Spruch:
Der Widerruf eines Schecks berührt nur das Rechtsverhältnis zwischen Aussteller und Bezogenem und die Frage, ob der Bezogene den Scheck trotz des Widerrufes zahlen darf. Der Bezogene darf auch einen vorzeitigen Widerruf beachten.
Entscheidung vom 25. Juni 1952, 1 Ob 485/52.
I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt Wien; II. Instanz:
Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Der Klägerin als Eigentümerin des Hotels "." in St. C. am W. stand eine Forderung von 2778.75 S gegen die ehemalige HJ, Gau Niederdonau, Kinderlandverschickung, zu. Im März 1945 überwies die damalige H.anstalt für den Reichsgau Niederdonau von ihrem Scheckkonto beim Postsparkassenamt Nr. 3745, an die Klägerin, den Betrag von 2778.75 RM (offenbar mit Namensscheck). Das Scheckkonto wurde am 31. März 1945 vom Postsparkassenamt mit dem Betrag belastet und Barzahlung mit Zahlungsanweisung an die Klägerin durch das Zustellungspostamt verfügt. Die Zahlung fand wegen der Kriegsereignisse nicht mehr statt. Im weiteren Verlauf wurde das Scheckkonto Nr. 3745 für den Betrag von 2778.75 S wieder erkannt und am 31. März 1948 das Konto der ehemaligen HJ bei der nunmehrigen H.anstalt für Niederösterreich gleichfalls erkannt.
Das Erstgericht verurteilte die beklagte Partei unter Bedachtnahme auf § 1 VG. 1945 zur Zahlung von 2778.75 S samt 4% Zinsen ab 31. März 1948 mit der Begründung, daß durch die Abbuchung bzw. Überweisung vom 31. März 1945 vom Konto der HJ der Betrag aus dem Vermögen derselben ausgeschieden sei und der Klägerin aus dem Titel der Verwendung zum Nutzen eines anderen gebühre.
Das Berufungsgericht wies dagegen das Klagebegehren ab. Die Klägerin habe einen direkten Anspruch auf Aussonderung des Geldbetrages nie erworben. Auf § 1041 ABGB. lasse sich der Klageanspruch nicht stützen.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klägerin als Scheckremittentin hatte gegen die scheckbezogene Postsparkasse umsoweniger einen scheckrechtlichen Anspruch erworben als ihr nach ihren eigenen Behauptungen der Scheck gar nicht übergeben, sondern von der Ausstellerin der Postsparkasse zur Barzahlung an die Klägerin übermittelt worden war. Durch die Ziehung eines Schecks seitens der H.anstalt auf die Postsparkasse waren der Klägerin keine Rechte gegen diese entstanden, da sie außerhalb des Scheckvertrages stand. Auch die Art, wie die Postsparkasse ihre Vertragspflicht gegenüber der H.anstalt auf Auszahlung des Schecks an die Klägerin erfüllte oder zu erfüllen versuchte, berührt nicht die Rechtssphäre der Klägerin. Die Zahlungsanweisung der Postsparkasse an das Postamt ist ein interner dienstlicher Auftrag. Aus der Regelung des Widerrufes eines Namensschecks oder einer Überweisung im § 51 Abs. 2 der Geschäftsbestimmungen für den Scheckverkehr 1952 kann ebenfalls nichts für die Klägerin gewonnen werden. Diese Vorschrift ist in ihrem wesentlichen Inhalt auch bereits im § 51 Abs. 2 der Geschäftsbestimmungen für den Scheckverkehr 1948 und § 50 Abs. 4 dieser Bestimmungen 1930 enthalten. Hiezu weist übrigens die beklagte Partei mit Recht darauf hin, daß es sich nur um den Widerruf eines Namensschecks und nicht einer vom Kontoinhaber gar nicht vorgenommenen Überweisung handeln kann. Der Widerruf eines Schecks (Art. 32 Scheckgesetz) berührt aber nur das Rechtsverhältnis zwischen Aussteller und Bezogenen und die Frage, ob der Bezogene den Scheck trotz des Widerrufes zahlen darf oder nicht. Es ist nicht zweifelhaft, daß der Bezogene auch einen vorzeitigen Widerruf berücksichtigen darf und daß aus den Bestimmungen über den Widerruf keineswegs darauf geschlossen werden kann, daß dem Remittenten ein Recht gegenüber dem Bezogenen zustunde. Was hier vorliegt, ist die Ziehung eines Schecks zugunsten der Klägerin und ein Versuch der Scheckbezogenen, die scheckmäßige Leistung an die Klägerin zu erbringen. Dies hat weder mit einem unregelmäßigen Frachtvertrag noch mit einem Vertrag zugunsten Dritter etwas zu tun. Die Bezogene hat es unterlassen, die Scheckvaluta der Klägerin auszuzahlen, diese vielmehr wieder der Scheckausstellerin (H.anstalt) gutgebracht, die sie im weiteren Verlauf ihrer Auftraggeberin (HJ) gutbuchte. Der Umstand, daß inzwischen das Vermögen der HJ der beklagten Partei verfallen ist, kann nicht dazu führen, daß nun aus dem Titel der Version der Klägerin ein Anspruch gegen die Beklagte zustunde. Hiefür fehlt es schon an der Voraussetzung, daß das Vermögen der Klägerin zugunsten der Beklagten verwendet worden wäre, da die Klägerin nie die Verfügungsbefugnis oder ein dingliches Recht an den ihr überwiesenen, aber nicht an sie ausgezahlten 2778.75 S erlangt hat. Die Rechtsfigur der Verwendung zugunsten eines Dritten steht mit dem gegenständlichen Sachverhalt ebenso außer jeder Beziehung wie jene des unregelmäßigen Frachtvertrages oder des Vertrages zugunsten Dritter.
Der unbegrundeten Revision war daher nicht Folge zu geben.
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