Spruch:
Der Widerruf einer Erklärung kann auch von der Verlassenschaft begehrt werden, wenn derjenige, der die Erklärung seinerzeit abgab, gestorben ist.
Neben der Verpflichtung zur Veröffentlichung des Widerrufes, kann nicht auch noch auf Veröffentlichung des Urteiles erkannt werden. Die Auferlegung einer Buße kommt nur dann in Betracht, wenn ein Akt unlauteren Wettbewerbes vorliegt, der eine ernstliche Beeinträchtigung des Betroffenen darstellt, die weit über den mit jeder unlauteren Wettbewerbshandlung verbundenen Ärger hinausgeht. Entscheidung vom 16. Juli 1952, 1 Ob 585/52.
I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.
Text
Das Erstgericht hat die beklagte Verlassenschaft verurteilt, den Widerruf einer Warnung, die der Verstorbene erscheinen ließ, in denselben Zeitungen und in derselben Form zu veröffentlichen, es hat aber das Begehren auf Feststellung, daß der Beklagte durch die Veröffentlichung dieser Warnung eine Handlung begangen habe, die im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des unlauteren Wettbewerbes vorgenommen wurde und gegen die guten Sitten verstößt, ebenso abgewiesen wie das Begehren, es werde dem Kläger die Befugnis erteilt, das Urteil in denselben Zeitungen wie die Warnung zu veröffentlichen. Es hat weiter angenommen, daß die Schadenersatzforderung des Klägers im Betrage von 79.469.50 S mit dem Betrage von 24.500 S (17.500 S an materiellem Schaden, 7000 S gemäß § 16 Abs. 2 UWG.) zu Recht bestehe, daß die Gegenforderung des Beklagten im Gesamtbetrage von 123.649.21 S mit dem Betrage von 119.822.71 S nicht zu Recht bestehe, während die Entscheidung über die restliche Gegenforderung von 3826.50 S dem weiteren Urteile vorbehalten bleibt. Es hat den Beklagten sohin mit Teilurteil zur Zahlung von 24.500 S samt 4% Zinsen verurteilt.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge, gab hingegen der Revision der beklagten Partei teilweise Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Der Beklagte macht zunächst geltend, die Verlassenschaft und die Erben könnten nicht zum Widerruf einer Erklärung des Verstorbenen verhalten werden, ebenso wie der Nachlaß oder die Erben eines Künstlers nicht zur Herstellung eines Kunstwerkes verurteilt werden könnten. Das Beispiel ist schon deswegen nicht zutreffend, weil die Veröffentlichung eines Widerrufes nicht die persönliche Geschicklichkeit einer bestimmten Person voraussetzt. Maßgebend ist die Frage, ob der gerichtlich erzwungene Widerruf einer Erklärung sein Gewicht aus der subjektiven Glaubwürdigkeit des Widerrufenden erhält. Dies kann jedoch nicht der Fall sein, weil es sich um eine erzwungene Erklärung handelt, die vom Verurteilten auch abgegeben werden muß, selbst wenn er von der Richtigkeit des Widerrufes nicht überzeugt ist. Das Gewicht eines gerichtlich erzwungenen Widerrufs hat seine Grundlage also nicht in der Person des Widerrufenden, sondern in der Erkenntnis des Gerichtes, das den Widerruf der Erklärung aufgetragen hat. Der Widerruf erfolgt zwar in der Form einer Erklärung der verpflichteten Person, ihr wahrer Wert liegt aber lediglich in der gerichtlichen Verurteilung zur Abgabe der Erklärung. Die Veröffentlichung des erzwungenen Widerrufes ist also eine Handlung, die mit gleicher Wirksamkeit auch vom Nachlaß und den Erben desjenigen geleistet werden kann, der die Erklärung seinerzeit verbreitet hat. Die Bedenken, die dagegen bestehen, den Widerruf als subjektive Erklärung desjenigen zu erzwingen, welcher die zu widerrufende Erklärung abgegeben hat, hat bereits Zeiller (Zeitschrift für die österreichische Rechtsgelehrsamkeit 1827, I, S. 257) geschildert. Aus diesen Erwägungen ergibt sich, daß die Verpflichtung zur Veröffentlichung des Widerrufes auf Grund gerichtlicher Ermächtigung vom Kläger nach § 353 EO. vollzogen werden kann. Bleibt es bei der Verpflichtung zur Veröffentlichung des Widerrufes, so ist kein Raum für den Anspruch auf Veröffentlichung des Urteiles, selbst wenn man sich nicht auf den strengen Standpunkt stellen wollte, daß der Veröffentlichungsanspruch nur im Zusammenhang mit einem Unterlassungsanspruch gegeben ist (§ 25 Abs. 4 UWG.). Zur Anfechtung der Abweisung des Feststellungsbegehrens hat der Kläger in der Revision nichts vorgebracht. Es genügt also darauf zu verweisen, daß gegen die Begründung des Berufungsgerichtes auch in diesem Punkte keine Bedenken bestehen.
Beide Teile halten auch den gemäß § 16 Abs. 2 UWG. zugesprochenen Betrag nicht für richtig bemessen. Der Oberste Gerichtshof ist der Meinung, daß ein Anlaß für den Zuspruch eines solchen Betrages überhaupt nicht besteht. Es entspricht der Übung der Gerichte, eine solche Buße nur dann in Betracht zu ziehen, wenn ein Akt unlauteren Wettbewerbes vorliegt, der eine ernstliche Beeinträchtigung des Betroffenen darstellt, die weit über den mit jeder unlauteren Wettbewerbshandlung verbundenen Ärger hinausgeht. Dies ist jedoch bei der vorliegenden in sich widerspruchsvollen Warnung allgemeinen Inhaltes nicht der Fall. Der Oberste Gerichtshof ist also der Meinung, daß die Umstände des Falles den Zuspruch eines besonderen Betrages im Sinne des § 16 Abs. 2 nicht rechtfertigen. Insofern war also der Revision des Beklagten Folge zu geben und das Urteil der beiden Unterinstanzen entsprechend abzuändern.
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