im Gegensatz zu dem Spruch die Anmerkung abgelehnt haben. Im Sinne des § 3 der Instruktion zur Führung eines Spruchrepertoriums und des Judikatenbuches vom 29. Juni 1872 könnte nur beschlossen werden, von dem Rechtssatz des Spruches Nr. 18 mit der Wirkung abzugehen, daß die Rechtsfrage einem verstärkten Senate vorzulegen ist. Zur Anregung eines Judikates sieht sich der Senat jedoch nicht veranlaßt. Die Rechtslehre hat die im Spruch Nr. 18 festgelegte Ansicht überwiegend gebilligt. So z. B. Exner, Hypothekarrecht, 162 und 458 Anm. 7; Randa Eigentumsrecht, 2. Aufl., 251, Anm. 71; ferner die siebente (gekürzte) tschechische Ausgabe, herausgegeben nach dem Tode Randas von Kasanda (1922, S. 87); Choloney, Richterzeitung 1905, S. 155; Pfersche, Grundriß des Sachenrechtes 1911, S. 45; Swoboda, Fragen aus dem Miteigentumsrecht 1927 und Sachenrecht, 2. Aufl. 1944, S. 299; Ehrenzweig, Obligationenrecht 1928, S. 754, Anm. 25; Meissels, JBl. 1888, S. 388, Anm. 28; Hartmann, Obocna Knihovni nakon 108 und 208; und bei Sedlacek - Roucek (1935) II 545; Kremar II (1928) 23 b; Bresch, Le nuove leggi sui libri fondiari (1932) 181 u. a. m. Auch der JME. vom 25. April 1905, J. 9244, Ziffer 4, geht von dieser Praxis aus. Neumann - Lichtblau, 3. Aufl. 1929, 1094, beschränkt sich im wesentlichen auf die wörtliche Wiedergabe des Erlasses.

Offenhubers Handbuch über das Grundbuchswesen 1875 führt dagegen aus, die Anmerkung der Streitanhängigkeit finde statt in den Fällen der Klage auf Löschung einer Eintragung oder über Verfügung des Strafgerichtes in Untersuchung einer strafbar herbeigeführten ungültigen Eintragung, bezüglich aller anderen Klagen, mit welchen irgendeine Eintragung bestritten werde, scheine eine solche Anmerkung nicht zugelassen werden zu können, indem sonst der Realkredit den mannigfaltigsten, ja sogar mutwilligen Angriffen bloßgestellt werde, denn es sei aufliegend, daß mit der Anmerkung der Streitanhängigkeit der Verkehr bezüglich des bestrittenen Objektes beinahe völlig gesperrt sei. Klang, "Anmerkung der Teilungsklage" in der Brünner Juristenzeitung 1928, Nr. 8, und Sattler "Anmerkungen und Ersichtlichmachung im Grundbuch", NotZ. 1949, S. 50 f., verneinen die Zulässigkeit der Anmerkung der Teilungsklage. Sie vertreten die Ansicht, daß die im § 20 lit. b Grundbuchsgesetz angeführten sogenannten rechtsbegrundenden Anmerkungen weder im Grundbuchsgesetz noch in den zivilprozessualen Vorschriften erschöpfend erwähnt seien; sie seien es bloß tatsächlich, weil es Voraussetzung einer solchen rechtsbegrundenden Anmerkung sei, daß sie in einem Gesetz mit einer bestimmten Rechtswirkung ausgestattet sein müssen, weshalb es erforderlich sei, daß mit jeder Eintragung auch ihre Wirkung geregelt sein müsse. Die Zulassung der Anordnung der Teilungsklage verstoße daher gegen den Grundsatz, daß rechtsbegrundende Anmerkungen, die kein Gesetz erwähne, unzulässig seien. Klang meint zum Schlusse, daß die Unsicherheit in der Beurteilung der Wirkungen ihren Grund in dem Mangel einer gesetzlichen Regelung habe, was derzeit noch für die Unzulässigkeit der Anmerkung der Teilungsklage spreche. Klang weist aber noch im besonderen darauf hin, daß man über die Wirkungen der Teilungsklage nicht einig sei, weil sich die einen auf die Meinung beschränken, daß sich der Einzelnachfolger des Beklagten die Exekution aus dem Teilungsurteile gefallen lassen müsse (anders allerdings Klang, zu § 830, 2. Aufl., S. 1105), die anderen wieder die Wirkung der Anmerkung der Teilungsklage auf die der Anmerkung im Range nachfolgenden Hypothekargläubiger ausdehnen, die sich die Übertragung ihrer Pfandrechte auf die Teilstücke oder den Erlös der Liegenschaft gefallen lassen müssen.

