Spruch:
Gemäß § 127 Abs. 2 AußstrG. kann im Zuge eines Erbrechtsstreites eine einstweilige Verfügung durch Nachlaßsequestration vom Prozeßgerichte bewilligt werden.
Entscheidung vom 18. Juli 1952, 2 Ob 560/52.
I. Instanz: Landesgericht Klagenfurt; II. Instanz: Oberlandesgericht Graz.
Text
Die Klägerin begehrte als Tochter und gesetzliche Erbin des Erblassers gegenüber ihrer in seinem Testament als Erbin eingesetzten Schwester die Feststellung der Nichtigkeit des Testamentes und die Feststellung ihres Erbrechtes auf Grund des Gesetzes zu einer Hälfte des Nachlasses und beantragte mit Rücksicht darauf, daß die Beklagte vom Abhandlungsgericht bereits die Verwaltung des Nachlasses erhalten hatte, im Wege einer einstweiligen Verfügung die Verwaltung der im wesentlichen den Nachlaß darstellenden Liegenschaft X. Das Erstgericht hat den Antrag mangels Bescheinigung und mangels Gefährdung abgewiesen.
Das Rekursgericht hat anläßlich des Rekurses der Klägerin den erstgerichtlichen Beschluß aufgehoben und den Antrag zurückgewiesen, da der Klagsanspruch ein Feststellungsanspruch sei, der durch einstweilige Verfügung nicht gesichert werden könne, und da daher das Prozeßgericht zur Bewilligung der begehrten Verfügung nicht zuständig sei.
Der Oberste Gerichtshof hat den Beschluß des Rekursgerichtes aufgehoben und diesem die Sachentscheidung aufgetragen.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der Rekurs ist zulässig, da mit dem angefochtenen Beschluß eine Sachentscheidung über den Rekurs der Klägerin gegen den erstgerichtlichen Beschluß aus verfahrensrechtlichen Gründen abgelehnt und unter Aufhebung des erstgerichtlichen Beschlusses der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung zurückgewiesen wurde, so daß bei der angefochtenen Entscheidung von einer nach § 528 Abs. 1 ZPO. unanfechtbaren Bestätigung des sachlich gar nicht überprüften erstrichterlichen Beschlusses nicht gesprochen werden kann.
Es ist allerdings richtig, daß der Oberste Gerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, daß Erbrechtsklagen Feststellungsklagen sind (so in 2 Ob 61/52 und in 3 Ob 47/52) sowie daß Feststellungsansprüche durch einstweilige Verfügung nicht gesichert werden können (SZ. VI/119, ZBl. 1932 Nr. 245, SZ. XXI/47, 1 Ob 531/51, 2 Ob 342/51). Kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung im § 127 AußstrG. gilt aber der zuletzt erwähnte Grundsatz nicht für die vom Erbrechtskläger gemäß § 127 Abs. 2 AußstrG. angesuchte gerichtliche Nachlaßsequestration, für die jetzt die Vorschriften über einstweilige Verfügungen gelten (GlUNF. 2396). Denn wenn § 127 AußstrG. dem Erbrechtskläger das Recht gibt, die Nachlaßsequestration zu verlangen, u. zw. im Falle des § 127 Abs. 2 AußstrG. durch einstweilige Verfügung, wird damit ausgesprochen, daß die Nachlaßsequestration zur Sicherung des Erbrechtes zulässig sein soll, dessen Feststellung mit der Erbrechtsklage begehrt wird, weil in diesem Stadium des Verlassenschaftsverfahrens die Sicherung eines exequierbaren Leistungsanspruches gar nicht in Frage kommen kann. Das Gericht, vor welchem die Erbrechtsklage anhängig ist, erscheint daher auch gemäß § 387 Abs. 1 EO. zuständig, weil die einstweilige Verfügung in Ansehung des Erbrechtsprozesses getroffen wird.
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