OGH 1Ob808/52

OGH1Ob808/5229.10.1952

SZ 25/286

Normen

HGB §387
HGB §407
HGB §387
HGB §407

 

Spruch:

Hat der mit der Einhebung der Spesen im Wege der Nachnahme beauftragte Spediteur infolge Kursänderung der Währung, in der er nach den Devisenvorschriften die Nachnahme einziehen mußte, mehr als den ihm nach dem Speditionsvertrag zustehenden Betrag erhalten, so muß er die Differenz dem Auftraggeber ausfolgen.

Entscheidung vom 29. Oktober 1952, 1 Ob 808/52.

I. Instanz: Landes- als Handelsgericht Linz; II. Instanz:

Oberlandesgericht Linz.

Text

Die Z. in Prag hat am 13. Juli 1949 zehn Tonnen Fondantschokolade an das beklagte Speditionsunternehmen expediert und sie beauftragt, sie auf Lager zu nehmen und gegen Vorlage ihrer Originaldeliveryorder auszuliefern. Am 27. August 1949 änderte sie den Auftrag dahin ab, die Ware an die Firma G. M. AG. Speditionsfirma, Buchs, zur Verfügung der Firma G. M. AG. Basel, per Bahn zu spedieren und die bis jetzt aufgelaufenen Spesen nachzunehmen.

Die Beklagte kam diesem Auftrag nach und ersuchte am 5. September 1949 die Firma M. AG. in Buchs, die Beträge von 2377 sFr. und 2317 sFr. - die Nachnahmerechnung an M. wurde gemäß Punkt III der 30. Kdm. zur DevO. in Schweizer Franken ausgestellt - an die Schweizer Nationalbank auf das Konto der Oesterreichischen Nationalbank Wien zu ihren Gunsten zu überweisen. Die Firma M. verlangte Spezifikation, die ihr am 8. Oktober 1949 (Beilage 15 und 16), lautend auf 5378.60 S und 5295.60 S, zugesendet wurde. Am 23. Dezember 1949 hat dann die Firma M. den der Beklagten gebührenden Nachnahmebetrag bei der Schweizer Nationalbank eingezahlt, u. zw. da inzwischen der offizielle Frankenkurs hinaufgesetzt worden war, nicht den fakturierten Frankenbetrag, sondern den dem nunmehrigen Schillingkurs entsprechenden Frankenbetrag. Der Beklagten wurde auch tatsächlich der von ihr ausgelegte Betrag in Schilling ausbezahlt. Die Beklagte ist demgegenüber der Auffassung, daß die Firma M. verpflichtet gewesen sei, den ihr angegebenen Frankenbetrag bei der Schweizer Nationalbank einzuzahlen, und daß daher ihr Pfandrecht bezüglich des Restbetrages von 2916 sFr., um den die Firma M. die Einzahlung gekürzt habe, weiter an der Ware bestehe. Sie hat daher gegen die Ausfolgung der Ware an die Klägerin, die die Ware von der Z. gekauft hat, unter Berufung auf ihr angebliches Pfandrecht Widerspruch erhoben. Klägerin hat infolgedessen die gegenständliche Klage erhoben, in der sie den aufrechten Bestand des Pfandrechtes bestreitet.

Die beiden Unterinstanzen haben die Klage abgewiesen. Klägerin ficht dieses Urteil mit Revision an, in der allein der Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend gemacht wird.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Klagebegehren Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Spediteur steht nur mit dem Absender, nicht aber zum Empfänger in einem Vertragsverhältnis. Das Rechtsverhältnis des Spediteurs zum Empfänger beschränkt sich darauf, daß er ihm die Ware nur gegen Bezahlung der auf dem Gute nach § 410 HGB. haftenden Spesen und Auslagen ausfolgen muß. Vertragsparteien sind allein der Absender und der Spediteur. Die Nachnahme ist keine Zahlung des Adressaten, sondern eine des Versenders, die der Adressat auf seine Rechnung leistet. Der Spediteur darf daher vom Empfänger nur den faktischen Betrag seiner Auslagen verlangen, das sind die in Beilage 15 und 16 verrechneten Schillingbeträge. Hat er diese Beträge auf welche Weise immer erhalten, so erlischt auch sein Pfandrecht und daher auch sein Recht, der Ausfolgung der Ware durch einen Nachmann zu widersprechen.

Hat er infolge des Umstandes, daß er nach den Devisenvorschriften vom Nachmann die Nachnahme in einer anderen Währung einziehen mußte und daß sich das Kursverhältnis bis zur Zahlung geändert hat, mehr als den Betrag erhalten, auf den er nach dem Speditionsvertrag gegenüber dem Auftraggeber Anspruch hatte, so muß er die Differenz nach §§ 407, 387 HGB. dem Auftraggeber ausfolgen, sowie umgekehrt dieser verpflichtet ist, dem Spediteur den Ausfall zu ersetzen, den er etwa durch eine Kursänderung im umgekehrten Sinne erleidet. Da die Beklagte diesmal ihre Auslagen voll ersetzt erhalten hat, so ist ihr Pfandrecht erloschen und daher ihr Widerspruch nicht begrundet. Ein Recht, Schweizer Franken zu verlangen, stand der Beklagten nicht zu; sie wäre nach § 27 AÖSP. nur berechtigt gewesen - Zulässigkeit nach Devisenrecht vorausgesetzt - Zahlung in der Heimatwährung des Auftraggebers, also in Tschechenkronen zu verlangen.

Von diesem Recht hat sie aber keinen Gebrauch gemacht.

Es mußte daher in Abänderung der untergerichtlichen Entscheidungen der Klage stattgegeben werden.

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