Die Judikatur zieht zur Begründung der Zulässigkeit der Anmerkung der Teilungsklage in erster Linie die Analogie zur Hypothekarklage heran, weist auch darauf hin, daß bei Unzulässigkeit dieser Anmerkung das in den §§ 830, 843 ABGB. eingeräumte Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft an der Liegenschaft und die Feilbietung zu verlangen, illusorisch wäre, weil die mit der Teilungsklage belangte Partei durch Weiterveräußerung ihres Anteiles die Exekution des vom Kläger ersiegten günstigen Spruches vereiteln könnte, zumal im Teilungsprozeß im Hinblick auf § 352 EO. und die Natur des Anspruches die Anmerkung der Einleitung des Zwangsversteigerungsverfahrens nach den §§ 134, 135 EO. nicht erwirkt werden könnte. Die Verweisung auf die Vorschriften über die einstweiligen Verfügungen gehe deshalb nicht an, weil die Anwendung derselben an besondere gesetzliche Voraussetzungen geknüpft sei. In SZ. V/235 wird noch besonders darauf hingewiesen, daß die dingliche Wirkung der §§ 830, 843 ABGB. die Anmerkung nach § 20b GBG. als gerechtfertigt erscheinen lasse.

Bei Teilungsprozessen ist nun wohl die Gefahr sehr groß, daß die beklagte Partei die Durchsetzung des ihr ungünstigen Urteiles durch Veräußerung ihres Miteigentumsanteiles vereitelt. Diese Gefahr kann nur durch die bücherliche Anmerkung der Klage beseitigt werden, da einstweilige Verfügungen in den meisten Fällen zu spät kommen würden. Die Zweckmäßigkeit spricht daher zweifellos im besonderen Maße für die Zulassung dieser Anmerkung. Dies kann allerdings für die rechtliche Beurteilung nicht allein ausschlaggebend sein. Eine Anordnung, daß die Anwendung der Analogie im Grundbuchsrecht völlig ausgeschlossen sei, findet sich aber im Grundbuchsgesetz nicht. Daher muß die Anwendbarkeit der Analogie allerdings auch für dieses Rechtsgebiet grundsätzlich bejaht werden, wenngleich hier davon nur in ganz besonderen Fällen Gebrauch gemacht werden kann, weil die Grundbuchsordnung eine strikte Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften verlangt. Die bücherlichen Eintragungen, so auch die Anmerkungen, betreffen nur überwiegend dingliche Rechte. Daher kann z. B. eine Anmerkung von Klagen, womit rein obligatorische Ansprüche geltend gemacht werden, von vornherein nicht in Frage kommen. Nach Klang, Kommentar, 2. Aufl., zu § 830, entspringt der Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft aus dem Rechte, mit seinem Eigentum frei zu schalten (vgl. § 1481 ABGB.), ist also ein dinglicher Anspruch. Den gleichen Standpunkt vertreten Randa (a. a. O., S. 243) und Pfersche (a. a. O., S. 45), während Stubenrauch (1865, S. 1123) und Swoboda (Sachenrecht 1944, S. 296), darin in Übereinstimmung mit der herrschenden deutschen Lehre einen schuldrechtlichen Anspruch sehen (vgl. Gierke 3, 1032, Oertmann, S. 59, Staudinger - Kober, Bemerkung 10 zu § 749 BGB., Palandt, 10. Aufl., zu § 749 BGB.). Das Römische Recht vertrat dagegen eine Mittelmeinung. Dort heißt es von der actio communi dividundo: "mixtam causam obtinere videntur, tam in rem quam in personam", weil diese Klage ein dingliches Element, die Zuteilung des Eigentums bei der Teilung (adjudicatio), und ein schuldrechtliches, die allenfalls zum Wertausgleich erfolgende Geldverteilung, umfasse (Schwind, Römisches Recht 1950, S. 116, ebenso Kreller, Römisches Recht, 1950, S. 363). Aus § 1481 ABGB. ergibt sich wohl einwandfrei, daß der Teilungsanspruch im Sinne des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches zumindest kein rein obligatorischer ist. Dies vermag aber die Anwendung der Analogie zur Anmerkung der Hypothekarklage zu rechtfertigen. Dafür spricht auch die Erwägung, daß der Durchsetzung des Teilungsurteiles im Sinne der §§ 234 ZPO. und 9 EO. gegen den Einzelnachfolger des beklagten Miteigentümers offenbar nur die Publizität des Grundbuches entgegensteht. Nun ist es überhaupt Aufgabe aller Anmerkungen im Sinne des § 20 GBG., den guten Glauben Dritter auszuschließen, indem diesen die Möglichkeit gegeben wird, die betreffende Tatsache aus der Anmerkung im Grundbuch zu entnehmen. Auch die Anmerkung der Teilungsklage soll aber nur dem Zwecke dienen, den Erwerber des Miteigentumsanteiles des Beklagten von der Anhängigkeit des Teilungsprozesses in Kenntnis zu setzen und so seinen guten Glauben auszuschließen. Alle diese Umstände lassen die Zulassung der Anmerkung der Teilungsklage in Analogie zur Hypothekarklage gerechtfertigt und geboten erscheinen. Demnach sieht sich der Oberste Gerichtshof nicht veranlaßt, von dem Spruche Nr. 18 abzugehen und die Frage dem verstärkten Senate vorzulegen.

Daher war dem Revisionsrekurs Folge zu geben.

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